Ein Mann mit Bauhelm hält ein elektrisches Gerät vor sich in die Kamera.
Von einer seriennahen Version des Voltector hat der Verteilnetzbetreiber Westnetz bereits 250 Exemplare beschafft und allein im vergangenen Jahr 150 innerhalb des Westnetz-Einzugsgebiets eingebaut.

In Umspannanlagen gibt es häufig zahlreiche, einander sehr ähnlich aussehende Mittelspannungsschaltfelder. Ein Risiko, das bei bestimmten Situationen, trotz bewährter organisatorischer Maßnahmen wie den „5 Sicherheitsregeln“ (siehe „info“), zu Verwechslungen führte.

Mehrere gleich aussehende hellgrüne Technikschränke.
Öffnet eine Monteurin oder ein Monteur ein unter Spannung stehendes Mittelspannungsfeld, aktiviert der Voltector über einen Türkontakt die Auswerteeinheit.

Das Arbeiten in Schaltanlagen ist generell sicher, denn die einschlägigen Regelwerke schreiben entsprechende organisatorische Maßnahmen vor. Aber genau da liegt das Problem: Menschen machen Fehler.

Technischen Lösungen sind daher in jedem Fall Vorrang zu geben. Im Fall von Schaltanlagen können das mechanische Verriegelungen übernehmen oder auch Warnsysteme. Zu Letzterem entstand schon 2014 bei einem Berliner Verteilnetzbetreiber die grundsätzliche Idee – der „Spannungswarner“. Öffnet eine Monteurin oder ein Monteur ein unter Spannung stehendes Mittelspannungsschaltfeld, so erklingt ein schriller Ton der vor der drohenden Gefahr warnen soll. Die Erprobungen zeigten den Erfolg, der auch anlässlich der BG ETEM-Tagung in Rheinsberg mit einem Vortrag in die Öffentlichkeit getragen wurde.

Dies veranlasste den Strom- und Gas-Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH, die Idee in den eigenen Anlagen weiterzuentwickeln und umzusetzen. Anfang 2021 waren es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Fachbereichen des Unternehmens die sich dazu zusammensetzten. Entscheidend vorangetrieben wurde das Projekt von den Westnetz-Ingenieuren Kevin Brandelik und Patrick Golla. Gemeinsam wurde in zahlreichen Schritten der „Voltector“ geboren.

Nach den Vorstellungen der Projektgruppe, soll das akustische Warnsignal, das vor dem Zutritt zu den unter Spannung stehenden Anlagenteilen warnt, durch einen optischen Lichthinweis (z.B. rote LED-Leiste) ergänzt werden. In der Praxis funktioniert der Voltector so:

  • Sobald die Tür des Feldes geöffnet wird, aktiviert das Gerät über einen Türkontakt die Auswerteeinheit.
  • Oberhalb und unterhalb eines Leistungsschalters ist je ein Detektor angebracht, der die anliegende Spannung über das elektrische Feld erkennt. Registriert mindestens ein Detektor eine Spannung, wird Alarm ausgelöst.
  • Nach etwa acht Sekunden erlischt die akustische Warnung. Dann sind – unter Einhaltung bekannter Maßnahmen – auch Sichtkontrollen der unter Spannung stehenden aktiven Teile oder Betriebsmittel möglich.

Elektrischer Kasten steht in einem Technikschrank, eine rote Lichtleiste leuchtet.
Optisches Warnsignal: Ein Detektor erkennt die anliegende Spannung über das elektrische Feld und löst Alarm aus.

Nach der Umsetzung eines Prototyps auf dem Steckbrett nutzte das Unternehmen das positive Feedback von mehr als 100 Beschäftigten aus allen Fachbereichen, um das Warngerät weiter zu verbessern. Inzwischen liegt eine seriennahe Version vor, von der der Verteilnetzbetreiber bereits 250 Exemplare beschafft und allein im vergangenen Jahr 150 innerhalb des Westnetz-Einzugsgebiets eingebaut hat.

Nächstes Ziel: Die Entwicklung des Voltectors soll finalisiert und der Einbau erleichtert werden. Anschließend soll der Voltector in alle geeigneten Umspannanlagen des Unternehmensnetzes integriert werden. Andere Verteilnetzbetreiber können ebenfalls davon profitieren, denn derzeit befindet sich ein Prüfgrundsatz mit dem Titel „Spannungswarnsysteme für Mittelspannungs-Schaltanlagen“ bei der Prüf- und Zertifizierungsstelle Elektrotechnik im DGUV Test  in Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern von Schutz und Hilfsmitteln, möglichen Betreibern der Systeme sowie Experten des Sachgebietes Elektrotechnik und Feinmechanik des DGUV Fachbereichs ETEM in Erarbeitung.

Die Westnetz GmbH hat ihr Spannungswarnsystem zur Prämierung vorgestellt. Die BG ETEM hält den Einsatz von Spannungswarnsystemen in Mittelspannungsanlagen für sinnvoll und hat den Voltector der Westnetz GmbH mit dem 3. Platz bei ihrem Präventionspreis ausgezeichnet.

„Perspektivisch können allein bei Westnetz mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt von der Lösung profitieren“, erklärt Westnetz-Experte Daniel Hölker aus dem Bereich „Digitalisierung – Innovation – Technologie“. Aber auch alle insgesamt mehr als 6.000 Beschäftigten des Unternehmens sowie zahlreiche externe Kolleginnen und Kollegen aus Partnerfirmen kämen dank des Warngeräts indirekt in den Genuss einer technischen Schutzmaßnahme. Dennoch stellt Hölker klar: „Die fünf Sicherheitsregeln müssen auch nach Einführung des Voltectors unbedingt weiter eingehalten werden. Es handelt sich nur um ein zusätzliches System, das in unaufmerksamen Momenten helfen kann.“

 

Stefan Thissen