Ende März. In der Lobby von Graf Solar zeigt ein Bildschirm den aktuellen Wetterbericht. Heute soll es sonnig werden, es wird bereits ein UV-Index von 4 erwartet. Für Geschäftsführer Kai Graf sind die Folgen des Klimawandels spürbar: „Im Januar und Februar gab es kaum Regen, auch im März, wir konnten durcharbeiten.“ Es ist milder geworden, das merkt man. Dafür kommt in den Sommermonaten die Problematik mit der Hitze. Graf kennt die Extrembedingungen, etwa wenn auf den Blechdächern die Reflexion besonders hoch ist. „Wir haben letztes Jahr eine Kirche mit hellem Blechdach belegt, da wurden die Mitarbeiter von oben und von unten quasi gebraten.“ Schwarze Dächer heizen sich anders auf und im Sommer werden die Dachpfannen so heiß, dass sich die Beschäftigten ohne Handschuhe die Haut verbrennen.
Es sind dann Maßnahmen der Arbeitsorganisation, die helfen. Pausen, öfter mal vom Dach gehen, sich abwechseln. Und die Arbeit beginnt sehr früh, um sechs Uhr morgens. Damit sind die Beschäftigten einverstanden. Das Unternehmen stellt seinen Beschäftigten zudem Getränke zur Verfügung. Im Sommer ist der Wasserverbrauch extrem. „Da gehen bei vier Monteuren am Tag schon mal zwei Kästen weg.“
Schutzmaßnahmen im Team besprechen
Mona Graf ist im Unternehmen verantwortlich für Verwaltung, Personal und Arbeitssicherheit. Sie war selbst bereits von einer Hautkrebserkrankung betroffen, kennt die Bedeutung der Vorsorgeuntersuchung und nutzt diese regelmäßig. Prävention bei den Beschäftigten ist ihr ein Anliegen. Das Unternehmen stellt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Bekleidung zur Verfügung, die den ganzen Körper abdeckt, Mützen, UV-Schutzmittel und UV-Schutzbrillen. Neu eingeführt wurde ein Schlaufenschal als Schutz für den Hals. Wie haben die Grafs es geschafft, die Maßnahmen umzusetzen? „Wir haben gesagt, wir führen das jetzt ein, und besprechen die Maßnahmen nun im wöchentlichen Teammeeting. Das sorgt für Akzeptanz“, berichtet Mona Graf. Als Personalleiterin ist es ihr wichtig, das Thema auch in Vorstellungsgesprächen anzusprechen und klarzumachen, dass sich alle Beschäftigten an die Regeln halten müssen, auch was die Arbeitskleidung angeht. „Oberkörperfreies Arbeiten ist bei uns nicht erwünscht.“ Auf dem Tisch liegen Informationsmaterialien der Berufsgenossenschaft und die UV-Checkkarte. Andreas Zander, zuständige Aufsichtsperson bei der BG ETEM, erläutert die Bedeutung des UV-Index.
