Entspannte Autofahrerin, die dem Betrachter aus dem Auto zuwinkt. Symbolbild: Daumen hoch
Entspannt, ausgeruht und aufmerksam – so sollten Autofahrende hinter dem Steuer sitzen.

Aggressionen im Straßenverkehr entspringen häufig Leistungs- oder Zeitdruck. „Die Verkehrsdichte hat zugenommen. Zudem haben wir auf den Straßen mittlerweile auch neue Arten der Verkehrsteilnahme wie etwa Pedelecs oder E-Scooter“, erklärt Sarah Langer, Referentin für Verkehrssicherheit bei der BG ETEM. Konfliktsituationen entstehen oft gar nicht aus vorsätzlichen Handlungen eines Gegenübers, sondern aufgrund fehlender Achtsamkeit. Navigationsgeräte, Handys, Essen, Trinken, das alles kann die Aufmerksamkeit vom Steuer ablenken. Besonders intensiv werden die kognitiven Kapazitäten durch starke Emotionen gebunden. In der Folge bleibt dann zu wenig Konzentration für den Straßenverkehr. Und im Falle starker negativer Emotionen sind Menschen im Konfliktfall viel schneller aufgebracht, als sie es bei einer neutraleren Stimmung wären. Hilfreich ist, sich in die Rolle des anderen zu versetzen. Anstatt sich auszumalen, warum das Gegenüber so böse agiert, gilt es, positiv zu bleiben. Welche Gründe könnte es dafür geben, dass diese Person sich so verhält, obwohl er oder sie mich gar nicht beeinträchtigen oder schädigen will?

Eigene Sichtweisen wechseln

„Interessant ist, dass man immer aus der eigenen Sicht heraus handelt, aus der Rolle, in der man sich gerade befindet“, erklärt die Expertin: „Wenn man gerade selbst ein Auto steuert, dann ärgert man sich über die Radfahrenden, und wenn man dann am nächsten Tag auf dem Radsattel sitzt, dann ärgert man sich über die Autofahrenden. Gerade deshalb sollte die eigene Perspektive im Kopf immer wieder gewechselt werden. So kann Verständnis für andere entstehen. Der erste Satz der Straßenverkehrsordnung bringt es deshalb ganz bewusst auf den Punkt: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“

Unfälle mit Folgen

2022 gab es in Deutschland laut DGUV 248 tödliche Unfälle auf dem Weg zur oder von der Arbeit nach Hause, sogenannte Wegeunfälle, und damit leider sogar mehr als in den beiden vorangegangenen Jahren. Auf Wegeunfälle haben Unternehmer oder Führungskräfte nur indirekten Einfluss. Im Bereich der dienstlichen Autofahrten können sie aber direkt etwas tun. Dies liegt im Interesse jedes Unternehmens. Denn nach einem Verkehrsunfall fallen die betroffenen Beschäftigten oft längere Zeit aus und fehlen als Arbeitskraft. Gerade kleinere Unternehmen mit dünner Personaldecke trifft das dann hart und kann sie dazu zwingen, Aufträge zu verschieben oder sie sogar absagen zu müssen. Für die Kolleginnen und Kollegen des oder der Verunfallten führt die Abwesenheit zu höherer Arbeitsbelastung.

Wütende Autofahrerin hinterm Steuer, die aus dem Seitenfenster heraus zu einem anderen Verkehrsteilnehmenden gestikuliert. Symbolbild: Daumen runter
Negative Emotionen binden Aufmerksamkeit und senken die Fahrtauglichkeit.

Nachteile vermeiden  

Welche Maßnahmen können hier helfen? Eine mögliche Stellschraube ist, den Zeitdruck zu reduzieren, um den Stress zu senken. Das könnte bei Kundenbesuchen etwa durch die Einführung von Zeitfenstern statt starrer Termine geschehen. Helfen kann aber auch, in der Tagesplanung einen Termin weniger zu setzen, um dadurch einen Zeitpuffer zu gewinnen. Das Gleiche gilt für flexible Arbeitszeiten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zeit­liche Freiheiten einräumen, die Stress reduzieren können. Führungskräfte sollten zudem mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Botschaften an die Beschäftigten kritisch prüfen. Langer: „Chefs sollten nicht damit prahlen, wie viele Termine sie am Tag hinbekommen haben oder dass sie irgendeine längere Strecke in irgendeiner bestimmten Zeit fahren konnten oder Ähnliches. Die Angestellten orientieren sich am Verhalten der Führungskräfte. Und wenn diese Kritisches vorleben, dann wird es schwierig.“

Richtiges Verhalten trainieren

Unternehmen können proaktiv Prävention betreiben. Die BG ETEM bietet Fahrsicherheitstrainings für Auto-, Motorrad- und Transporterfahrende an. Zudem gibt es im Rahmen der Aktionsmedien ein mobiles Zweiradtraining für Fahrrad-, Roller- und Motorradfahrende. Das Aktionsmobil Zweiradsicherheit können Unternehmen auch separat ausleihen. Ein Trainer präsentiert dann beispielsweise Sicherheitsausrüstung und Schutzbekleidungen für Menschen, die Rad, Motorrad oder Moped fahren. Zur Hilfe bei psychischen Belastungen bietet die BG ETEM eine App namens KurzPausen an, in denen kleine Anregungen für kurze Entspannungseinheiten gegeben werden.   

Christian Alt