Warnschild vor Hochspannung, das sich auf nasser Oberfläche spiegelt

Stromunfälle bei Arbeiten unter Umgebungsbedingungen mit Feuchtigkeit oder Nässe – dazu in Verbindung mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit – ereignen sich zwar nicht oft, sind dafür aber häufig schwerwiegend. Das zeigen diese drei Beispiele:

Fall 1: In einem Hochbehälter, also einem großen Wasserspeicher, war der Boden neu betoniert worden. Zur Versorgung mit elektrischer Energie waren dazu ein Baustromverteiler installiert und die Steckdosenstromkreise vorschriftsmäßig durch eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung mit einem Bemessungsdifferenzstrom nicht größer als 30 mA (30-mA-RCD) geschützt. Die Arbeiten waren eigentlich schon beendet, der Baustromverteiler daher bereits abgebaut, als ein Monteur mit einem Winkelschleifer noch ein paar Grate entfernen wollte, die von der Verschalung herrührten. Über mehrere Verlängerungsleitungen holte er sich dazu Strom aus einer Steckdose im Vorraum des Hochbehälters. Der Steckdose war aber lediglich eine 500-mA-RCD vorgeschaltet, die keinen Personenschutz bietet. Der Mann erlitt eine tödliche Körperdurchströmung, als er auf dem noch feuchten Beton kniete und die Kupferdrähte berührte, die aus der Geräteanschlussleitung ragten. Kurz zuvor hatte er die Leitung mit dem rotierenden Werkzeug beschädigt.

Defektes Stromkabel mit Adern, an denen die Isolation beschädigt ist
Beschädigte Geräteanschlussleitung

Fall 2: Ein Monteur hatte den Auftrag, in einem Schachtbauwerk eine Abwasserleitung zu erneuern. Dazu sollte er die Stoßstellen der neu verlegten Leitung aus Polyethylen (PE) mit einem Heizwendelschweißgerät wasserdicht verbinden. Als Stromquelle für das Schweißgerät diente die nächste verfügbare Steckdose. Der Mann befand sich auf einer Alu-Leiter, die auf dem Schachtboden stand. Als er eine der beiden Schweißstromleitungen an der Heizwendel anschließen wollte, löste sich die Anschlussbuchse an der Leitung. Dadurch erlitt er eine Körperlängsdurchströmung und war bereits tot, als er auf dem Schachtboden aufschlug.

Fall 3: Bei der Erneuerung eines Wasserhausanschlusses musste die neue PE-Leitung mithilfe eines Heizwendelschweißgeräts an die vorhandene Leitung angeschlossen werden. Der Monteur des Wasserversorgers hatte vergessen, ein Stromerzeugungsaggregat mitzunehmen, sodass er die nächstbeste Außensteckdose benutzte, um dort seinen Leitungsroller („Kabeltrommel“) einzustecken. Der Tragegriff des Leitungsrollers war isoliert, das Trommelgehäuse aber aus Metall. Da aufgrund eines Fehlers in der Hausinstallation Spannung am Schutzleiter der Außensteckdose anlag, stand auch die Kabeltrommel unter Spannung. Dadurch erlitt der Monteur beim Anschließen des Schweißgeräts in der Baugrube eine Körperdurchströmung. Wiederbelebungsmaßnahmen erfolgten erst mit einiger Verzögerung, sodass der Mann anschließend bis zu seinem Tod dreizehn Jahre lang im Wachkoma lag.

Wie hätten sich diese Unfälle vermeiden lassen?

Drei Dinge sind zur Verhütung elektrischer Unfälle unerlässlich:

  1. Die Auswahl geeigneter Betriebsmittel: Sogenannte weiße Ware, also Geräte mit einer weißen PVC-Anschlussleitung, hat außerhalb von Büro- und Verwaltungsgebäuden nichts zu suchen. Sind elektrische Betriebsmittel dagegen mit schwarzen Gummischlauch-Anschlussleitungen versehen, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass sie für den Betrieb im Freien oder unter erschwerten Bedingungen geeignet sind, etwa bei Einwirkung von Nässe.
  2. Benutzerinnen und Benutzer müssen elektrische Betriebsmittel und insbesondere deren Geräteanschlussleitungen an jedem Arbeitstag per Sichtkontrolle auf augenfällige Beschädigungen überprüfen.
  3. Die Anwendung einer wirksamen Schutzmaßnahme, vor allem geeignete Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD): Bei den meisten Arbeiten mit elektrisch betriebenen Arbeitsmitteln handelt es sich um Bau- oder Montagearbeiten im Sinne der DGUV Information 203-006 „Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen“. Geforderte Schutzmaßnahme für ortsveränderliche elektrische Arbeitsmittel, die Strom aus Steckdosen beziehen, ist die bereits erwähnte 30-mA-RCD. Diese Schutzmaßnahme ist nicht nur bei Arbeiten im Freien, sondern auch immer bei der Verwendung ortsveränderlicher Betriebsmittel in Nassbereichen gefordert, etwa beim Einsatz von Hochdruckreinigern. Bei allen diesen Tätigkeiten ist die Umgebung, in der Beschäftigte arbeiten, mehr oder weniger elektrisch leitfähig. Zwar ist feuchtes Erdreich leitfähiger als trockenes und Metall leitet noch besser, aber eine Unterscheidung wäre nicht praktikabel. Deshalb wird bei Bau- und Montagearbeiten sowie bei Reinigungsarbeiten in Außen- und Nassbereichen grundsätzlich eine 30 mARCD gefordert

Reinigungsarbeiten in einem Wasserwerk mit Strahlwassereinwirkung auf elektrische Anschlussleitung und Betriebsmittel
Reinigungsarbeiten in einem Wasserwerk mit Strahlwassereinwirkung auf elektrische Anschlussleitung und Betriebsmittel.

