Seit der Corona-Pandemie haben viele Beschäftigte ihren Arbeitsplatz zumindest teilweise von der Firma ins heimische Büro verlegt. Unternehmerinnen und Unternehmer stehen damit vor neuen Herausforderungen im Arbeitsschutz. Das gilt besonders dort, wo Beschäftigte allein vor Ort im Büro arbeiten. Hierzu stellen sich wichtige Fragen:
- Wie kann die Erste Hilfe für allein arbeitende Personen sichergestellt werden?
- Wann ist Alleinarbeit gefährlich?
- Welche technischen und organisatorischen Einrichtungen sind wichtig?
- Wie lässt sich eine allein arbeitende Person lokalisieren?
- Wer hat Zugang zu den Büro-Arbeitsplätzen im Betrieb?
- Wer ist darüber informiert, wer im Betrieb anwesend ist und wer nicht?
Rechtliche Grundlagen
Die Rechtsgrundlagen finden sich im Arbeitsschutzgesetz unter „Grundpflichten des Arbeitgebers“ und in der DGUV Unfallverhütungsvorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“. Demnach haben Unternehmerinnen und Unternehmer, bezogen auf die Alleinarbeit, Erste Hilfe zu gewährleisten. Dafür müssen geeignete Einrichtungen und Sachmittel zur Verfügung gestellt werden. Was dies konkret bedeutet, definiert die DGUV Information 212-139 „Notrufmöglichkeiten für alleinarbeitende Personen“.
Wann Alleinarbeit vorliegt
Alleinarbeit liegt vor, „wenn eine Person allein, außerhalb von Ruf- und Sichtweite zu anderen Personen, Arbeiten ausführt“, heißt es in der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“.
Oft halten sich Beschäftigte auch außerhalb der festgelegten Arbeitszeiten im Büro oder auf dem Werksgelände auf. Konkrete technische und organisatorische Maßnahmen müssen sicherstellen, dass im Notfall auch dann die Rettungskette in Gang gesetzt werden kann.
Wann Alleinarbeit gefährlich ist
Um „normale Alleinarbeit“ im Büro von einer „gefährlichen Alleinarbeit“ abzugrenzen, müssen Unternehmerinnen und Unternehmer eine systematische Analyse der Arbeitsbedingungen durchführen: die Gefährdungsbeurteilung.
Alleinarbeiten mit einer geringen Gefährdungsstufe („normale Alleinarbeit“) setzen voraus, dass Personen nach einem schädigenden Ereignis handlungsfähig bleiben. Sobald eine erhöhte oder kritische Gefährdung (Risiko) in Betracht kommt, müssen Personen-Notsignal-Anlagen zum Einsatz kommen. Eine konkrete Strategie für solche Fälle wird ausführlich in der DGUV Regel 112‑139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“ beschrieben. Dieser Artikel bezieht sich auf die normale Alleinarbeit.
Technische Maßnahmen
Für Notrufe bei Alleinarbeiten mit geringen Gefährdungsstufen eignen sich Telefone aller Art – leitungsgebunden oder mobil. Allerdings funktionieren diese Einrichtungen nicht in jeder Situation einwandfrei:
- Die externe Stromversorgung der Telefonanlage und über die Leitung selbst (Entkopplung der Stromversorgung über den Netzbetreiber) kann Probleme bereiten.
- Immer mehr Bestandteile der IT-Infrastruktur führen zu einer höheren Ausfallwahrscheinlichkeit.
- Moderne Telefonanlagen verfügen über immer mehr und komplexere Funktionen
Wie ist ein Notruf abzusetzen? Was passiert während eines Stromausfalls? Haben alle Telefone Empfang? Kommt ein Notruf an der richtigen Stelle an? Diese Fragen müssen sich Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung stellen. Sie müssen daher folgendes sicherstellen:
- Telefonanlagen sind regelmäßig zu warten. Das verringert das Ausfallrisiko.
- Zusammen mit fachkundigen Personen sind technische Redundanzen aufzubauen. Bei einem Stromunfall können dies zum Beispiel unterbrechungsfreie Notstromversorgungen (USV) sein.
- Telefonanlagen mit stationären Telefonen müssen richtig programmiert sein.
- Kommt eine Voice-over-IP-Telefonanlage (VoIP) zum Einsatz, ist unbedingt auf die Anwahl der richtigen Leitstelle zu achten.
Die Empfangsqualität für Mobiltelefone lässt sich mit zusätzlichen Antennen auf dem Werksgelände steigern.
Organisatorische Maßnahmen
Zuerst ist zu klären, ob Alleinarbeit überhaupt notwendig ist. Wenn nicht, ist die Ausgangslage automatisch sicherer.
In der Praxis kommt Alleinarbeit aber häufig vor. Unternehmer und Unternehmerinnen sollten dann unbedingt darauf achten, dass sie angemeldet ist und anwesende Personen informiert sind. Dies wird vor allem dann wichtig, wenn Werkschutz oder Wachdienst eine verunfallte Person lokalisieren müssen.
Außerdem sollten Firmen klären, ob Arbeiten bei einem längeren Stromausfall überhaupt sinnvoll sind. Wenn Arbeitsgeräten wie PC oder Laptops für längere Zeit der Strom fehlt oder das Netzwerk ausfällt, lassen sich Arbeiten nicht mehr vollständig erledigen. Daher sollte es für diesen Fall eine klare betriebliche Regelung geben, zum Beispiel Arbeiten einstellen und zum Sammelplatz gehen.
Nicht jeder weiß zudem, wie moderne VoIP-Telefone zu bedienen sind. Daher muss es verständliche Betriebsanweisungen geben. Mit regelmäßigen und wiederholenden Unterweisungen lässt sich das Wissen aller Beschäftigten auffrischen.
Smartphone nicht vergessen
Nicht immer wissen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie sie bei einem Notfall richtig mit einem Smartphone umgehen. Eine Einweisung kann Leben retten. Und was ist mit der Lokalisierung des Verunfallten? Dafür gibt es immer mehr Apps, die bei einem Notruf gleichzeitig Positionsdaten übermitteln. Auch diese sollten Anwenderinnen und Anwender vorher ausprobiert haben – damit es im Ernstfall schnell geht.
Maximilian Dunkel
→ info
- DGUV Unfallverhütungsvorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“: www.bgetem.de, Webcode: M18643515
- DGUV Information 212-139 „Notrufmöglichkeiten für alleinarbeitende Personen“: www.bgetem.de, Webcode M18332569
- DGUV Regel 112‑139 „Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen“: www.bgetem.de, Webcode M18855694
- Notrufaufkleber im Medienportal der BG ETEM bestellen: www.bgetem.de, Webcode M18326265
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