
Verantwortlichkeiten bei Tätigkeiten mit Asbest
Die Gefahrstoffverordnung benennt drei verschiedene Verantwortlichkeiten, die beim Umgang mit Asbest existieren.
- Fachpersonal (§ 11a Absatz 5 Nr. 3. GefStoffV, bzw. Nummer 2.16 der TRGS 519)
Tätigkeiten mit Asbest dürfen nur von Beschäftigten ausgeführt werden, die fachkundig sind. Die Details zur Fachkunde finden sich in Anhang I Nummer 3.6 der Gefahrstoffverordnung. - Aufsichtführende Person (§ 11a Absatz 5 Nr. 2. GefStoffV, bzw. Nummer 2.15 der TRGS 519)
Aufsichtführende Personen beaufsichtigen weisungsbefugt die Ausführung der Tätigkeiten mit Asbest vor Ort und müssen während der Durchführung der Tätigkeiten ständig vor Ort anwesend sein. - Verantwortliche Person (§ 11a Absatz 5 Nr. 1. GefStoffV, bzw. Nummer 2.14 der TRGS 519)
Die verantwortliche Person führt die Gefährdungsbeurteilung durch, legt die zu verwendenden Schutzmaßnahmen fest und unterweist alle Beschäftigten. Sie erfüllt also primär formale Aufgaben des Arbeitsschutzes.
Fachpersonal
Fachpersonal muss die „Grundkenntnisse Asbest“ besitzen, eine Schulung die aus 5 Lehreinheiten (LE zu je 45 Minuten) Theorie sowie 5 LE Praxis besteht.
Neben der Teilnahme an den „Grundkenntnissen Asbest“ muss der Beschäftigte natürlich auch dazu in der Lage sein, die ihm übertragenen Tätigkeiten fachgerecht auszuführen. Es empfiehlt sich, neue Mitarbeitende die Ausführung der Tätigkeiten zunächst an asbestfreien Materialien durchführen zu lassen.
Auch Fachpersonal muss einmal im Jahr von der verantwortlichen Person nach den Vorgaben der Nummer 11 der TRGS 519 mündliche unterwiesen werden.
Aufsichtführende Person
Die aufsichtführende Person muss zuerst einmal auch die Anforderungen erfüllen, die an das Fachpersonal gestellt wird, also die „Grundkenntnisse Asbest“ besitzen. Darüber hinaus muss die aufsichtführende Person besonders qualifiziert sein. Normalerweise ist diese zusätzliche Qualifizierung eine Sachkunde, allerdings gibt es eine Ausnahme dazu.
Eine Ausnahme besteht, wenn vor Ort nur emissionsarme Verfahren ausgeführt werden. In diesem Fall reicht die Qualifikation „Q1E“, wenn in der jeweiligen Schulung alle angewendeten emissionsarmen Verfahren vermittelt worden sind. Näheres dazu im Abschnitt „Spezifische praxisbezogene Fortbildungsmaßnahme für eine aufsichtführende Person (Q1E)“.
Aufsichtführende Personen dürfen auch selber Tätigkeiten ausführen und können sich dabei auch selbst überwachen. Dies ermöglicht es, als aufsichtführende Person alleine auf einer Baustelle Tätigkeiten mit Asbest durchzuführen. Die aufsichtführende Person muss bei der jeweiligen Firma angestellt sein. Externe Kräfte können diese Aufgabe nicht übernehmen.
Verantwortliche Person
Die verantwortliche Person muss ebenfalls erst einmal die Anforderungen an das Fachpersonal erfüllen und somit die „Grundkenntnisse Asbest“ besitzen. Darüber hinaus muss sie immer über die Sachkunde nach TRGS 519 verfügen.
Eine verantwortliche Person kann auf der Baustelle die Aufgaben der aufsichtführenden Person übernehmen und selbst Tätigkeiten ausführen.
Die verantwortliche Person muss bei der jeweiligen Firma angestellt sein. Externe Kräfte können diese Aufgabe nicht übernehmen.
Qualifikationen
Wie sich bei den Verantwortlichkeiten gezeigt hat, gibt es verschiedene Arten der Qualifikation. Diese werden hier nun näher betrachtet.
