Einbau eines neuen Schaltschranks für eine Maschinenanlage: So lautete der Auftrag. Mitarbeiter einer Fremdfirma sollten den Schaltschrank vom Anlieferungsort zum Aufstellort transportieren. Weil das dafür eigentlich vorgesehene Transportmittel nicht vor Ort war, liehen sie sich vom Auftraggeber Schwerlastrollen aus und positionierten sie unter dem Schaltschrank. Auf dem Weg zum Aufstellort kippte der Schaltschrank beim Rangieren auf unebenem Untergrund zur Seite. Glücklicherweise traf das schwere Gerät niemanden. Ein Mitarbeiter stürzte aber, als er dem fallenden Schrank auswich, über eine im Arbeitsbereich liegende Palette und zog sich schwere Verletzungen zu. Eine wesentliche Unfallursache war das Verrutschen der Schwerlastrollen, die entgegen der Herstellerangaben nicht gegen Verrutschen gesichert waren.
Zusammenarbeit mindert Unfallgefahr
Im Jahr 2021 ereigneten sich in Mitgliedsbetrieben der BG ETEM 2.125 Unfälle im Zusammenhang mit Arbeiten an Maschinen und Anlagen. Jeder fünfte davon (mehr als 400 Fälle) lässt sich Instandhaltungsarbeiten zuordnen. Besonders bei Reinigungsarbeiten und Störungsbeseitigungen wurden Beschäftigte eingeklemmt und gequetscht oder hatten Kontakt mit scharfen Gegenständen. Diese hohe Unfallzahl zeigt, wie wichtig die ordnungsgemäße Vorbereitung und sichere Durchführung von Instandhaltungsarbeiten ist. Das gilt umso mehr, wenn Fremdfirmen die Instandhaltungsarbeiten übernehmen. Die beteiligten Unternehmen müssen sich dabei eng abstimmen und Verantwortlichkeiten klar verteilen.
Aufgaben des Auftraggebers
- definiert den Bedarf (Beschreibung des Ist-Zustands) und legt konkrete Anforderungen an das Arbeitsergebnis fest, gegebenenfalls unter Nutzung eines Lastenhefts
- wählt einen geeigneten Auftragnehmer aus, gegebenenfalls mittels einer Ausschreibung
- informiert den Auftragnehmer über standort-, bereichs- sowie anlagenspezifische Besonderheiten und Gefährdungen sowie Ansprechpersonen vor Ort. (Paragraf 5 Abs. 3 DGUV Vorschrift 1)
Der Auftraggeber hat die auftragnehmende Fremdfirma nach Auftragserteilung bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefährdungen zu unterstützen – etwa durch Dokumenteneinsicht oder gezieltes Nachfragen (Paragrafen 5 und 6 DGUV Regel 100-001).
Aufgaben des Auftragnehmers
- entwickelt einen Umsetzungsplan durch Identifizieren relevanter Gefährdungen sowie Auswahl wirksamer Schutzmaßnahmen und geeigneter Arbeitsmittel (Gefährdungsbeurteilung, Paragraf 5 Arbeitsschutzgesetz)
- wählt und beschafft Materialien/notwendige Komponenten
- setzt die Verbesserung um
- kontrolliert die Qualität zur Sicherstellung aller vereinbarten Standards
- erstellt einen Abschlussbericht und übergibt relevante Informationen wie Schaltpläne und Messprotokolle
In Fällen wie dem eingangs beschriebenen Szenario heißt das: Die Gefährdungsbeurteilung muss sich mit Transport, Montage und Anschluss des neuen Schaltschranks befassen. Somit muss auch klar sein, welche Schutzmaßnahmen gegen ein mögliches Umstürzen des Schaltschranks notwendig sind.
Arbeitsmittel verleihen?
Wenn Unternehmen Arbeitsmittel verleihen, müssen die Rahmenbedingungen für die Nutzung von betrieblichen Einrichtungen eindeutig geregelt sein, etwa in einer Betriebsanweisung. Betriebsfremde sollten die Kenntnisnahme und Beachtung dieser Regelung und den Erhalt der Bedienungsanleitung schriftlich bestätigen. Bei der Rückgabe muss eine Sicht- und Funktionsprüfung erfolgen, um eine Beschädigung zu erkennen. Der Verleih sollte daher im Einzelfall genau geprüft oder generell untersagt werden, da für diesen Prozess personelle und finanzielle Ressourcen benötigt werden.
Bezüglich der verliehenen Transportrollen muss der Arbeitgeber (Verleiher) sich vergewissern, dass die Beschäftigten der Fremdfirma, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit angemessene Anweisungen erhalten haben. Dies kann sich auch auf die erforderliche Information zur Benutzung eines Arbeitsmittels beziehen. Sind zusätzliche Unterweisungen zur sicheren Benutzung des Arbeitsmittels erforderlich, so muss der Auftraggeber die Informationen (Betriebs- oder Montageanleitung) bereitstellen und sich vergewissern, dass der Entleiher sowie die Beschäftigten des Entleihers ihren Sicherheitsvorgaben nachkommen. Auf der anderen Seite ist der Entleiher, unabhängig davon, ob das Arbeitsmittel gemietet, geleast oder geliehen wurde, verantwortlich für den sicheren Einsatz. Er muss sich vergewissern, dass das Arbeitsmittel vor allem den sicherheitstechnischen Anforderungen entspricht.
Die Verantwortung annehmen
Verantwortung für den Arbeitsschutz bei der Vertragsarbeit haben in jedem Fall Beschäftigte von Auftraggeber und Auftragnehmer, besonders der Projektleiter und der Vorarbeiter der Fremdfirma (Arbeitsverantwortlicher). Unter Umständen können auch weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf Grund ihres Kenntnisstands ein sicherheitswidriges Verhalten erkennen können, Verantwortung tragen. Sollten gegenseitige Gefährdungen bei der Auftragsvergabe identifiziert werden, muss darüber hinaus eine Person mit Weisungsbefugnis bestimmt und eingebunden werden – ein sogenannter Fremdfirmenkoordinator. Wenn alle Beteiligten diese Dinge beachten und intensiv kommunizieren, steht sicherem Arbeiten nichts mehr im Wege.
Florian Kraugmann, Torsten Opitz, Markus Tischendorf
→ info
- DGUV Information 209-015 „Instandhaltung – sicher und praxisgerecht durchführen“: publikationen.dguv.de
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