Repetitive Tätigkeiten in Wäschereien bergen die Gefahr von Überbelastung und damit gesundheitliche Risiken.
Repetitive Tätigkeiten in Wäschereien bergen die Gefahr von Überbelastung und damit gesundheitliche Risiken.

Auch unser Muskel-Skelett-System will ab und zu mal „was Neues sehen“. Es wird krank, wenn es über einen längeren Zeitraum einseitig belastet wird – beispielsweise bei sich ständig wiederholenden (repetitiven) Tätigkeiten. Die sind häufig in Wäschereien zu finden, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine große Menge einzelner Wäschestücke in gleichbleibenden Bewegungsabläufen handhaben. Typisch ist dies an Mangel- und Faltarbeitsplätzen oder bei der Wäschesortierung. Zusätzlich müssen Beschäftigte hier ihre Arbeitsgeschwindigkeit oft an die vorgegebenen Laufgeschwindigkeiten der Maschinen anpassen, etwa bei Kleinteilemangeln. Auch wenn die Arbeit zunächst „leicht“ fällt und die Beschäftigten dabei nur wenig Kraft aufwenden müssen: mit der Zeit kann es zu einer Überbeanspruchung des Muskel-Skelett-Systems kommen. Betroffen sind meist kleinere Gruppen von Muskeln, Sehnen oder Gelenken des Hand-Arm-Systems, sodass Beschwerden an den oberen Extremitäten wie Fingern, Händen, Unter- und Oberarmen sowie Schultern entstehen. Besonders ohne wirksame Erholungspausen können diese Überbeanspruchungen dann zu klar abgrenzbaren Krankheitsbildern führen.

Die Gefährdungsbeurteilung muss Muskel-Skelett-Belastungen berücksichtigen

Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitsbedingungen in ihren Betrieben zu beurteilen und erforderliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen, damit ihre Beschäftigten gesund bleiben. Wäschereien können diese Gefährdungsbeurteilung beispielsweise mit der Software „Praxisgerechte Lösungen“ der BG ETEM oder mithilfe der verfügbaren Checklisten (siehe Info) erstellen. In diesem Zuge müssen auch Muskel-Skelett-Belastungen miterfasst werden.

Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten – je nachdem, welche Belastung vorliegt. In der betrieblichen Praxis eignet sich dafür neben der Checkliste zur DGUV Information 208-033 vor allem der Basis-Check der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (siehe Abbildung). Damit lässt sich orientierend beurteilen, ob an einem Arbeitsplatz generell eine erhöhte Muskel-Skelett-Belastung vorliegt und ob einfache Gestaltungsmaßnahmen (zum Beispiel Reduktion des Lastgewichts) ausreichen, um die Gefährdung zu minimieren.

Ausschnitt aus dem Basis-Check der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Ausschnitt aus dem Basis-Check der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Bei repetitiven manuellen Tätigkeiten können Verantwortliche die sogenannte Leitmerkmalmethode zur Erfassung von Muskel-Skelett-Belastungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nutzen: Hierbei werden die einzelnen Arbeitsschritte mit Körperhaltung und Kraftaufwendung erfasst, bewertet und mittels Ampelsystem in Risikobereiche eingestuft. Grün bedeutet: Eine körperliche Überbeanspruchung ist unwahrscheinlich. Bei Gelb und Rot sind Überbeanspruchungen möglich beziehungsweise wahrscheinlich. Somit lässt sich das Risiko einer körperlichen Überbeanspruchung beurteilen.

Bei der Anwendung dieser Methode auf einen typischen Mangelarbeitsplatz in Wäschereien ist Handlungsbedarf erkennbar: Bereits ohne große Kraftanstrengung werden hier bei dauerhafter Tätigkeit gelbe und rote Risikobereiche erreicht. Dies zeigen auch die ungünstigen Stellungen des Hand-Arm-Systems während der Arbeitstätigkeit (siehe Fotos).