Grundkenntnisse Asbest
Die „Grundkenntnisse Asbest“ sind die Basisqualifikation für alle Personen, die Tätigkeiten mit Asbest ausführen. Der Lehrgang besteht aus 5 LE Theorie sowie 5 LE Praxis und vermittelt die Grundlagen des sicheren Umgangs mit dem hochpotent krebserzeugenden Gefahrstoff Asbest. Es wird vermittelt, wie man sich selbst und andere schützt und wie die wichtigsten Schutzmaßnahmen, auch zum Fremdschutz durch Verschleppungsvermeidung, anzuwenden sind.
Die Grundkenntnisse können auf drei Wegen vermittelt werden:
- im Rahmen der Berufsausbildung
- durch Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme
- im Rahmen einer innerbetrieblichen Schulung durch die sachkundige Person
Der Erwerb der „Grundkenntnisse Asbest“ ist durch die vermittelnde Stelle den Teilnehmenden schriftlich zu bestätigen. In der Teilnahmebestätigung sind die Inhalte und der Umfang der Qualifikationsmaßnahme auszuweisen.
Die zu vermittelnden Inhalte sind:
- Asbesthaltige Produkte erkennen
- Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Asbest kennen
- Voraussetzungen für Tätigkeiten mit Asbest kennen
- Was tun bei Asbestverdacht
- Praktische Übungen
Zum Erwerb der „Grundkenntnisse Asbest“ bietet die BG ETEM unter elearning.bgetem.de ein E-Learning an. Der Praxisteil (mit einem verpflichtenden Umfang von 5 LE) kann dann über eine der drei genannten Wege vermittelt werden.
Jeder Beschäftigte, der mit Asbest arbeitet, inklusive des Planers in der Firma, muss die „Grundkenntnisse Asbest“ besitzen. Die Teilnahme an der Qualifikation ist bis zum 5.12.2027 nachzuweisen.
Sachkunde
Sachkunden nach TRGS 519 werden über Fortbildungskurse erworben, die mit einer Prüfung bei einem Gewerbeaufsichtsbeamten abgeschlossen werden.
Sachkunden haben ab dem Tag des Erwerbs eine Gültigkeit von sechs Jahren. Innerhalb der Gültigkeit kann eine Auffrischung erfolgen, sonst muss die Sachkunde komplett neu erworben werden.
Zu Sachkunden existieren zwei Arten von Kursen: die „kleinen Sachkunden“ nach Anlage 4 der TRGS 519 sowie die „große Sachkunde“ nach Anlage 3. Bei den kleinen Sachkunden wird noch nach den Ziffern der Anlage 4 in 4a, 4b und 4c unterschieden. Standardgemäß werden Kurse für die Sachkunde nach Anlage 4c angeboten. Dieser ist der „größte“ der drei „kleinen“ Kurse und sollte besucht werden, da sonst relevante Tätigkeiten nicht ausgeführt werden dürfen.
Die kleine Sachkunde nach Anlage 4c dauert 17 LE (mindestens auf zwei Werktage zu verteilen, fast immer zum Entzerren verteilt auf 2,5 Tage), die große Sachkunde nach Anlage 3 dauert 32 LE (mindestens auf vier Werktage zu verteilen). Innerhalb der sechsjährigen Gültigkeit kann die Sachkunde mit einem Fortbildungskurs zu 8 LE (eintägig) verlängert werden. Nach Ablauf der sechs Jahre (ohne Karenzzeit) muss der volle Sachkundekurs wiederholt werden. Daher lohnt es sich, frühzeitig die Fortbildung zu planen.
Die Art der Sachkunde die notwendig ist, hängt vom Risikobereich der ausgeführten Tätigkeiten ab. Bei hohem Risiko ist die Sachkunde gemäß Anlage 3 erforderlich. Bei niedrigem und mittlerem Risiko reicht der Kurs gemäß Anlage 4c aus. Die Sachkunde nach Anlage 3 gilt zudem auch bei niedrigem und mittlerem Risiko.
Die Art der Sachkunde ist für die verantwortliche Person und die aufsichtführende Person gleichermaßen an die Expositionshöhe gekoppelt.
Details dazu finden sich auch in der Überleitungshilfe zur Anwendung der TRGS 519 bis zur Anpassung der TRGS an das Risikokonzept der Gefahrstoffverordnung der BAuA.
Der Erwerb der Sachkunde für die verantwortliche Person muss bis zum 5.12.2027 nachgewiesen sein.
Der Erwerb der Sachkunde für die aufsichtführende Person hat keine Übergangsfrist.
