Spielerisch sicher

"Da, guckt mal, der Kontakt ist gebrochen. Jetzt haben wir’s aber." Stimmt, die Spielenden haben die vier Gefahrenstellen an der präparierten Mehrfachsteckdose gefunden. Aufgabe gelöst. Es gibt Punkte. Markus Buchelt-Fürniß würfelt, zieht seine Spielfigur weiter, eine Aktion ist gefordert: „Lege einen Druckverband an.“ Nina Nölting stellt sich zur Verfügung und wird von Jonas Lang verarztet. Die Stimmung ist gut, die Wangen glühen, es wird angeregt diskutiert – obwohl alle das Spiel bereits kennen und es zum Teil sogar mitentwickelt haben. „Genau so soll es sein, wenn das Spiel zum Einsatz kommt“, erklärt Projektleiter Sukeevan Shanmugalingam. Das Spiel, das ist „Safety Academy“. Beim Energieversorger Eon kommt es an Standorten deutschlandweit bei Wiederholungsunterweisungen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zum Einsatz.

Die etwas andere Unterweisung

„Safety Academy“ ist eine Antwort auf die Frage, vor der viele Unternehmen stehen: „Wie gestalten wir unsere Unterweisungen so, dass die Beschäftigten gern teilnehmen und die vermittelten Inhalte auch langfristig hängenbleiben?“ Auch bei Eon mit ihren verschiedenen Tochtergesellschaften blieb in der Vergangenheit die Nachhaltigkeit der jährlichen Sicherheitsunterweisungen häufig auf der Strecke.

Bis sich ein kleines Projektteam im Jahr 2016 entschloss, eine spielerische Alternative statt Frontalunterricht zu wagen. Ende des Jahres war der Prototyp des Spiels entwickelt und wurde ausgerollt. Damals noch unter dem Dach von Innogy, welche nach einer Übernahme teilweise in Eon aufgegangen ist. Die Idee entwickelte sich zur Erfolgsgeschichte: 2018 gewann „Safety Academy“ den Präventionspreis der BG ETEM, 2019 den Deutschen Arbeitsschutzpreis. Aktuell wird das Spiel in verschiedenen Eon Gesellschaften genutzt und stetig weiterentwickelt, um die Änderungen in der Arbeitswelt zu berücksichtigen.

	170 FRAGEN	... aus 6 Themenbereichen in je 3 Schwierigkeitsstufen
	42 KOFFER	... sind aktuell im Bestand und kommen bei Schulungen und Teamevents zum Einsatz
	140 MAL	... war das Spiel im Jahr 2024 unterwegs beziehungsweise angefragt

Spielerische Unterweisung

Das Brettspiel richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und wird für Auffrischungsschulungen eingesetzt, nicht für Erstunterweisungen. Es verbindet analoge und digitale Elemente, fördert Interaktion und Dialog und macht Inhalte buchstäblich greifbar. Und: Statt nur zuzuhören, sollen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch selbst aktiv werden. In der Outdoorvariante mit großer Spielfläche sind Mitarbeitende sogar noch mehr in das Spiel integriert und mit allen Sinnen dabei. Das Konzept geht auf, intern wie extern: „Bisher haben einige Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Spiel gespielt und waren vom interaktiven Charakter begeistert“, berichtet Markus Buchelt-Fürniß. Mittlerweile kommt „Safety Academy“ auch bei Teamevents und anderen innerbetrieblichen Veranstaltungen zum Einsatz. Es gibt sogar Anfragen anderer Unternehmen, die das Spiel leihen oder adaptieren möchten.

„Alle sollen jeden Tag sicher und gesund nach Hause zurückkehren. Dieses Motto ist Bestandteil unserer Sicherheitskultur. Und ,Safety Academy‘ unterstützt uns dabei.“

Sukeevan Shanmugalingam
Projektleiter Safety Academy

So funktioniert’s

Im Spielablauf ähnelt „Safety Academy“ anderen bekannten Brettspielen: Die Spielenden bewegen in Teams von bis zu fünf Personen ihre Figur über das Spielbrett, wobei den Feldern bestimmte Themengebiete zugeordnet sind. Die Spielenden müssen sich untereinander auf eine Antwort verständigen, oft kommt es schon hier zu ersten Diskussionen – durchaus gewollt. 

„‚Siehst du, hab ich doch gesagt‘‚ hören wir öfter“, erzählt Nina Nölting mit einem Lachen. Der Fragenkatalog deckt in drei Schwierigkeitsstufen die Bereiche Bürosicherheit, Notfallmanagement und Dienstreisen ab, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ableiten. Hinzu kommen Gesundheit, Umwelt und Aktion. Aktuell sind 170 Fragen im Programm. „Die haben es durchaus in sich“, betont Jonas Lang. Der Fragenkatalog selbst liegt in einer Powerpoint­-Präsentation, sodass sich Inhalte leicht aktualisieren und etwa an eine geänderte Rechtslage anpassen lassen.

Apropos Rechtslage: Die BG ETEM erkennt „Safety Academy“ als vollwertige Wiederholungsunterweisung an, weil es Fragen zu allen relevanten Kategorien enthält, alle Spielenden alle Fragen und Antworten hören. Voraussetzung ist indes, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mindestens eineinhalb Stunden zusammen spielen. Somit gilt bei Eon für Verwaltungsunterweisungen die alte Fußballweisheit: Ein Spiel dauert 90 Minuten.

Stephan Kuhn