Mittlerweile sorgen an vielen Arbeitsplätzen Leuchtdioden, besser bekannt als LED, für die Beleuchtung. Von LEDs kann jedoch eine unterschätzte Unfallgefahr ausgehen, insbesondere bei der Arbeit mit ungeschützten beweglichen Maschinenteilen. Wenn LED-Beleuchtung mit ungeeigneten Vorschaltgeräten betrieben wird, kann es zum Stroboskopeffekt kommen, einer Art optischen Täuschung: Das drehende Sägeblatt einer Kreissäge zum Beispiel steht dann scheinbar still. Die Folge: Die Unfallgefahr steigt. Jetzt gilt es, die Arbeit vorübergehend einzustellen und die Leuchte schleunigst auszutauschen.
Lichtflimmern: Oft unerkannt
Wenn sich eine Lichtquelle etwa 30 Grad seitlich von einer Person befindet, ist Flimmern leichter sichtbar. Denn das menschliche Auge ist seitlich flimmerempfindlicher. Es kann Folgen von einzelnen Lichtpulsen bis zu einer Wiederholrate von bis zu 90 Hz auflösen, der maximalen Flimmerverschmelzungsfrequenz. Da LEDs mit mindestens 100 Hz betrieben werden, ist an den Leuchten selbst Lichtflimmern nur selten zu sehen. Wenn Lichtflimmern sichtbar ist, dann meist in Verbindung mit Bewegung, etwa in Form von Geisterbildern oder eben dem Stroboskopeffekt.
Lichtflimmern entsteht im Zusammenhang mit dem Dimmen von LEDs und tritt auch auf, wenn ein Nutzer oder eine Nutzerin selbst die Beleuchtung nicht dimmen kann. Der Grund: Die Vorschaltgeräte werden häufig unbemerkt mittels Pulsweitenmodulation (PWM) angesteuert. Dazu wird die Lichtquelle in kurzen Abständen an- und ausgeschaltet. Je stärker gedimmt wird, desto kürzer werden die Lichtpulse. Bei Konstantstrom-Reduktion (englisch: CCR – Constant Current Reduction) dagegen kommt es nicht zu Lichtflimmern.
Das Problematische am Lichtflimmern
LEDs können auch dann zu Problemen führen, wenn ein Flimmern für das menschliche Auge gar nicht wahrnehmbar ist. Das liegt daran, dass Lichtflimmern Gesundheit und Wohlbefinden von Beschäftigten auch auf andere Weise beeinträchtigt. Es kann zum Beispiel folgende Probleme erzeugen:
- Irritationen beim Erkennen von bewegten Objekten
- Sehbeschwerden, insbesondere beim Lesen, verschwommenes Sehen
- Augenrötung, Augenbrennen, vermehrter Tränenfluss, Fremdkörpergefühl im Auge, Lidzucken
- erhöhte Blendempfindlichkeit
- Kopfschmerzen, Unwohlsein, vermehrtes Auftreten von Migräne
Wenn diese Symptome nur bei LED-Beleuchtung und nicht bei Tageslicht auftreten, ist dies ein Hinweis darauf, dass sie durch die Betriebsweise der LEDs ausgelöst werden.
Für Unternehmerinnen und Unternehmer heißt das: Sie müssen auf gutes Licht achten.
Checkliste: Gute und flimmerfreie Leuchten sind insbesondere bei folgenden anspruchsvollen Situationen wichtig: |
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Nr. |
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ja |
nein |
1 |
Am Arbeitsplatz gibt es bewegte oder rotierende Werkzeuge, Maschinenteile oder andere schnell bewegte Arbeitsmittel. |
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2 |
Es gibt viele oder ausschließlich sehr kleine, relevante Sehdetails. |
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3 |
Beschäftigte müssen bewegte Sehobjekte schnell und zuverlässig erkennen. |
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4 |
Schnelle Blickwechsel sind notwendig. |
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5 |
Es gibt flimmerempfindliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. |
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6 |
Es gibt bereits Beschwerden von Beschäftigten. |
Einkauf und Einsatz von LED-Leuchten: Das ist zu beachten
Zur Beurteilung von Lichtflimmern werden zwei Werte verwendet:
- Der PstLM (ausgesprochen: P-s-t-L-M) steht für Short-Term-Light-Modulation und beschreibt das eigentliche Flimmern in Ruhe. Er muss unter 1 liegen.
- Der Stroboscopic Visibility Measure (SVM) gilt zwischen 80 und 2.000 Hz und kennzeichnet den Stroboskopeffekt bei Bewegungen. Seit dem 1. September 2024 muss der SVM unter 0,4 liegen.
