Der tödliche Unfall ereignete sich auf einem Tragmast, ausgelöst durch das Versagen eines Kettenzuges. Mit dem Kettenzug sollten Leiterseile aus den Tragrollen in die Isolatoren gehoben werden. Dabei rutschte der Kettenzug durch und der im Inneren des Zuges befindliche Bremsbelag wurde vollständig zerstört – wahrscheinlich durch die Reibungshitze. Die komplett aus dem Gehäuse gezogene Kette peitschte anschließend frei herum. Dabei erfasste sie das Seil des Höhensicherungsgerätes, durchtrennte es und riss den Freileitungsmonteur mit in die Tiefe.
Die eigentliche Unfallursache ließ sich nicht zweifelsfrei ermitteln. Als Sofortmaßnahme traf die DKE Kommission K 421/UK 421.0-2 „Montage und Werkzeuge“ jedoch Festlegungen, wie sich Kettenzüge zusätzlich gegen vollständiges Durchrutschen absichern lassen.
Eine Möglichkeit stellt die Verwendung von Kettensperrschlössern am freien Kettenende in der Nähe des Gehäuses dar. Ein Durchrutschen der Bremse führt dann dazu, dass das Kettensperrschloss gegen das Gehäuse gezogen wird und eine weitere Senkbewegung blockiert ist. Dies funktioniert allerdings nur, wenn das Sperrschloss permanent nachgeführt wird und der Abstand zum Gehäuse maximal circa zehn Zentimeter beträgt.
Da sich dieses Verhalten in der Praxis nicht immer sicherstellen ließ, erarbeiteten Fachleute eine technische Lösung, die immer funktioniert: eine zweite Bremse, auch „redundantes Bremssystem“ genannt. Im Rahmen des BG ETEM-Forschungsprojektes „Funktions- und Strukturanalyse zu Kettenzügen im Freileitungsbau“ wurde der Prototyp eines solchen Bremssystems entwickelt und erfolgreich erprobt.
Mittlerweile bieten drei Hersteller Kettenzüge mit redundanten Bremssystemen an. Diese haben sich bei Arbeiten auf Masten bewährt und sind nur unwesentlich schwerer als konventionelle Kettenzüge.
Rechtlicher Hintergrund
Die Betriebssicherheitsverordnung gibt diese Rangfolge vor:
„Technische Schutzmaßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen, diese haben wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen.“
Dies Forderung hat sich als TOP-Prinzip etabliert:
T – Technische Schutzmaßnahme
O – Organisatorische Schutzmaßnahme
P – Persönliche Schutzmaßnahme
Auf Kettenzüge übertragen bedeutet dies:
- Das redundante Bremssystem stellt eine technische Schutzmaßnahme dar.
- Beim Kettensperrschloss handelt es sich um eine organisatorische Schutzmaßnahme. Es ist nicht zwangsläufig wirksam, sondern nur dann, wenn es vom Monteur nachgeführt wird.
Anforderungen an Kettenzüge
Kettenzüge fallen unter den Geltungsbereich der Maschinenrichtlinie und werden von der harmonisierten Typ C-Norm DIN EN 13157 „Krane – Sicherheit – handbetriebene Krane“ erfasst. Sie müssen folgende Anforderungen erfüllen:
- Kettenzüge müssen einen Sicherheitskoeffizienten von mindestens 4:1 aufweisen – nachgewiesen durch geeignete Berechnungsmethode.
- Kettenzüge müssen 1.500 Arbeitszyklen (Heben und Senken) von mindestens 300 mm pro Zyklus bei 110 Prozent der Tragfähigkeit ohne Ausfall von Teilen standhalten.
- Der Bruch einer Feder darf nicht zum Ausfall von Sicherheitseinrichtungen führen.
- Um Überlastungen zu vermeiden, muss die Bedienkraft am Ende des Hebels zum Heben der maximal zulässigen Last zwischen 40 daN und 55 daN liegen (Tragfähigkeitsklasse 1 – 5 to).
Norbert Schilling
Diesen Beitrag teilen