Spezifische praxisbezogene Fortbildungsmaßnahme für eine aufsichtführende Person (Q1E)
Die Qualifikation Q1E (Qualifikationsstufe 1 für emissionsarme Verfahren) ersetzt unter speziellen Bedingungen die Sachkunde der aufsichtführenden Person.
In dem Kurs werden spezifische emissionsarme Verfahren vermittelt. Die jeweilig vermittelten Verfahren (über ihre Nummern) sind schon in der Information zum Kurs zu finden. Die vermittelten Verfahren werden in der Teilnahmebescheinigung als geschult angeben. Der Kurs gilt dann spezifisch nur für diese Verfahren.
Wenn also nur diese Verfahren ausgeführt werden, kann die Person mit Q1E für diese Kurse die Aufgaben der aufsichtführenden Person übernehmen. Sobald auch nur eine andere Tätigkeit (auch ein anderes emissionsarmes Verfahren) ausgeführt wird, reicht die Qualifikation nicht mehr aus.
Der Kurs hat eine Mindestlänge von 2 LE Theorie und 4 LE Praxis. Dies gilt für das erste vermittelte Verfahren. Wenn mehr als ein Verfahren vermittelt werden soll, erhöht sich dadurch die Länge des Kurses um bis zu zwei Lerneinheiten je Verfahren. Wie viel zusätzliche Zeit benötigt wird, hängt davon ab, wie sehr sich die Verfahren voneinander unterscheiden.
Beispiel
Wenn das BT 30 – Verfahren zum Bohren von Löchern mit abgestimmten Systemen vermittelt wird, sind die primären Inhalte des praktischen Teils, präzise zu zeigen, wie
- die Gerätekombinationen aneinander angeschlossen werden
- die Absaugadapter richtig verwendet werden
- der Beutel des Entstaubers zu entnehmen ist
- die Filter des Entstaubers gewechselt werden
- die verwendeten Geräte gereinigt werden
- der Arbeitsplatz gereinigt wird
Wenn nun dazu das BT 60 – Verfahren zum Dosensenken vermittelt wird, unterscheiden sich die Inhalte kaum. Die Adapter sind etwas größer, es muss noch eine Folie ausgelegt werden, der Rest der Arbeitsschritte ist nahezu identisch. In diesem Fall wird für die zusätzliche Vermittlung nur sehr wenig weitere Zeit benötigt.
Wenn andererseits dazu das BT 61 – Inliner-Verfahren zum Instandsetzen von Abwasserkanälen vermittelt wird, sind keine der praktischen Schritte zur Ausführung identisch. In diesem Fall sind auch die vollen zusätzlichen 2 Lerneinheiten notwendig.
Der Kurs Q1E gilt unbefristet. Um an einem Q1E-Kurs teilnehmen zu können, muss man die „Grundkenntnisse Asbest“ besitzen. Alternativ können auch beide zusammen in einem Kurs mit einer Länge von 4 LE Theorie und 6 LE Praxis + zusätzlicher Praxis für mehr emissionsarme Verfahren erworben werden (Kombikurs).
Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht über die erforderlichen Qualifikationen für die einzelnen Aufgaben bei den jeweiligen Expositionen.
Übersichtstabelle

Ein Blick in die Zukunft
Die Sachkunden nach Anlage 3 und Anlage 4 sollen in Zukunft in ein neues modulares System überführt werden. Dieses System wird mit der derzeit anstehenden Komplettüberarbeitung der TRGS 519 veröffentlicht werden.
Wichtig ist:
- Sachkunden nach dem derzeitigen System werden ihre Gültigkeit von sechs Jahren ab Erwerb behalten.
- Es wird Fortbildungskurse geben, um vom derzeitigen in das neue System zu wechseln.
Es werden also keine Nachteile entstehen, wenn man noch Kurse nach dem derzeitigen System besucht.
Matthias Plog
→ info
- Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“: www.baua.de
- Podcast „Asbest – Vorsicht ja, Panik nein“: bgetem.de, Webcode: 25189605
- Grundregeln für sicheres Arbeiten mit Asbest: bgetem.de, Webcode: 25571873
- E-Learning Asbest: elearning.bgetem.de
- Das virtuelle „Asbest-Haus“: elearning.bgetem.de
- Grundkenntnisse Asbest – ein Begleitheft zur E-Learning-Anwendung: medien.bgetem.de, Webcode: M22467618
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