Drei Bilder, die mithilfe roter Linien die ungünstige Haltung des Hand-Arm-Systems an einem Mangelarbeitsplatz zeigen
Dauerhafte Tätigkeiten sind auch ohne große Kraftanstrengung belastend für das Hand-Arm-System.

Ohne Belastungswechsel (zum Beispiel Rotation der Tätigkeiten) besteht also das Risiko einer körperlichen Überbeanspruchung. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Tätigkeit hingegen unter häufigen Belastungswechseln ausführen, sinkt das Risiko für eine Überbelastung.

Psychische Gesundheit und Arbeitsumfeld beachten

Bei der Entstehung von Muskel-Skelett-Erkrankungen wirken meist mehrere Faktoren zusammen. Betriebe sollten deshalb auch andere Belastungen, beispielsweise dauerhaftes Stehen, in die Gefährdungsbeurteilung von repetitiven manuellen Tätigkeiten aufnehmen. Denn Steharbeitsplätze sind ebenfalls oft in Wäschereien zu finden und stellen eine zusätzliche körperliche Belastung dar. Aus diesem Grund müssen Körperhaltung und -bewegung mit Bezug zu repetitiven manuellen Tätigkeiten ebenfalls beurteilt werden. Günstige Ausführungsbedingungen können die Belastung insgesamt senken, etwa gute Detailerkennbarkeit beim Ausrichten der Wäschestücke und gute klimatische Bedingungen.

Auch andere Faktoren haben Einfluss auf die Muskel-Skelett-Belastung. Psychische Belastungen, wie beispielsweise Stress, können die Entstehung von Muskel-Skelett-Erkrankungen begünstigen. Darum sollte nicht nur die Arbeitstätigkeit, sondern auch die Arbeitsumgebung, bei der Beurteilung der Belastungen mit einbezogen werden.

Arbeitsmedizinische Vorsorge muss den Beschäftigten bei erhöhtem Risiko angeboten werden

Die Beurteilung der Belastung bei repetitiven manuellen Tätigkeiten mittels Leitmerkmalmethode ist nicht nur für die Auswahl der passenden Schutzmaßnahmen nötig. Es leiten sich auch arbeitsmedizinische Maßnahmen daraus ab. Bei wesentlich erhöhter körperlicher Belastung (Risikobereich gelb und rot) müssen Unternehmen ihren Beschäftigten eine arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten. Bei geringerer Belastungshöhe (Risikobereich grün) können Beschäftigte eine Wunschvorsorge wahrnehmen.

Das ist zu tun

Je nachdem, wie hoch das Risiko einer Überbeanspruchung ist, müssen Betriebe Gegenmaßnahmen ergreifen. Hilfreich kann eine Abwechslung der Tätigkeit durch Arbeitsplatzrotation sein. Aber auch wirksame Erholungspausen sollten in den Arbeitstag integriert sein. Grundsätzlich ist eine ausgewogene Belastung über den Arbeitstag hinweg mit circa 60 Prozent Sitzen, circa 30 Prozent Stehen und circa 10 Prozent Gehen empfehlenswert. Da diese Aufteilung nicht immer realisierbar ist, können auch technische Hilfsmittel wie Stehhilfen und ergonomische Fußmatten zum Einsatz kommen, um die Belastung für die Beschäftigten zu senken. Hierbei gilt es aber, die Beschäftigten bei der passenden Auswahl miteinzubeziehen. Zusätzlich können die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt helfen, die Belastung der Beschäftigten zu erfassen und wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Weitere Unterstützung wird in der Seminardatenbank der BG ETEM angeboten, beispielsweise das Seminar „Gefährdungsbeurteilung Muskel-Skelett-Belastungen (MSB)“ (Veranstaltungs-Nr. 435), „Ergonomie – Grundlagen und Praxis“ (Veranstaltungs-Nr. 239) oder der Workshop „Denk an mich. Dein Rücken“ (Veranstaltungs-Nr. 249). Diese Veranstaltungen sind geeignet, für den bewussten Umgang mit repetitiven manuellen Tätigkeiten und anderen Muskel-Skelett-Belastungen zu sensibilisieren. 

Jan Schröder-Vorgrimler