Die Abbildung zeigt einen schwarzweißen Schutzschuh.

Ein ESD-Schuh ist elektrostatisch ableitfähig und wirkt nicht isolierend

Im Bereich der Elektronikfertigung(ESD-Bereich) generell auch zur Vermeidung von Zündgefahren bei elektrostatischer Aufladung des Menschen ist ein besonders gut ableitfähiges Schuhwerk erforderlich. Hierdurch soll vermieden werden, dass es zu einer elektrostatischen Entladung zwischen Mensch und leitfähigem Material kommt. Der Grund: Es könnten Bauteile zerstört, Brände entfacht oder Schreckreaktionen ausgelöst werden.

Doch darf dieses spezielle Schuhwerk auch getragen werden, wenn elektrotechnische Instandhaltungsarbeiten oder Reparaturen an den elektrischen Anlagen im ESD-Bereich durchgeführt werden? Würde das Tragen des ESD-Schuhwerks die Ableitfähigkeit über den menschlichen Körper begünstigen? Bei elektrotechnischen Arbeiten ist aber darauf zu achten, dass kein Stromfluss über den menschlichen Körper erfolgt. Elektrofachkräfte sind häufig der Meinung, dass ein S3- oder S2-Sicherheitsschuh eine isolierende Wirkung habe und somit der ESD-Schuh bei diesen Arbeiten nicht getragen werden dürfte.

Stromwegabhängige Widerstände bei Körperdurchströmung

Kommt es zu einer Körperdurchströmung, hängt die Stromstärke von verschiedenen Einflussfaktoren ab z. B. der Berührungsspannung, dem Innenwiderstand des Menschen, der Impedanz des Schuhwerkes und dem Standortübergangswiderstand.

Schuhe stellen im Hinblick auf die elektrische Leitfähigkeit einen Widerstand zwischen Fuß und Boden dar. Je nach Größe des elektrischen Durchgangswiderstandes wird zwischen leitfähigen, antistatischen und elektrisch isolierenden Schuhen unterschieden. Unabhängig von dieser Einteilung gibt es besondere Anforderungen an ableitfähiges Schuhwerk und ESD gerechten Fußschutz. Bei der Verwendung eines solchen Schuhwerks dürfen keine weiteren Bestandteile zwischen der Innensohle des Schuhs und dem Fuß des Benutzers eingelegt werden. Socken oder Strümpfe beeinträchtigen die Schutzwirkungen der Schuhe erfahrungsgemäß nicht. Allerdings können veränderte Schuheinlagen den elektrischen Durchgangswiderstand von Schuhen beeinträchtigen. Daher dürfen für den Einsatz im ESD-Bereich grundsätzlich nur Einlagen verwendet werden, die im Zuge der Baumusterprüfung Prüfbestandteil waren. Auch der Bodenwiderstand beeinflusst die resultierende Stromstärke im Fall einer Körperdurchströmung. Spezielle Angaben zu Bodenwiderstandswerten können der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 727 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen, Anhang H, entnommen werden.

Besonders auffällig ist, dass der ESD-Schuh hinsichtlich der elektrischen Anforderungen ebenfalls die Anforderungen eines antistatischen Schuhs und die Anforderungen an ein elektrostatisch ableitfähiges Schuhwerk besitzt und nicht isolierend wirkt. Die Ableitfähigkeit muss unabhängig von der Eigenschaft der durchtrittsicheren Einlage (metallischer oder nichtmetallischer Durchtrittschutz) gesichert sein.

In der Praxis stellt man fest, dass ein S3-Schuh ohne ESD-Kennzeichnung die notwendige Ableitfähigkeit zum Einsatz im ESD-Bereich besitzen kann. Die Annahme, dass ein S2- oder S3-Schuh eine isolierende Eigenschaft hat, ist falsch. Muss man hieraus den Schluss ziehen, dass dann für elektrotechnische Arbeiten ein isolierender Schuh zu tragen ist? Die vorgenannten Betrachtungen erfolgten aufgrund der im Ersatzschaltbild Körperdurchströmung (siehe Abbildung unten) dargestellten idealen Arbeitshaltung des Mitarbeiters stehend. Bei einem Unfall mit Folge einer Körperdurchströmung würde der Stromweg im menschlichen Körper über Hand/Hände zu den Füßen verlaufen. Nur dann hat der Widerstand des Fußschutzes einen Einfluss auf die Stromstärke und kann bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen, z. B. isolierender Fußschutz, berücksichtigt werden.

Auf der linken Seite wird ein kleines Ersatzschaltbild Körperdurchströmung gezeigt. Auf der rechten Seite steht ein Arbeiter mit Schutzhelm und einem Werkzeugkasten und bedient ein Schalter an einem Generator.

Das Ersatzschaltbild Körperdurchströmung zeigt die ideale Arbeitshaltung eines Mitarbeiters

Leider entsprechen die Einbauhöhender Betriebsmittel oder die einzunehmende Arbeitshaltung selten der idealen Bedingung, die Arbeit stehend ausführen zu können. In der Regel kniet, hockt oder sitzt der Mitarbeiter. Dabei berührt er mit seinen Körperteilen Gegenstände der Umgebung oder Anlagenteile, sodass sich der Stromweg im menschlichen Körperverändert (Hand/Hände zu Gesäß oder Knie oder Arm etc.) und trotz eines isolierenden Fußschutzes eine Körperdurchströmung erfolgt.

Laut Vorschriftenwerk muss bei elektrotechnischen Arbeiten der erforderliche Isolationspegel sichergestellt werden, z. B. durch Einbringen festen Isolationsmaterials (VDE 0105-100, 6.1.1 Allgemeine Anforderungen). Insofern ist nicht nur der Standort des Mitarbeiters selbst im Rahmen der Betrachtung des Fußschutzes, sondern auch die Berührungsmöglichkeit der Umgebung vor Arbeitsbeginn zu beachten. Die alleinige Berücksichtigung der Isolierfähigkeit des getragenen Schuhs als Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist hier nicht ausreichend.

Fazit

Das isolierende Schutzkonzept für den jeweiligen Arbeitsauftrag ist in jedem Einzelfall neu festzulegen. Dieser Beitrag sollte verdeutlichen, dass der Fußschutz als Einzelkomponente kein wirksames Schutzkonzept bei Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln darstellt.

 

Sonja Boesen

Hier wird eine Tabelle gezeigt zum Thema "Elektrische Anforderungen an Fußschutz und Boden".

Schaubild Elektrische Anforderungen an Fußschutz und Boden