Höherwertige elektrische Schutzmaßnahmen sind erforderlich, wenn zur leitfähigen Umgebung auch noch die Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Das bedeutet: Man hat mit der leitfähigen Umgebung großflächigen Körperkontakt und kann diesen nur eingeschränkt unterbrechen. Diese Bedingungen sind erfüllt bei räumlicher Enge oder bei arbeitsbedingter Zwangshaltung, die nicht unbedingt mit räumlicher Enge einhergehen muss. Anstelle der 30 mA-RCD sind in diesen Fällen nur zwei andere, noch höherwertigere Schutzmaßnahmen zulässig:

  1. Schutzkleinspannung: Spannung von weniger als 50-V-Wechsel- oder 120-V-Gleichspannung, umgesetzt in der Regel mittels Einsatz batteriebetriebener Geräte oder spezieller Transformatoren für Schutzkleinspannung, bevorzugt für Handleuchten oder Elektrowerkzeuge mit geringem Leistungsbedarf.
  2. Schutztrennung mit lediglich einem angeschlossenen elektrischen Verbrauchsmittel, umgesetzt durch einen Trenntransformator oder ein geeignetes Stromerzeugungsaggregat.

Für elektrisch betriebene Werkzeuge geringer bis mittlerer Leistung haben in den vergangenen Jahren netzunabhängige Geräte, etwa Akku-Handleuchten oder Akku-Bohrschrauber, weite Verbreitung gefunden. Werden höhere Leistungen benötigt, zum Beispiel für Pumpen, scheidet die Schutzkleinspannung aus: Geringere Spannung erfordert bei gleicher Leistung höheren Strom und damit größere Leiterquerschnitte.

Arbeiter, der Helm, Gehörschutz und Sicherheitshandschuhe trägt, bei Arbeiten mit dem Winkelschleifer in einem engen Rohrgraben
Enge oder Zwangshaltung bedeuten bei Arbeiten in leitfähiger Umgebung (hier: Rohrgraben) erhöhte elektrische Gefährdung.

Beim Einsatz von Trenntransformatoren bleibt die Spannung gleich (230 V), aber die in geerdeten Systemen erforderliche Erdverbindung wird aufgehoben: So entsteht im Falle eines Fehlers kein geschlossener Stromkreis über den menschlichen Körper, etwa bei einem Isolationsfehler an einer Anschlussleitung und gleichzeitiger Berührung durch den Benutzer oder die Benutzerin.

Sollen etwa bei einem nächtlichen Wasserrohrbruch mehrere elektrische Verbrauchsmittel wie Pumpe, Säge oder Leuchte zum Einsatz kommen, ist jedes dieser Betriebsmittel (sofern nicht batteriebetrieben) über einen eigenen Trenntransformator zu versorgen. Ein Trenntrafo mit einer Dreifachsteckdosenleiste dahinter ist nicht zulässig.

Innerhalb eigener betrieblicher Anlagen, also in einem Schwimmbad, einer Kläranlage oder einem Wasserwerk, sind in der Regel ortsfeste Elektroinstallationen mit Steckdosenstromkreisen vorhanden. Dort lässt sich ein Trenntransformator problemlos anschließen. Fehlt jedoch die Energiequelle Steckdose, ist als Anschlusspunkt für die Betriebsmittel ein Stromerzeugungsaggregat erforderlich. Die Generatorentwicklung ist erdpotenzialfrei, und die herausgeführte Klemme am Gehäuse oder Tragegestell mit dem Symbol „Schutzleiteranschluss“ dient lediglich der Realisierung eines Potenzialausgleichs, nicht aber einer Erdung der Spannungsquelle.

Teilansicht eines Stromerzeugers mit Fokus auf der Schutztrennung
Stromerzeuger mit Schutzmaßnahme Schutztrennung

Ein Verbrauchsmittel kann dann direkt am Stromerzeuger der Ausführung „A“ (siehe DGUV Information 203-032) angeschlossen werden. Wenn erhöhte elektrische Gefährdung vorliegt, also neben der leitfähigen Umgebung auch räumliche Enge oder Zwangshaltung, dürfen weitere Verbrauchsmittel nur hinter zwischengeschalteten Trenntransformatoren betrieben werden. Ohne erhöhte elektrische Gefährdung ist es auch zulässig, anstelle der Trenntrafos 30-mA-RCDs zwischenzuschalten. Zu empfehlen sind in diesem Fall alternativ Stromerzeuger der Ausführung „B“, wo die RCDs für die einzelnen Steckdosen schon eingebaut sind.

Hartmut Oelmann