Alle Gefahrstoffmengen, die über den Tagesbedarf hinaus gehen, müssen in Lagern mit besonderen Anforderungen an die Arbeits- und Brandsicherheit deponiert werden. Auch das Lagern von Gefahrstoffen in geschlossenen Gebinden ist eine Tätigkeit im Sinne der Gefahrstoffverordnung. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen Arbeitgeber daher ermitteln, wie hoch voraussichtlich die Gefährdung für die Beschäftigten aufgrund der Gefahrstoffart, Lagermenge, Lagerbedingungen etc. ist. Von Gefahrstoffen in geschlossenen und geeigneten Gebinden geht in der Regel keine direkte Gefahr für die Beschäftigten aus. Im Brandfall können Gefahrstoffe die Gefahr deutlich erhöhen, da sie den Brand zum einen beschleunigen sowie zweitens gesundheitsgefährdende Zersetzungsprodukte freisetzen können.

Kleinere Mengen von Gefahrstoffen – zum Beispiel maximal 20 kg leicht endzündbare Flüssigkeiten wie Lacke oder Reinigungsmittel – dürfen auch direkt am Arbeitsplatz gelagert werden. Es darf durch Stoffe aber nicht zu einer Gefährdungserhöhung durch Tätigkeiten kommen.

Größere Gefahrstoffmengen müssen in speziellen Gefahrstofflagern unter Berücksichtigung sicherheitstechnischer Anforderungen gesichert werden. Lagern Gefahrstoffe in Sicherheitsschränken mit einer definierten Feuerwiderstandsfähigkeit, erfüllt dies die sicherheitstechnischen Anforderungen nach Gefahrstoffverordnung und der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 510.

Sicherheitsschränke

Will man innerbetriebliche Transportwege kurz halten und nicht ganze Räume zu Gefahrstofflagern ausbauen, gibt es einen einfachen Ausweg: den Sicherheitsschrank. Sicherheitsschränke eignen sich für die sichere Aufbewahrung von kleineren Mengen brennbarer Gefahrstoffe sowie Gasbehältern, wie Druckgasflaschen oder Aerosolpackungen (Sprühdosen). Sie verhindern den schnellen Temperaturanstieg im Inneren und dadurch die Brandausbreitung, bei Gasen die Explosionsgefahr.

Sicherheitsschränke müssen so beschaffen sein, aufgestellt, betrieben und instandgehalten werden, dass die Sicherheit der Beschäftigten und anderer Personen im Unternehmen – insbesondere vor Gefährdungen durch einen Brand oder eine Explosion – gewährleistet ist (siehe „info“).

Sicherheitsschränke werden je nach ihrer Feuerwiderstandsfähigkeit in verschiedene Typen eingeteilt:

  • Sicherheitsschränke, die eine Feuerwiderstandsfähigkeit von mindestens 90 Minuten aufweisen, entsprechen dem Stand der Technik und gelten als eigener Brandabschnitt.
  • Werden nur geringe Mengen oder wenig brennbare Stoffe gelagert, kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch ein Sicherheitsschrank mit geringerer Feuerwiderstandsfähigkeit ausreichend sein.
  • Als Minimum gilt eine Feuerwiderstandsfähigkeit von mindestens 30 Minuten; dann sind jedoch weitere Schutzmaßnahmen im Arbeitsbereich notwendig.

Darüber hinaus sind auf dem Markt auf besondere Stoffgruppen und Produkte abgestimmte Lagerschränke erhältlich, für die es keine separaten Normen gibt. Das sind zum Beispiel

  • Schränke für Säuren und Laugen oder
  • feuerwiderstandsfähige Schränke für das Lagern und Aufladen von Lithium-Ionen-Batterien. Für sie ist eine Norm in Vorbereitung. Aktuell gibt es dazu eine Information der Sachversicherer, die Informationsschrift VdS 3103.

Hinweise zum sicheren Betrieb

Die oder der Verantwortliche bzw. Nutzer muss wissen,

  • welcher Gefahrstoff eingelagert wird,
  • in welchen Mengen und
  • inwieweit dieser Gefahrstoff zu den schon im Sicherheitsschrank vorhandenen Gefahrstoffen dazu gelagert werden darf.

Gefahrstoffe dürfen nur in unbeschädigten, geschlossenen Verpackungen oder Behältern gelagert werden – am besten in den Originalbehältern oder in der Originalverpackung. Andernfalls muss sichergestellt sein, dass die Lagerbehälter geeignet und gekennzeichnet sind.

Flüssige Gefahrstoffe müssen so gelagert sein, dass Freisetzungen vermieden, mindestens aber erkannt, aufgefangen und umgehend beseitigt werden können. Die Ausrüstung von Sicherheitsschränken mit geeigneten Auffangwannen ist heute üblich. Die Auffangwannen müssen mindestens den Rauminhalt des größten Gefahrstoffgebindes aufnehmen können. Die Auffangeinrichtung muss zudem gegenüber den Flüssigkeiten beständig sein.

