Klimawandel trifft ArbeitsschutzDer Klimawandel kann sich auf Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten auswirken. Unternehmen müssen Arbeitsschutzmaßnahmen entsprechend anpassen. Wie genau? Interview mit Dr. Stefanie Bühn aus dem Fachkompetenzcenter Gesundheit im Betrieb bei der BG ETEM zu den Herausforderungen am Horizont.https://etem.bgetem.de/3.2025/themen/arbeiten-in-zeiten-des-klimawandelshttps://etem.bgetem.de/++resource++plone-logo.svg
Gesundheit in Gefahr
Klimawandel trifft Arbeitsschutz
Der Klimawandel kann sich auf Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten auswirken. Unternehmen müssen Arbeitsschutzmaßnahmen entsprechend anpassen. Wie genau? Interview mit Dr. Stefanie Bühn aus dem Fachkompetenzcenter Gesundheit im Betrieb bei der BG ETEM zu den Herausforderungen am Horizont.
Frau Dr. Bühn, welche wirtschaftlichen Risiken birgt der Klimawandel?
Bühn: Das Weltwirtschaftsforum hat Extremwetterereignisse als eines der größten Wirtschaftsrisiken in den kommenden Jahren identifiziert. Die wirtschaftlichen Schäden des ungebremsten Klimawandels sind erheblich und teurer als Klimaschutzmaßnahmen. Wir müssen deshalb langfristig denken und handeln, um diese Risiken zu minimieren.
Wie wirkt sich der Klimawandel konkret auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit aus?
Stefanie Bühn: Der Klimawandel beeinflusst die Arbeitsbedingungen erheblich. Für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen im Klimawandel müssen Anpassungsmaßnahmen an Gefährdungen durch Hitze, UV-Strahlung, Extremwetterereignisse, Krankheitsüberträger wie Mücken und Zecken oder Allergene getroffen werden. Daneben können sich weitere Risiken aus Transformationsprozessen zur klimaneutralen Wirtschaft ergeben.
Dr. Stefanie Bühn
Welche Aufgaben bringt Ihre neue Funktion mit sich?
Stefanie Bühn: Meine zentrale Aufgabe besteht darin, die Mitgliedsunternehmen für die durch den Klimawandel entstehenden Gefährdungen zu sensibilisieren, sie bei der Anpassung zu unterstützen sowie entsprechende Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und bereitzustellen. Dazu gehört auch die fortlaufende Beobachtung der Entwicklung der Auswirkungen des Klimawandels, wie etwa neue Gefährdungen durch krankheitsübertragende Mücken oder Zecken sowie die Zunahme von Hitzeperioden oder Dürren.
Beeinflusst der Klimawandel auch die Produktivität am Arbeitsplatz?
Stefanie Bühn: Auf jeden Fall: Das lässt sich gut am Beispiel der klimawandelbedingten Zunahme durch Hitzebelastung am Arbeitsplatz veranschaulichen. Die kann direkt zu Gesundheitsproblemen wie zu Erschöpfung oder zum lebensbedrohlichen Hitzschlag führen, aber auch bestehende Erkrankungen, wie beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verschlimmern. Bei Hitze sinken Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, das Unfallrisiko steigt. All diese Faktoren können zu Fehlzeiten und Produktivitätsverlusten führen.
Wie sieht es mit der psychischen Gesundheit aus?
Stefanie Bühn: Im beruflichen und privaten Kontext wahrgenommene Klimawandelfolgen, wie Hitzebelastung, können zu Angst, Unsicherheit sowie erhöhter mentaler und körperlicher Belastung am Arbeitsplatz führen. Zunehmende sommerliche Hitzebelastung vermindert die Leistungsfähigkeit, wodurch häufiger Fehler und Unfälle passieren können – das Resultat: Man fühlt sich gestresst. Zudem können dadurch auch erhöhte Aggressivität und Gewaltbereitschaft auftreten. Das direkte Erleben von Extremwetterereignissen, wie Starkregenereignisse mit Überflutung, steigert das Risiko akuter Belastungsreaktionen oder posttraumatischer Belastungsstörungen. Diese Faktoren müssen im Arbeits und Gesundheitsschutz berücksichtigt werden.
Schutz vor Hitze und UV-Strahlung – wie kann die Umsetzung gelingen?
Stefanie Bühn: Die Sensibilisierung und das Wissen um die Gefährdungen durch Hitzebelastung und UV-Strahlung sind, neben adäquaten Schutzmaßnahmen und der Möglichkeit zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, wichtige Voraussetzungen. Beschäftigte sollten aktiv in die Identifizierung von Hitzebelastungen und die Entwicklung von Schutzmaßnahmen eingebunden werden. Sie können wertvolle Hinweise geben, welche Maßnahmen am effektivsten sind. Letztendlich sind Hitze- und UV-Schutz Führungsaufgaben: Das Beispiel der Firma Graf zeigt sehr gut, dass neben Sensibilisierung auch die, vor allem von der Geschäftsführung, im Unternehmen (vor)gelebten Werte und Verhaltensweisen eine wichtige Rolle spielen.
Wie sehen Sie die Rolle des Klimaschutzes in der Berufsgenossenschaft?
Stefanie Bühn: Klimaschutz gehört zwar nicht explizit zum Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung, wirkt sich jedoch positiv auf Sicherheit, Gesundheit und Beschäftigung aus. Da unsere Anpassungsfähigkeit begrenzt ist, ist es umso wichtiger, Klimaschutz und Arbeitsschutz gemeinsam zu betrachten und Synergien zu nutzen.
Wie unterstützt die BG ETEM dabei konkret die Unternehmen?
Stefanie Bühn: Wir erstellen aktuell Informationsmaterial und bieten perspektivisch auch Netzwerkformate an, in denen sich Unternehmen direkt austauschen können. Zudem werden wir auch intern Schulungen und Beratungen anbieten, insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen des Außendiensts, denn sie sind vor Ort und fungieren als Multiplikatoren.
Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um sich noch besser vorzubereiten?
Stefanie Bühn: Unternehmen sollten betriebliche Hitzeaktionspläne einführen, in denen strukturiert Gefährdungen erfasst und geeignete Schutzmaßnahmen inklusive Notfallmaßnahmen abgeleitete werden, um hitzebedingte Erkrankungen, Unfälle und Todesfälle zu vermeiden.
Der Klimawandel beschäftigt viele Unternehmen, UV-Schutz ist oft schon fester Teil des Arbeitsschutzes. Etwa bei der Graf Solar GmbH aus Neunkirchen-Seelscheid im Rhein-Sieg-Kreis: Arbeit mit der Sonne und Schutz vor der Sonne sind für das Familienunternehmen keine Gegensätze.
Hitze, Starkregen, Dürre: Der Klimawandel stellt Betriebe vor neue Herausforderungen. Wie sich Unternehmerinnen und Unternehmer darauf einstellen können.
Diesen Beitrag teilen