Illustration eines Mannes, der mit einer Hakenstange in der Hand auf einer Vorwerksmaschine verunglückt.
Um mögliche Brände besser bekämpfen zu können, wurden die Abdeckungen einer Vorwerksmaschine manipuliert. Die Folge: Ein schwerer Arbeitsunfall ganz ohne Feuer.

Brände sind in Textilfabriken keine Seltenheit. Besonders in der Faseraufbereitung ist damit zu rechnen, dass durch die intensive Bearbeitung des Textilmaterials Brandnester entstehen können. Hinzu kommen die große Oberfläche des bearbeiteten Textilmaterials und viel Luftbewegung. Über den pneumatischen Transport des Fasermaterials besteht dann die Gefahr, dass ein Brand von einer Maschine zur nächsten weitergegeben werden kann.

Aber es brennt nicht unbedingt gleich alles ab. Oft wird durch automatische Einrichtungen zur Funkenerkennung und Löschung die Gefahr im laufenden Produktionsprozess unauffällig beseitigt. In anderen Fällen wird die Gefahr von erfahrenen Beschäftigten so früh erkannt, dass durch schnelle Gegenmaßnahmen die Auswirkungen auf eine Maschine begrenzt bleiben. Im Ernstfall müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei aber unbedingt das Risiko für die eigene Sicherheit im Blick behalten, wie die beiden Unfallbeispiele zeigen.

Beispiel 1: Rauchgasvergiftung

Beschäftigte stellen leichten Brandgeruch fest. Sie schalten die Anlage ab und suchen nach der Quelle. Diese glauben sie an einem Feinöffner gefunden zu haben. Ein Mitarbeiter räumt auf einer Leiter stehend die glimmenden Faserbüschel mit Lederhandschuhen aus und wirft sie auf den Boden. Sein Kollege löscht die Büschel mit dem Schaumlöscher ab. Sie glauben alles im Griff zu haben. Doch dann fällt ihnen auf, dass auch aus dem vorgelagerten Kastenspeiser Rauch entweicht. Der Schichtführer alarmiert die Feuerwehr.

Bis zum Eintreffen der Feuerwehr versuchen mehrere Mitarbeiter jedoch weiterhin, den Brandherd zu löschen. Durch geöffnete Wartungsklappen versuchen sie, das immer stärker werdende Feuer mit Feuerlöschern und Wasserschläuchen einzudämmen. Hierbei atmen sie minutenlang Rauchgase ein.

Rauchgase enthalten nicht nur Kohlendioxid, sondern weitere Verbrennungsprodukte, die auf Schleimhäute und Atemwege reizend wirken. Giftiges Kohlenmonoxid und sogar Blausäure können entstehen. Drei Personen werden nach der Erstversorgung unmittelbar in ein Krankenhaus gebracht, eine weitere Person begibt sich am nächsten Tag in stationäre Behandlung.

Beispiel 2: Missbrauch von Löschvorkehrungen

Wegen der erheblichen Verletzungsgefahr und dem langen Nachlauf sind Verkleidungen gefährlicher Arbeitselemente von Vorwerksmaschinen durch Zuhaltung und Verriegelung geschützt. Das heißt: Sie gehen erst auf, wenn die Maschine steht und können bei geöffneter Verkleidung nicht anlaufen.

In einem Betrieb war eine Überbrückungsmöglichkeit für die auf dem Reißer befindlichen Schutzabdeckungen geschaffen worden, um mögliche Brände schneller bekämpfen zu können.

Der Schlüssel, der das Öffnen einzelner Abdeckungen im laufenden Betrieb ermöglicht, ist an der Maschine aufbewahrt. In der beschriebenen Situation brennt es nicht, sondern das Recyclingmaterial stopft an einer der Reißerwalzen. Der Maschinenbediener nutzt die einfach zugängliche Manipulationsmöglichkeit, um die Störung im laufenden Betrieb zu beseitigen. Hierzu räumt er die Materialbatzen bei laufender Anlage mit einer Hakenstange aus – wie er glaubt, in sicherer Entfernung von der rotierenden Reißerwalze. Durch einen unbedachten Schritt auf eine frei bewegliche Führungswalze dreht diese sich weg, er rutscht mit dem Bein in die darunter befindliche Reißwalze. Zum Glück kann er sich halten und die Maschine förderte ihn nicht weiter hinein. Er hängt mit seinem schwer verletzten Fuß jedoch in der Maschine fest, sodass er von Feuerwehr und Rettungsdienst aufwendig aus der Maschine befreit werden muss.