Werden Gefahrstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften in einen Schrank eingelagert, muss überprüft werden, ob sie miteinander in gefährlicher Weise reagieren können. Die Zusammenlagerungsverbote nach der TRGS 510 greifen formal erst ab einer Mengenschwelle von 200 kg. Diese Mengen werden in einem Sicherheitsschrank üblicherweise nicht erreicht. Trotzdem ist es empfehlenswert, brennbare Flüssigkeiten nicht mit brandfördernden, pyrophoren („selbstentzündlichen“) Stoffen oder selbstzersetzlichen Gefahrstoffen zusammen zu lagern.

Da Sicherheitsschränke für Flüssigkeiten und solche für Druckgasflaschen unterschiedlich ausgelegt sind, werden sie generell nicht zusammen gelagert. Es ist zudem sinnvoll, nicht entzündbare Säuren und Laugen – gegebenenfalls getrennt voneinander – aufgrund ihrer korrosiven Wirkung nicht in einem Sicherheitsschrank, sondern in einem separaten Säure- oder Laugenschrank zu lagern.

Gefahrstoffe, für die Zugangsbeschränkungen bestehen, müssen separat gelagert werden. So müssen

  1. akut toxische Gefahrstoffe, Kat. 1, 2 und 3 (H300, H301, H310, H311, H330, H331),
  2. krebserzeugende Gefahrstoffe, Kat. 1A und 1B (H350, H350i) und
  3. keimzellmutagene Gefahrstoffe, Kat. 1A und 1B (H340)

unter Verschluss gelagert werden. Dies lässt sich durch einen separaten Sicherheitsschrank umsetzen, sofern dieser verschließbar ist und nur befugte Personen Zugang haben.

Bestimmte Gefahrstoffe gehören nur in technisch belüftete Schränke

Extrem entzündbare Gefahrstoffe, die mit dem H-Satz „H224“ gekennzeichnet sind, sowie solche mit Zündtemperaturen unter 200 °C dürfen nur in technisch belüfteten Sicherheitsschränken mit einer Feuerwiderstandsdauer von mindestens 90 Minuten gelagert werden (beispielsweise Diethylether oder Schwefelkohlenstoff).

Gefahrstoffschrank: Geschlossener orangener Schrank in Lagerraum.
Sicherheitsschränke müssen so beschaffen sein, aufgestellt, betrieben und instandgehalten werden, dass die Sicherheit der Beschäftigten und anderer Personen im Unternehmen gewährleistet ist.

Ob für die Lagerung brennbarer Flüssigkeiten Sicherheitsschränke mit einer technischen Lüftung erforderlich sind, ist bei der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Sicherheitsschränke für die Lagerung von Druckgasflaschen müssen mit einer technischen Lüftung betrieben werden.

Ob natürliche oder technische Lüftung: In beiden Fällen muss geprüft werden, ob sich explosionsfähige Gemische bilden können. Auf dieser Basis sind entsprechende Zonen und Schutzmaßnahmen festzulegen. Zur damit verbundenen Zoneneinteilung: siehe Beispielsammlung Nr. 2.11.2 (Flüssigkeiten) bzw. 1.2.1.2 (Gase) der Anlage 4 der DGUV Regel 113-001 „Explosionsschutz-Regeln“ (siehe „info“).

Prüfungen

Sicherheitsschränke sind als sicherheitstechnische Anlage/Einrichtung regelmäßig, mindestens jedoch jedes dritte Jahr durch eine zur Prüfung befähigte Person zu überprüfen – für die technische Lüftung des Schrankes gilt eine Frist von einem Jahr. Dabei sind zudem die Angaben des Herstellers zu berücksichtigen.

Der nächstfällige Prüftermin sollte auf einer Prüfplakette an der Türaußenseite erkennbar sein.

Es wird zudem empfohlen, eigenständige Funktionsprüfungen und Sichtkontrollen in regelmäßigen Zeitabständen am Sicherheitsschrank durchzuführen, z. B. Auffangwannen, Türfunktion, Scharniere, Verriegelungssysteme, Türschließer, Türfeststellanlage, korrekter Sitz und Zustand der Brandschutzdichtungen.

Zusammenfassung

Sicherheitsschränke mit einer Feuerwiderstandsfähigkeit von 90 Minuten gelten als eigener Brandabschnitt. Eine Lagerung in solchen Schränken bietet folgende Vorteile:

  • Die Anforderungen des Brand- und Explosionsschutzes werden erfüllt (die Verwendung von Sicherheitsschränken wird auch für Kleinmengen entzündbarer Flüssigkeiten empfohlen).
  • Ihre Aufstellung in Arbeitsräumen ist zulässig.
  • Bei Verwendung mehrerer Sicherheitsschränke ist eine Separatlagerung mehrerer Gefahrstoffe auch in einem Lagerraum möglich.
  • Die Aufstellung in Fluren nach Abstimmung mit den örtlichen Feuerwehren bei Einhaltung der Fluchtwegebreite ist grundsätzlich möglich.
  • Die Zahl der innerbetrieblichen Transporte von Gefahrstoffen und das damit verbundene Risiko wird reduziert.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung kann auch ein Sicherheitsschrank mit geringerer Feuerwiderstandsfähigkeit ausgewählt werden. Es sind dann aber je nach Ergebnis der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung weitere Schutzmaßnahmen im Arbeitsbereich notwendig.

 

Martin Bachem