Entgeltmeldung: Markus Hellmann, Leiter Beitragsprüfung der BG ETEM, sitzt vor einer Wand mit Landschaftsfotografien. Er trägt einen dunklen Anzug und ein weißes Hemd, hat graue Haare und eine Brille.
Zur Person: Markus Hellmann ist Leiter Beitragsprüfung und Beratung in der Abteilung Mitglieder und Beitrag der BG ETEM.

Herr Hellmann, worum genau kümmert sich Ihre Abteilung?

Die Abteilung Mitglieder und Beitrag kümmert sich generell um das Kataster: also darum, Mitgliedsbetriebe ordentlich zu erfassen und die Mitgliedsakten zu führen. Sie erstellt die jährlichen Beitrags­rechnungen und stellt den Gefahrtarif auf, nach dem die Mitgliedsbetriebe veranlagt werden. Genauer gesagt, bereiten wir den Gefahrtarif für den Gefahrtarifausschuss vor. Dieser Ausschuss empfiehlt dann über den Vorstand der Vertreterversamm­lung, den vorgelegten Gefahrtarif zu beschließen.

Wozu gibt es den Außendienst?

Die Betriebe melden ihre Lohnsummen elektronisch an die Berufsgenossen­schaft. Auf dieser Basis werden die Beiträge berechnet. Der Gesetzgeber fordert, dass dies regel­mäßig überprüft wird. Das macht grundsätzlich die Deutsche Rentenver­sicherung für uns mit. Aber seit 2013 haben die Berufsgenossenschaften ein anlassbezogenes Prüfrecht erhalten: Wenn der Innendienst oder wenn wir als Außendienst an einer Lohnmeldung erkennen, dass sie möglicherweise falsch ist, prüfen wir diese vor der Rentenversi­cherung.

„Wir wollen Beitragsgerechtigkeit“
Markus Hellmann

Was haben die Mitgliedsbetriebe der BG von diesen Prüfungen?

Wenn ein Betrieb zu wenig Beitrag zahlt, weil er eine falsche Meldung abgibt, zahlen alle anderen Betriebe wegen des Umlageverfahrens ein klein wenig mehr, als sie eigentlich müssten. Wir wollen Beitragsgerechtigkeit dadurch erreichen, dass alle Betriebe den Beitrag zahlen, den sie zu zahlen haben.

Welche Indizien gibt es für eine mögli­cherweise falsche Lohnmeldung?

Extreme Abweichungen zum Vorjahr zum Beispiel. Oder der Klassiker: Ein Betrieb wechselt den Steuerbera­ter. Der alte Steuerberater gibt die Lohnmeldung für den von ihm betreuten Zeitraum nicht ab. Und der neue Steuerberater kann erst ab dem Zeitpunkt mel­den, an dem er das Mandat übernimmt. Dann bekommt die BG nur einen Teillohn­nachweis.

Es fällt auch auf, wenn ein Unternehmen eine untypische Lohnverteilung zwischen dem gewerblichen Bereich und der Bürogefahrtarifstelle meldet – zum Beispiel 50.000 Euro Entgelt für den gewerblich-technischen Bereich und 380.000 Euro für die Beschäftigten am Schreibtisch. Da der Beitrag im Büro deut­lich niedriger ist, zahlt das Unternehmen zunächst weniger. Es ist unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass die Lohnmeldun­gen auf die einzelnen Gefahrtarifstellen richtig verteilt sind.

Wenden sich Betriebe auch mal hilfe­suchend an Sie?

Die BG hat – wie gesagt – ein anlassbe­zogenes Prüfrecht. Die turnusmäßige Betriebsprüfung macht die Deutsche Rentenversicherung. Ein möglicher Anlass ist der Wunsch des Unternehmens. Eine Unternehmerin oder ein Unternehmer kommt mit der Zuordnung der Lohnsum­me, mit einem Programm oder mit einer Fusion von zwei Betriebsteilen nicht zurecht und hätte gern jemanden, der ihn oder sie unterstützen kann. Das ist einer der Gründe, warum die Ab­teilung Mitglieder und Beitrag dezentrale Beitragsprüfer unterhält. Zurzeit besteht unser Team für Beitragsprüfung aus acht Personen für ganz Deutschland.