Er erinnert auch daran, dass die Beschäftigten die arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge wahrnehmen sollten. Beim Thema Beratung fühlt sich Kai Graf von der Berufsgenossenschaft gut abgeholt. „Wir sind Jungunternehmer und haben keine Erfahrung aus dem Handwerk mitgebracht.“ Er schätzt die Fortbildungen der Berufsgenossenschaft und nimmt am Unternehmermodell teil. Für ihn ist entscheidend: Es geht nur gemeinsam. „Mit Andreas Zander haben wir einen Ansprechpartner, der nah an uns dran ist.“
Sonnenschutz ist mehr als PSA
Zander erläutert die arbeitsmedizinische Angebotsvorsorge, die das Unternehmen den Beschäftigten bei regelmäßigen Tätigkeiten im Freien anbieten muss. Während des Gesprächs sieht man auf dem Bildschirm: Die Strahlung steigt – aus dem grünen Bereich in den gelben – und nähert sich dem UV-Index 3. Ab jetzt sind Schutzmaßnahmen geboten, auch wenn die Außentemperaturen sich erst langsam über zehn Grad bewegen. Das bedeutet: körperbedeckende Kleidung, Kopfbedeckung, UV-Schutzbrille und UV-Schutzmittel. Dann geht es ans Beladen des Transporters. „Die Sonne hat schon ganz schön viel Kraft für diese Jahreszeit“, stellt Markus Kretschmer fest. Er bringt lange Arbeitserfahrung als Dachdecker mit und weiß, wie man mit Hitze und UV-Strahlung umgeht. UV-Schutzbrillen und Wasser haben einen festen Platz im Transporter, auch die UV-Checkkarte. Für das Team geht es heute zur Kontrolle von Solarmodulen. „Wenn eine Baustelle neu eingerichtet wird, macht die Projektleitung mit den Monteuren eine Gefährdungsbeurteilung vor Ort. Das ist immer mit Unterschrift“, erläutert Kai Graf. „Das Thema Sonnenschutz können wir an dieser Stelle super mit aufnehmen.“ Denn Hautkrebserkrankungen können tödlich sein: Allein im Jahr 2023 starben bundesweit 24 Personen an beruflich bedingten Hautkrebserkrankungen, zeigt eine Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Technische Hilfen
Zum Beispiel: Arbeitsbereiche im Freien mit Sonnensegeln, Schirmen oder Zelten ausstatten, beschattete Pausenorte anbieten.
Arbeitsorganisation
Möglichst viele Arbeiten im Schatten, in geschlossenen, kühleren Räumen, früh morgens oder ab spätem Nachmittag erledigen. Abkühlpausen einplanen, arbeitsmedizinische Versorgung anbieten. Getränke zur Verfügung stellen.
Persönlicher Schutz
Körperbedeckende Kleidung aus kühlenden Materialien bieten Schutz vor UV-Strahlen und Insekten; Beschäftigten breitkrempigen Hut oder Kappe mit Nacken- und Ohrenschutz zur Verfügung stellen. Sonnenschutzcreme mit hohem LSF anbieten. Ebenso wichtig: Sonnenbrillen beschaffen.
Unterschätzt: die Frühlingssonne und ihre Risiken
Das Tückische daran: Anders als bei Absturzgefahren bleibt das Risiko unsichtbar. „Die Hauterkrankungen kommen schleichend“, betont Andreas Zander. Sie treten häufig erst in höherem Alter auf, denn die Haut hat ein sogenanntes Sonnenkonto, auf dem die UV-Strahlung über das ganze Leben hinweg ihre Spuren hinterlässt.
Der Zeitpunkt für den Absturz durch das volle Sonnenkonto kommt häufig zu Beginn des Rentenalters. Gerade die Frühlingssonne wird oft unterschätzt. Es gibt noch keine Blätter an den Bäumen, im benachbarten Kindergarten ist das Sonnensegel auch noch nicht aufgestellt. Eigentlich wollen alle erst mal Sonne tanken. Was sagt der UV-Index? Gegen Ende des Besuchs wird gemessen: Er ist stetig und unbemerkt gestiegen und liegt jetzt bei 4 – Zeit für eine Pause, im Schatten des Transporters. Inzwischen ist es wärmer geworden, gut dass ausreichend Wasser vor Ort ist. Ganz klar: Da kommt im Sommer noch einiges auf die Beschäftigten zu – und die Gefährdung wird noch steigen. Unternehmen sollten sich deshalb rechtzeitig vorbereiten und Maßnahmen umsetzen, mit denen sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich schützen können. Eben so, wie Graf Solar es getan hat.
Gabriele Franke
→ info
- Übersichtsseite UV-Strahlung: www.bgetem.de, Webcode 15351016
- „UV-Belastung einschätzen mit der UV-Testkarte“: Bestellen unter www.bgetem.de, Webcode M23732284
- Broschüre „Sonnenbrillen – Sicherer Sonnenschutz für die Augen“ mit praktischen Informationen: www.baua.de
- UV-Index des Bundesamts für Strahlenschutz: www.bfs.de
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