Frank Göller, Leiter der Präventionsabteilung der BG ETEM, sitzt in lockerer Pose auf einem Sofa. Er lehnt sich nach vorn und blickt in die Kamera. Vor ihm ein Glastisch, im Hintergrund unscharf ein Besprechungsraum.
Diplom-Ingenieur Frank Göller leitet seit Oktober 2024 die Präventionsabteilung der BG ETEM.

Herr Göller, seit November 2024 gibt es einen neuen Mustertext der DGUV Vorschrift 2. Die Fassung der BG ETEM tritt in Kürze in Kraft. Warum die Aktualisierung?

Frank Göller: Die Vorschrift 2 ist ein zentrales Element des betrieblichen Arbeitsschutzes in Deutschland. Sie regelt, wie Unternehmen durch Betriebsärztinnen und -ärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit betreut werden. Die überarbeitete Fassung zielt darauf ab, den Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten strukturierter und systematischer zu gestalten – mit klareren Vorgaben und besserer Unterstützung. Wir haben den Mustertext auf die Bedürfnisse unserer Branchen und Mitgliedsbetriebe angepasst.

Was ist neu an der Vorschrift?

Frank Göller: Sie ist verständlicher und praxistauglicher geworden. Zentrale Begriffe sind nun klarer definiert. Zudem liefert die neue ergänzende DGUV Regel 100-002 konkrete Handlungshilfen und Beispiele aus der Praxis. Das hilft besonders kleinen Betrieben, die Vorgaben besser umzusetzen. 


„Die neue DGUV Vorschrift 2 ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines modernen Arbeitsschutzes, der auf die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt reagiert.“

Frank Göller, Leiter der Präventionsabteilung der BG ETEM

Die Vorschrift soll den Arbeitsschutz auch moderner machen. Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Frank Göller: Ein großer Schritt ist die neue Möglichkeit, Betreuungsleistungen digital zu erbringen. Bis zu einem Drittel der Regelbetreuung durch die Betriebsärztin oder den -arzt sowie die Sifa darf nun online oder telefonisch stattfinden, wenn die betrieblichen Verhältnisse bekannt und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So sparen Unternehmen Zeit und Ressourcen. In der alternativen Betreuung dürfen Unternehmerinnen und Unternehmer sogar selbst entscheiden, wie viel digital gemacht wird – solange es zur Gefährdungsbeurteilung passt.

Gilt das auch für die Auswahl der Sifas?

Frank Göller: Die Neufassung öffnet den Kreis der Qualifizierten erheblich. Neben Ingenieurinnen und Ingenieuren können nun auch Absolventen aus der Arbeits- und Organisationspsychologie, Ergonomie, Physik, Chemie, Biologie oder Humanmedizin als Sifa tätig sein – sofern sie über Berufserfahrung und eine entsprechende Ausbildung verfügen. Das macht die Betreuung vielseitiger und passt sie besser an die Bedürfnisse einzelner Branchen an.

Was bedeutet all das für die Mitgliedsbetriebe der BG ETEM?

Frank Göller: Um ein Beispiel zu nennen: Wir haben in unserer Fassung der DGUV Vorschrift 2 das Format der Qualifizierungen im Rahmen des Unternehmermodells stärker als bisher differenziert – in Präsenzseminare, Online-Seminare oder selbstorganisiertes Lernen. Damit werden die Erfahrungen aus der Qualifizierung der letzten Jahre umgesetzt. Das Unternehmermodell wird auch weiterhin ein zentraler Bestandteil des Angebots unserer BG an die Kleinbetriebe mit bis zu 50 Beschäftigten bleiben.

Gibt es auch neue Pflichten für die betreuenden Sifas?

Frank Göller: Ja. Zukünftig müssen sie ihre Fortbildungen im jährlichen Bericht nachweisen. So stellen wir sicher, dass ihr Wissen stets aktuell ist. Für die Unternehmen bedeutet das mehr Transparenz über die Qualität der betreuenden Fachleute – ohne zusätzlichen Aufwand.

Welche Verbesserungen gibt es speziell für kleine Unternehmen?

Frank Göller: Neben dem Unternehmermodell können Kleinbetriebe bis zu einer Größe von künftig 20 Beschäftigten die vereinfachte Regelbetreuung nach Anlage 1 in Anspruch nehmen – bisher lag die Grenze bei zehn Beschäftigten. Hierfür gibt eine klare Empfehlung zur Betreuungszeit: Für Betriebe mit 11 bis 20 Beschäftigten sind künftig zwölf Stunden vorgesehen – für Betriebe bis zehn bleibt es bei acht Stunden. Die Regelungen für die zusätzlich erforderliche anlassbezogene Betreuung wurden aktualisiert. Das macht die Betreuung flexibler und praxisnäher.

Was bringt die neue Vorschrift also für Unternehmerinnen oder Unternehmer?

Frank Göller: Mehr Klarheit, mehr Flexibilität und mehr Unterstützung. Sie ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines modernen Arbeitsschutzes, der auf die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt reagiert.

Michael Siedenhans