Handwerker arbeitet gebückt mit einer Schlitzfräse an einer Innenwand.
Bei Arbeiten wie hier mit einer Schlitzfräse entstehen nicht unerhebliche Belastungen für das Muskel-Skelett-System.

Im Elektrohandwerk müssen Beschäftigte im Arbeitsalltag häufig Lasten bewegen, mit schweren, vibrierenden Werkzeugen hantieren, kleinteilige Arbeiten im Knien erledigen, an schwer zugänglichen Stellen arbeiten – oder an der Decke. All das belastet das Muskel-Skelett-System. Unternehmerinnen und Unternehmer im Elektrohandwerk können jedoch an verschiedenen Stellschrauben drehen, um die Arbeit ergonomisch – das heißt: für die Beschäftigten gesundheitsschonend und zugleich ergebnisorientiert – zu gestalten. Das Ziel: körperliche Überbeanspruchungen, unnötige Kosten und krankheitsbedingte Arbeitsausfalltage so weit wie möglich zu vermeiden.

Zwar ist die Arbeit im Elektrohandwerk generell körperlich belastend. Bei vernünftiger Arbeitsweise und Zeiteinteilung, der konsequenten Verwendung geeigneter Hilfen und mit wechselnden Tätigkeiten können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aber dazu beitragen, zum Beispiel einem Karpaltunnelsyndrom, Knie-, Schulter- und Rückenproblemen vorzubeugen. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann auch noch in ihrer Freizeit aktiv für körperlichen Ausgleich, Ruhepausen und Erholung sorgen, steht einem gesunden Älterwerden nichts mehr im Wege.

Roter Stern mit Text "Jetzt bestellen! Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung: Ergonomie" und Link.

Gute Beispiele aus der Praxis

Die Brandhuber Elektro GmbH für Hausgeräte und Elektroinstallation in Neuötting (Oberbayern) setzt mit ihren knapp 50 Beschäftigten auf Hilfen:

1. Arbeiten am Scherenhubtisch

Handwerker links arbeitet gebückt an einer Waschmaschine, rechts steht Waschmaschine auf einem Scherenhubtisch.
Beim gebückten Arbeiten werden Rücken und Knie belastet (links). Mit einem elektrisch betriebenen Scherenhubtisch macht die Arbeit nicht nur mehr Spaß, sondern geht auch leichter und schneller von der Hand (rechts). Foto: Brandhuber Elektro GmbH

2. Transport von Haushaltsgeräten

Mann mit Treppensteiger zum Transport von schwerer Ware über Stufen.
Sogenannte weiße Ware wie Waschmaschine, Geschirrspüler und Trockner sind häufig über Stockwerke von Häusern zu transportieren. Für die Anlieferung dieser Geräte bei Kundinnen und Kunden nutzen viele Betriebe schon seit Jahren sogenannte Treppensteiger, mit denen sich Lasten leichter Treppen hinauf- und hinuntertransportieren lassen. Brandhuber nutzt einen elektrisch betriebenen Stufenwagen, der die schwere Ware Stufe um Stufe auf- und abwärts bewegt. Das schont nicht nur die Treppen und Treppenhäuser der Kundschaft, sondern auch Muskeln und Gelenke der Beschäftigten. Fotos: Brandhuber Elektro GmbH

3. Vorbereitung von Verteilerschränken

Collage rechts: Schräges Gestell mit Schaltanlage und großer Bildschirm daneben. Links: Mann arbeitet an Gestell zur Vorbereitung von Schaltschränken.
Verdrahtungen in Verteilerschränken werden in der Werkstatt auf dem Montagetisch so vormontiert, dass auf der Baustelle nur noch aufgeklemmt werden muss. Das ist nicht nur weniger belastend, sondern spart auch Zeit. Auf dem Bildschirm wird die Verdrahtung gut erkennbar angezeigt. Das Gestell ist elektrisch verstellbar und lässt sich mittels Tipptaster stufenlos in die jeweils beste Position kippen. Foto: Brandhuber Elektro GmbH