Warum ist die Brandgefahr im Spinnerei- beziehungsweise Vliesstoff-Vorwerk und insbesondere im Textilrecycling so hoch?

Im Vorwerk sind hauptsächlich Fremdkörper, wie zum Beispiel Steine oder Reste von Ballendrähten die Hauptgefahr. Diese können bei der Bearbeitung in der Maschine Funken erzeugen. Im Textilrecycling, gerade auch beim Recycling von Altkleidern, machen vor allem Knöpfe, Nieten oder Reißverschlüsse aus Metall Sorgen.

Die meisten Ereignisse gibt es daher in den ersten Bearbeitungsstufen, zum Beispiel im Reißer. Das sind die häufigsten Ursachen. Aber auch Wickelbildung, erzeugte Reibungswärme oder heiß gelaufene Lager können zu Bränden führen – ebenso wie elektrische Defekte.

Vorgehensweise zum Löschen

So wie uns aus der Praxis berichtet wurde, kündigen sich Glimmnester in einer Maschine durch den entstehenden Geruch sehr früh an, noch bevor irgendwo Rauch oder eine Flamme erkennbar ist. Erfahrene Beschäftigte können dadurch frühzeitig eingreifen. Dann heißt es schnell reagieren, die Quelle feststellen und Löschmaßnahmen durchführen. Dadurch lässt sich eine Verrauchung oftmals vermeiden.

Zunächst gilt es, die betroffene Maschine zu stoppen. Das verhindert, dass glimmende Flocken über den pneumatischen Transport die nachfolgende Maschine erreichen. Zum Löschen sollen unbedingt sichere Löschmöglichkeiten vorhanden sein, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht durch die noch (nach)laufende Maschine in Gefahr geraten. Wenn sich an geeigneten Stellen Öffnungen befinden, lassen sich dadurch etwa jederzeit Löschmittel einbringen – ohne dass eine Hand hindurchpasst und so, dass Schutzmaßnahmen für die in der Maschine befindlichen Gefahrstellen nicht aufgehoben werden müssen. Ebenso kommen feste Löscheinrichtungen in Betracht, die entweder manuell oder automatisch aktiviert werden, ohne Schutzvorrichtungen zu überbrücken.

Warum, zeigt das zweite Unfallbeispiel deutlich: Hier wurde zwar die für den Brandfall geschaffene Überbrückungsmöglichkeit zur Störungsbehebung missbraucht. Aber auch wenn es tatsächlich gebrannt hätte, hätte durch das Überbrücken der trennenden Schutzeinrichtungen genau die gleiche, erhebliche Unfallgefahr bestanden. Große und schnell rotierende Reißwalzen laufen auch nach dem Abschalten durch ihre Schwungmasse noch lange nach.

Aggressive Walzenbeläge, spitze Stahlstifte oder Sägezähne, können schwerste und auch tödliche Verletzungen verursachen, wenn ein Zugang möglich ist, bevor sie zum Stillstand gekommen sind. Das Schutzsystem im Brandfall zu überbrücken und sich in der hektischen Situation eines Maschinenbrandes Zugang zu verschaffen, stellt ein nicht verantwortbares Risiko dar.

Auch hat es keinen Sinn, brennendes Material aus der Maschine auszuräumen und neben der Maschine zu löschen. Durch den in solchen Produktionsbereichen allgegenwärtigen Textilstaub ist die Brandgefahr für die restliche Produktionshalle durch das Ausräumen brennenden Materials erheblich höher, als wenn in der Maschine gelöscht wird.

Das Material sollte erst nach dem Löschen ausgeräumt werden und selbstverständlich erst, nachdem die Maschine zum Stillstand gekommen ist. Natürlich muss dabei eine Löschmöglichkeit in Bereitschaft gehalten werden.

Die Maschine muss getrocknet werden, bevor die Produktion wieder anlaufen kann. Das kann zwar einen Produktionsverlust von mehreren Stunden bedeuten. Das schnelle und energische Eingreifen der Beschäftigten konnte jedoch einen viel größeren Schaden vermeiden. Das ist nicht unbedingt der Fall, wenn man Löschversuche ohne Produktionsunterbrechung vornimmt und dadurch wertvolle Zeit verliert.

