Lichtflimmern: Kreissäge
Bei falsch betriebener LED-Beleuchtung kann es, zum Beispiel bei der Arbeit an einer Kreissäge, zum Stroboskopeffekt kommen: Das drehende Sägeblatt steht scheinbar still ‒ eine gefährliche Täuschung.

Mittlerweile sorgen an vielen Arbeitsplätzen Leuchtdioden, besser bekannt als LED, für die Beleuchtung. Von LEDs geht jedoch eine unterschätzte Unfallgefahr aus, insbesondere bei der Arbeit mit beweglichen Maschinenteilen. Wenn LED-Beleuchtung falsch betrieben wird, kann es zum Stroboskopeffekt kommen, einer Art optischen Täuschung: Das drehende Sägeblatt einer Kreissäge zum Beispiel steht dann scheinbar still. Die Folge: Die Unfallgefahr steigt. Jetzt gilt es, die Arbeit vorübergehend einzustellen und die Lichtquelle schleunigst auszutauschen.

LEDs können auch dann zu Problemen führen, wenn für das menschliche Auge gar nicht wahrnehmbar ist, dass sie flimmern. Zudem beeinträchtigt das Lichtflimmern auf vielfache Weise Gesundheit und Wohlbefinden von Beschäftigten noch auf andere Weise. Es erzeugt zum Beispiel

  • Irritationen beim Erkennen von bewegten Objekten,
  • Sehbeschwerden, insbesondere beim Lesen, verschwommenes Sehen,
  • Augenrötung, Augenbrennen, vermehrten Tränenfluss, „Sandkorn im Auge“, Lidzucken,
  • erhöhte Blendempfindlichkeit oder
  • Kopfschmerzen, Unwohlsein, vermehrtes Auftreten von Migräne.

Wenn diese Symptome nur bei LED-Beleuchtung und nicht bei Tageslicht auftreten, ist dies ein Hinweis darauf, dass sie durch LEDs ausgelöst werden.

Für Unternehmerinnen und Unternehmer heißt das: Sie müssen auf gutes Licht achten und dafür sorgen, dass vor allem an sogenannten kritischen Arbeitsplätzen nur LEDs mit bestimmten Eigenschaften zum Einsatz kommen.

Einkauf und Einsatz von LEDs: Das ist zu beachten

Zur Beurteilung von Lichtflimmern werden zwei Werte verwendet:

  • Der Stroboscopic Visibility Measure (SVM) gilt zwischen 80 und 2.000 Hz. Aktuell muss der SVM unter 0,9 liegen, ab dem 1. September 2024 muss er 0,4 unterschreiten.
  • Der PstLM (ausgesprochen: P-s-t-L-M) steht für Short-Term-Light-Modulation. Er muss unter 1 liegen.

Die beiden Werte sind entweder in den Leuchtendatenblättern angegeben oder können beim Hersteller erfragt werden. Sie gelten für den Volllastbetrieb, also für den nicht gedimmten Betrieb. Entsprechend steigen die Anforderungen an die Leuchten, wenn sie dimmbar sein sollen oder intelligente Gebäudetechnik für Dimmung sorgen können soll.

Die Anforderungen an kritische Arbeitsplätze (siehe Checkliste) sind am höchsten. Hier sollte auf Pulsweitenmodulation (PWM) – auch bei nicht dimmbaren Leuchten – verzichtet werden.

Normale Anforderungen, wenn keine weitere Dimmung der Leuchten erfolgt

  • SVM ≤ 0,4
  • PstLM ≤ 1

Normale Anforderungen, wenn Dimmung der Leuchten erfolgen soll

  • SVM ≤ 0,4
  • PstLM ≤ 1
  • Dimmung durch Konstantstrom-Reduktion
  • Dimmung durch Pulsweitenmodulation sollte möglichst vermieden werden

Kritische Arbeitsplätze

  • Betrieb der Leuchte mit konstantem Strom
  • Dimmung durch Konstantstrom-Reduktion
  • keine Dimmung durch Pulsweitenmodulation
  • keine Verwendung von Betriebsgeräten, die die LEDs mit gleichgerichteter sinusförmiger Netzspannung oder anderweitig gepulst betreiben.

Lichtflimmern: Oft unerkannt

Wenn sich eine Lichtquelle etwa 30 Grad seitlich von einer Person befindet, ist Flimmern sichtbar. Denn das menschliche Auge ist seitlich flimmerempfindlicher. Dieser Trick wurde bei den alten Röhrenbildschirmen erfolgreich angewandt. Das menschliche Auge kann eine Flimmerverschmelzungsfrequenz von bis zu 90 Hz auflösen. Da LEDs mit 100 Hz betrieben werden, ist an den Leuchten selbst Lichtflimmern nur selten zu sehen. Wenn Lichtflimmern sichtbar ist, dann meist in Verbindung mit Bewegung, etwa in Form von Geisterbildern oder dem Stroboskopeffekt.