Die beiden Werte sind entweder in den Leuchtendatenblättern angegeben oder Anwender können sie beim Hersteller erfragen. Sie gelten für den Volllastbetrieb, also für den nicht gedimmten Betrieb. Entsprechend steigen die Ansprüche an LED-Leuchten, wenn sie dimmbar sein sollen oder intelligente Gebäudetechnik für Dimmung sorgen können soll.
Am Höchsten sind die Ansprüche an die Flimmerfreiheit, wenn die Arbeit dynamische Sehaufgaben beinhaltet oder Beschäftigte durch flimmernde Leuchten beeinträchtigt werden (siehe Checkliste). Hier sollte auf Pulsweitenmodulation (PWM) am besten komplett verzichtet werden.
Kriterien, wenn keine weitere Dimmung der Leuchten erfolgt
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Kriterien, wenn Dimmung der Leuchten erfolgen soll (wenn keine Bedingungen aus der Checkliste vorliegen)
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Kriterien für anspruchsvollere Situationen (siehe Checkliste)
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Kurzcheck Ihrer Beleuchtungseinrichtung
Ein erster Check, ob die LED-Beleuchtung flimmert, ist schnell gemacht. So geht's: Beschäftigte sowie Unternehmerinnen und Unternehmer nutzen einfach die eigene Hand mit gespreizten Fingern, einen Stift oder einen federnden Gliedermaßstab. Der Effekt wird bei schneller Bewegung sichtbar, wenn das Licht direkt auf den Gegenstand oder die Hand scheint. Diese einfache Bewertung ist zum Beispiel für den Bürobereich ausreichend.
Bei bewegten Teilen wie Kreissägeblättern und Fräswerkzeugen ist das Lichtflimmern durch direkte Beobachtung der bewegten Teile in bestimmten Frequenzbereichen erkennbar. Sind Stroboskopeffekte zu beobachten, steht also etwa ein sich drehendes Sägeblatt scheinbar still, ist schnelles Handeln erforderlich. Die Maschine darf laut Arbeitsstättenregel (ASR) A3.4 zusammen mit der Beleuchtungsanlage nicht weiter betrieben werden, wenn ungeschützte bewegte Teile erreichbar sind.
Um zu prüfen, ob alle Frequenzbereiche auch wirklich flimmerfrei sind, muss die Drehzahl beziehungsweise die Geschwindigkeit der Teile verändert werden. Dies passiert zum Beispiel beim Einschalten der Maschine, wenn beim Hochfahren die Geschwindigkeit zunimmt.
Analyse bringt Klarheit
Bei einem Verdacht auf Lichtflimmern sollten Verantwortliche die entsprechenden Daten beim Hersteller abfragen. Sind diese Daten nicht vorhanden, ist der einfachste Weg, eine Leuchte abzunehmen und in ein dafür spezialisiertes Messlabor zu schicken. Entsprechende Labore lassen sich über die Gutachterliste der Deutschen Gesellschaft für Lichttechnik und Lichtgestaltung ausfindig machen (Hinweis dazu siehe Infokasten).
Eine Messung direkt am Arbeitsplatz ist oft schwierig, da sich Fremdeinflüsse dort meist nicht vermeiden lassen. Allerdings lohnt es sich, Störungen im Stromnetz des Gebäudes auszuschließen, da diese auch einwandfreie Lichtquellen zum Flimmern bringen können.
Abhilfe
Bei Leuchtstofflampen lässt sich durch Drei-Phasen-Schaltung und elektronische Vorschaltgeräte Abhilfe schaffen. Bei LEDs gestaltet sich die Abhilfe nicht so einfach. Folglich darf an kritischen Arbeitsplätzen (siehe Checkliste) nur mit Konstantstrom-Reduktion gearbeitet werden. Im Zweifelsfall müssen Verantwortliche die Leuchten auswechseln oder auswechseln lassen.
Dr. Sylvia Hubalek, Dr. Cornelia Vandahl, Dr. Andreas Wojtysiak
→ info
- Arbeitsumgebung: Licht, Lärm, Klima, Vibration: www.bgetem.de, Webcode 21291093
- „Prävention von negativen gesundheitlichen Auswirkungen bei Lichtflimmern durch LEDs“, TU Ilmenau (Fakultät Maschinenbau, Fachrichtung Lichttechnik) im Auftrag der BG ETEM: www.tu-ilmenau.de
- Gutachterliste der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG e.V.) mit Expertinnen und Experten für das Spezialgebiet „Messen von Lichtflimmern“: www.litg.de
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