Wenn der Löschversuch misslingt

Wenn der erste Löschversuch misslingt, müssen Profis ran. Eigenschutz geht vor. Das heißt: Feuerwehr alarmieren, alles abschalten und raus aus dem betroffenen Gebäude. Nun geht es darum, die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr sicherzustellen. Das beginnt mit der zügigen Einweisung der Löschfahrzeuge zur Brandstelle. Auch benötigt die Feuerwehr kompetente Ansprechpartner, um sich schnell über die Örtlichkeiten zu informieren.

Das erste Unfallbeispiel zeigt, wie wichtig es ist, den Brandort spätestens dann zu verlassen, wenn es anfängt, deutlich zu rauchen. Die Gefährdung durch Rauchgase ist nicht zu unterschätzen. Es geht hier nicht allein um die akute Wirkung der Rauchgase. Ein Teil der schädlichen Bestandteile kommt erst später und länger andauernd zur Wirkung – zum Beispiel weil die Substanzen an Rußpartikel gebunden sind und nur langsam freigesetzt werden oder weil es sich um fettlösliche Stoffe handelt, die im Körper langsamer zur Wirkung kommen als wasserlösliche.

Funkenlöschanlagen

Funkenlöschanlagen sind in Leitungen des pneumatischen Materialtransports verbaut. Diese bestehen aus einem Funkenmelder und einer Löscheinrichtung einige Meter weiter in der Rohrleitung. Wird ein Funke detektiert, gibt die Löscheinrichtung genau zum richtigen Zeitpunkt – also wenn der Funke gerade vorbeikommt – einen kurzen Löschstoß. Das passiert automatisch im laufenden Betrieb. Solche Einrichtungen sind für alle Betriebe empfehlenswert, bei denen Glimmnester und Weiterverbreitung über den pneumatischen Transport auftreten können.

Welche Löschmittel sind geeignet?

Jeder Betrieb, bei dem ein Maschinenbrand auftreten kann, sollte im Vorfeld die dann nötige Vorgehensweise planen. Das betrifft zum Beispiel die Löschmethode und das Löschmittel, mit dem bei einem beginnenden Maschinenbrand gelöscht werden soll.

Das gebräuchlichste Löschmittel ist Wasser. Es steht über Rohrleitungen ohnehin für alle möglichen Zwecke zur Verfügung. Wenn Wasser das Löschmittel der Wahl ist, müssen dort, wo es vielleicht einmal nötig wird, Schläuche schnell verfügbar vorhanden sein.

Wasser mit Schaumzusatz löscht Textilmaterial sehr effektiv. In einigen Betrieben steht deshalb Löschwasser mit Schaumzusatz bereit. Dies kann über eigene Rohrleitungen erfolgen, die die in die Maschine integrierten Löscheinrichtungen versorgen. Es können auch zusätzliche Schlauchanschlüsse vorhanden sein. Es wird weniger Wasser zum Löschen benötigt. Und die Nacharbeiten sind hierdurch möglicherweise einfacher, weil Maschinen weniger geflutet werden als mit reinem Wasser.

Für in die Maschine integrierte Löschanlagen kommen auch Löschgase in Betracht. Diese ersticken Brände durch Sauerstoffverdrängung und Maschinen bleiben trocken. Das gebräuchlichste Löschgas ist CO2. Beim Einsatz besteht Erstickungsgefahr. Betroffene Bereiche müssen daher vor dem Auslösen solcher Löschanlagen evakuiert werden. Im Anschluss an die Löscharbeiten und vor erneutem Betreten sind ausgiebiges Lüften und eine Freimessung erforderlich, um wieder zuträgliche Raumluftverhältnisse sicherzustellen. Auch ist der Aufwand, um die Anlage wieder einsatzfähig zu machen, höher (Ersatzbeschaffung des Löschgases).

Bei tragbaren Feuerlöschern ist die Löschkapazität zu knapp. Diese eignen sich eventuell für die Brandwache, wenn das gelöschte Textilmaterial aus der sicher zum Stillstand gekommenen Maschine ausgeräumt wird. Hier sind Schaumlöscher zu empfehlen. Pulverlöscher sind wegen des nachfolgenden Reinigungsaufwands und möglicher Schäden durch das Löschmittel in Innenräumen grundsätzlich nicht empfehlenswert.

Martin Steiner