4. Staubfreier Transport von Sackware

Collage links: Trage- und Verschlussgriff in blau. Rechts: Bauarbeiter trägt Sack mit Verschlussgriff.
Mit einem Trage- und Verschlussgriff für angebrochene Sackware (Bild links) lässt sich der Sack (Bild rechts) nicht nur einfach, sondern auch staubfrei transportieren. Fotos: BG Bau

5. Händischer Transport von Bauschutt

Beim händischen Transport von Bauschutt kommt schnell einiges an Gewicht zusammen. Deshalb: den Schutt von Anfang an in kleine Eimer einfüllen. Das bedeutet zwar, dass man öfter laufen muss. Aber in beiden Händen einen kleinen Eimer zu tragen, belastet die Wirbelsäule deutlich weniger als ein schwerer Eimer in nur einer Hand. Zudem sind kleine Eimer auch von Vorteil, wenn der Schutt ausgeleert werden muss. Absolut nicht mehr zeitgemäß ist das Bewegen größerer Gebinde zu zweit. 

Gut zu wissen: Die Muskeln in den Beinen melden und beschweren sich zwar schnell, erholen sich aber schnell wieder. Anders die Wirbelsäule: Sie meldet sich oft erst, wenn es zu spät ist – also erste Schäden auftreten. 

Collage links: Bauarbeiter trägt zwei Eimer. Rechts: Eimer mit Tragegriff.
Die Firma Staudacher Elektrotechnik aus Marktoberdorf setzt auf ovale Eimer statt auf runde, da diese sich näher am Körper tragen lassen (Foto links). Der abgebildete Mitarbeiter trägt außerdem Knieschoner in der Arbeitshose. Mit einem breiteren Griff (Foto rechts) schneidet der Henkel weniger in die Finger ein. Das ist nicht nur angenehmer, sondern schont auch die Finger, die durch die Vibration ohnehin belastet sind. Fotos: Hubalek

6. Richtiges Werkzeug

Eine weitere kostengünstige Maßnahme ist die Verwendung des jeweils besten Werkzeugs.

Collage Kabelschneider-Werkzeuge
Die Kabelschere (Bild rechts) ist so geformt, dass die Schnittfläche um das Kabel liegt und somit deutlich größer ist als beim Seitenschneider (Bild links). Zusätzlich sind die Griffe weiter auseinander, sodass sich mit der Hand mehr Kraft ausüben lässt. Fotos: Hubalek

Eine andere Möglichkeit stellen Hebel-Kraftseitenschneider dar. Für größere Querschnitte empfiehlt es sich, auf sogenannte Kabelscheren mit Ratschenfunktion umzusteigen.

7. Vibrationsarme Maschinen

Auch Hand-Arm-Vibrationen belasten das Muskel-Skelett-System. Hier sind neben der Qualität des Werkzeugs (siehe oben) die Wartung und die Auswahl vibrationsarmer Maschinen entscheidend. Das Gewicht der Maschinen ist auch hierbei nicht zu unterschätzen.

Der unten gezeigte Lösungsansatz eignet sich nicht für den täglichen Einsatz, kann aber in Einzelfällen durchaus interessant sein – etwa bei umfangreichen Arbeiten in Betonwänden mit Bewehrungsstahl.

Arbeiter bedient Bohrmaschine auf einem Bohrständer.
Illustration von Jörg Block, BG ETEM

Bei länger dauernden Arbeiten wie dem Bohren in Betonwände sorgen verfahrbare Bohrständer für eine deutliche Entlastung. Bohrmaschinen und Bohrhammer wiegen immerhin – wie auch die Schlitz- und Mauernutfräsen – zwischen zehn und zwölf Kilogramm.

Wenn Durchbrüche für Leitungen (beispielsweise für Sprechanlagen oder Durchlauferhitzer) erstellt werden müssen, dann hat ein Bohrständer neben der Entlastung des Körpers noch den Vorteil, dass die Löcher leichter gerade gebohrt werden können.

 

Dr. Sylvia Hubalek