Lichtflimmern entsteht im Zusammenhang mit dem Dimmen von LEDs und tritt auch auf, wenn ein Nutzer oder eine Nutzerin selbst die Beleuchtung nicht dimmen kann. Der Grund: Die Vorschaltgeräte werden häufig unbemerkt mittels Pulsweitenmodulation (PWM) angesteuert. Dazu wird die Lichtquelle in kurzen Abständen an- und ausgeschaltet. Je stärker gedimmt wird, desto kürzer werden die Lichtpulse. Bei Konstantstrom-Reduktion (englisch: CCR – Constant Current Reduction) dagegen kommt es nicht zu Lichtflimmern.

Grafik der Funktionsweise der Dimmung: mittels der gleichmäßigen Konstantstrom-Reduktion (Mitte) und der An-/Aus-Funktionsweise (Hell/Dunkel) der Pulsweitenmodulation (rechts).
Funktionsweise der Dimmung: mittels der gleichmäßigen Konstantstrom-Reduktion (Mitte) und der An-/Aus-Funktionsweise (Hell/Dunkel) der Pulsweitenmodulation (rechts).

Kurzcheck Ihrer Beleuchtungseinrichtung

3 Hände in unterschiedlich flimmernden Ansichten durch den Stroboskopeffekt.
Links: Unbewegte Hand. Mitte: Die bewegte Hand erscheint weiterhin als ein einzelnes Objekt. Rechts: Die Finger der Hand sind durch den Stroboskopeffekt mehrfach wahrnehmbar – hier ist Lichtflimmern vorhanden.

Ein erster Check, ob die LED-Beleuchtung problematisch ist, ist schnell gemacht. So geht's: Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer nutzen einfach die eigene Hand mit gespreizten Fingern, einen Stift oder einen federnden Gliedermaßstab. Der Effekt wird bei schneller Bewegung sichtbar, wenn das Licht direkt auf den Gegenstand oder die Hand scheint. Diese einfache Bewertung ist zum Beispiel für den Bürobereich ausreichend.

Lichtflimmern: Blick auf eine verschwommene Hand.
Das Licht muss auf den schnell bewegten Gegenstand, hier die Hand, scheinen. Dabei ist wichtig, dass die Person nicht in die Leuchte blickt oder von ihr geblendet wird.

Bei bewegten Teilen wie Kreissägeblättern und Fräswerkzeugen ist das Lichtflimmern durch direkte Beobachtung der bewegten Teile in bestimmten Frequenzbereichen erkennbar. Sind Stroboskopeffekte zu beobachten, steht also etwa ein sich drehendes Sägeblatt scheinbar still, ist schnelles Handeln erforderlich. Die Maschine darf laut Arbeitsstättenregel (ASR) A3.4 zusammen mit der Beleuchtungsanlage nicht weiter betrieben werden, wenn ungeschützte bewegte Teile erreichbar sind.

Um sicherzustellen, dass alle Frequenzbereiche flimmerfrei sind, muss die Drehzahl beziehungsweise die Geschwindigkeit der Teile verändert werden. Dies passiert beispielsweise beim Einschalten der Maschine, wenn beim Hochfahren die Geschwindigkeit zunimmt.

Laboranalyse bringt Klarheit

Bei einem Verdacht auf Lichtflimmern sollten Verantwortliche die entsprechenden Daten beim Hersteller abfragen. Sind diese Daten nicht vorhanden, ist der einfachste Weg, eine Leuchte abzunehmen und in ein dafür spezialisiertes Messlabor zu schicken. Entsprechende Labore lassen sich über die Gutachterliste der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft ausfindig machen (Hinweis dazu siehe Infokasten).

Eine Messung direkt am Arbeitsplatz ist oft schwierig, da sich Fremdeinflüsse dort meist nicht vermeiden lassen. Allerdings lohnt es sich, Störungen im Stromnetz des Gebäudes auszuschließen, da diese auch einwandfreie Lichtquellen zum Flimmern bringen können.

Abhilfe

Bei Leuchtstofflampen lässt sich durch Drei-Phasen-Schaltung und elektronische Vorschaltgeräte Abhilfe schaffen. Bei LEDs gestaltet sich die Abhilfe nicht so einfach. Folglich darf an kritischen Arbeitsplätzen (siehe Checkliste) nur mit Konstantstrom-Reduktion gearbeitet werden. Im Zweifelsfall müssen Verantwortliche die Leuchten auswechseln oder auswechseln lassen.

 

Dr. Sylvia Hubalek, Dr. Cornelia Vandahl