Was sind typische Fragen der Unter­nehmerinnen und Unternehmer?

Vor allem die Frage nach der richtigen Veranlagung des Betriebes, zum Beispiel bei Neugründungen. Manche Betrie­be fühlen sich beim Gefahrtarif falsch veranlagt. Das hat Auswirkungen auf die Beitragshöhe. Dann wollen sie, dass sich jemand von der Berufsgenossenschaft von den Betriebsverhältnissen vor Ort ein Bild macht.

Was auch immer wieder vorkommt: Eine neue Buchhalterin sagt: Bevor ich hier Fehler meines Vorgängers übernehme, hole ich mir doch mal lieber jemanden von der Berufsgenossenschaft, der mir sagt, ob das bisher alles immer richtig gemacht worden ist. Das heißt, ob die Zuordnung der Beschäftigten zu den Gefahrenstellen aktuell korrekt ist.

Müssen Unternehmen nachzahlen, wenn sie Fehler gemacht haben?

Ja, weil der Beitrag damit richtiggestellt wird. Die Differenz wird nacherhoben. In einem Viertel der Fälle aber haben die Betriebe zu viel gezahlt. Dann wird natür­lich zurückerstattet. Es geht also jeweils darum, den Ist- und den Sollzustand miteinander zu vergleichen und daraus die Konsequenzen zu ziehen.

Verjähren falsche Lohnmeldungen irgendwann?

Ja, normalerweise nach vier Jahren. Je weiter eine Prüfung in die Vergangenheit zurückgeht, desto unschärfer wird das Ergebnis. Insofern gehen wir in der Praxis meistens nur zwei, maximal drei Jahre zurück.

Wie viele Betriebe besucht Ihr Team im Jahr?

Etwa 2.000 bis 2.400 Betriebe. Das sind im Schnitt zwei bis drei Betriebe pro Mit­arbeiterin beziehungsweise Mitarbeiter am Tag. Wobei es Unterschiede gibt. Bei einem kleinen Elektroinstallationsbetrieb mit zum Beispiel fünf bis acht Beschäf­tigten dauert die Prüfung in der Regel nicht länger als ein, zwei Stunden. Aber bei Großbetrieben mit 1.000 oder 2.000 Mitarbeitern braucht man mitunter einen oder vielleicht auch mehrere Tage.

An wen können Mitgliedsbetriebe sich wenden, wenn sie eine Frage zum BG-Beitrag haben?

Grundsätzlich an die Abteilung Mitglieder und Beitrag. Und man kann sich auch unmittelbar an das den Fall bearbeitende Team wenden. Die Kolleginnen und Kolle­gen im Innendienst entscheiden, ob sie diesen Betrieben vom Schreibtisch aus helfen können oder ob es sinnvoll ist, den Außendienst einzuschalten.

Welche Botschaft haben Sie für die Mitgliedsbetriebe?

Man sollte vor dieser Prüfung seitens der Betriebe keine Angst haben. Wir kommen oft in Firmen, wo man merkt, dass eine gewisse Unsicherheit im Raum ist. Und fast immer verabschiedet man sich mit einem Lächeln. Am Ende der Prüfung hört man dann: War ja gar nicht so schlimm. Ging schneller als erwartet. Habe ich mir viel schlimmer vorgestellt.

Wir versuchen wirklich, den Betrieben zu helfen. Unser Schwerpunkt liegt nicht allein auf dem materiellen Ergebnis. Wir sind auch dazu da, den Betrieben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben der BG gegen­über zu helfen. Also: keine Angst vor dem Prüfer oder der Prüferin.

 

Interview: Michael Krause