10. Januar 2012: In einer großen Wäscherei in Augsburg kommt es zu einem schweren Brand, der einen Teil des Betriebs sowie etwa 40 Tonnen Wäsche beschädigt. Der verursachte Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Euro, ein Feuerwehrmann erleidet während der Löscharbeiten eine Rauchvergiftung. Auch im Herbst 2024 kommt es in kurzer Zeit in gleich zwei Wäschereien zu Großbränden. Die Beispiele verdeutlichen die erheblichen Brandrisiken, denen Wäschereibetriebe ausgesetzt sind.
Brände in Wäschereien treten immer wieder auf. Die Ursachen sind vielfältig: Sie reichen von technischen Defekten bis zu menschlichem Fehlverhalten. Ein besonders gefährliches und häufig unterschätztes Phänomen in Wäschereibetrieben ist die Selbstentzündung von Textilien, wie es auch beim Brand 2012 in Augsburg der Fall war. Laut einer Erhebung des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer machen Selbstentzündungen nur etwa zwei Prozent aller Brandursachen aus, doch in Wäschereien stellen sie ein signifikantes Risiko dar und treten deutlich häufiger auf.
Selbstentzündung von Textilien
Die Selbstentzündung von Textilien kann auftreten, wenn diese mit ungesättigten Fettsäuren, wie sie in hochwertigen pflanzlichen Ölen vorkommen, in Kontakt geraten. Diese Fettsäuren, die häufig in Küchen- und Kosmetikprodukten enthalten sind, unterliegen einer exothermen Reaktion. Während dieser Reaktion werden chemischen Doppelbindungen aufgebrochen, um Verbindungen mit neuen Reaktionspartnern einzugehen. Dabei wird Wärme freigesetzt. Zusätzlich wird dieser Prozess durch höhere Temperaturen beschleunigt. Solche hohen Temperaturen können während des Trocknens oder Mangelns von Textilien erreicht werden. In Kombination mit der isolierenden Lagerung der Textilien zum Beispiel in dicht gepackten Stapeln, kann die entstehende Reaktionswärme nicht entweichen. Dies kann zu einer Erhöhung der Temperatur und letztlich zur Selbstentzündung führen. Laboruntersuchungen zeigen, dass die kritische Selbstentzündungstemperatur, ausgehend von einer Starttemperatur von 75 Grad Celsius, bereits nach etwa 80 Minuten erreicht werden kann.
Im Gespräch erklärt Ondrej Kromer von Greif Mietwäsche, wie Wäschereien umfassende Brandschutzmaßnahmen und Strategien speziell zur Vermeidung von Selbstentzündungen umsetzen.
BG ETEM: Herr Kromer, was genau sind Ihre Aufgaben bei Greif Mietwäsche?
Ondrej Kromer: Meine Verantwortung als Sicherheitsbeauftragter und Brandschutzbeauftragter erstreckt sich über alle Standorte. Dabei koordiniere ich die Maßnahmen vor Ort, führe standortübergreifende Konzepte zur Verbesserung der Arbeitssicherheit ein und schule unsere Mitarbeitenden. Ich habe eine Ausbildung zum Sicherheitsbeauftragten und eine spezialisierte Brandschutzausbildung beim TÜV absolviert. Zudem habe ich Schulungen der BG ETEM zu spezifischen Themen besucht, beispielsweise zum Umgang mit Akkus und Speichermedien. Außerdem bin ich privat bei der Freiwilligen Feuerwehr tätig.
BG ETEM: Gab es einen Brandfall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ondrej Kromer: Ja, kürzlich kam es an unserem Standort in Berlin zu einem Brand, der durch die Selbstentzündung öliger Putzlappen in einem Mülleimer ausgelöst wurde. Dank der vorhandenen Brandschutztüren und der Sprinkleranlage konnte der Brand schnell eingedämmt werden. Obwohl es sich nur um einen kleinen, lokalen Brand handelte, entstand durch Verrußung, Reinigungsaufwand und Löschmaßnahmen ein erheblicher Schaden im mittleren fünfstelligen Bereich. Übrigens ist unser Standort in Berlin der einzige Betrieb, der über eine flächendeckende Sprinkleranlage verfügt. In Wäschereien gestaltet sich die Nachrüstung mit Sprinklern problematisch, da der Wäschetransport mit Trolleybahnen unter der Decke verläuft. Im Brandfall wird das Löschwasser von der Wäsche aufgesaugt; die Statik des Gebäudes und insbesondere des Daches muss für diese erhebliche zusätzliche Belastung ausgelegt sein.
BG ETEM: Ein weiterer Vorfall in einem Ihrer Betriebe ereignete sich im Jahr 2012. Auch wenn Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Verantwortung trugen, könnten Sie die Ursachen dieses Brandes erläutern?
Ondrej Kromer: Dieser Brand ist einer der Hauptgründe, warum Brandschutz in unserem Unternehmen als ein so wichtiges Thema angesehen wird. Auslöser damals war ebenfalls die Selbstentzündung eines Wäschesacks. Das Feuer brach nach Schichtende aus, es waren also glücklicherweise keine Mitarbeitenden anwesend. Ein Feuerwehrmann erlitt bei den Löscharbeiten leichte Verletzungen. Als die Feuerwehr eintraf, hatte sich das Feuer bereits in der Halle ausgebreitet, und am Ende waren über 60 Feuerwehrleute nötig, um den Brand zu löschen. Wir mussten die Halle daraufhin langfristig und kostenintensiv renovieren. Währenddessen haben wir unsere Wäsche auf andere Standorte verteilt, um die Aufträge weiter zu erfüllen. Bei Unternehmen denen sich diese Möglichkeit nicht bietet, kann ein Brand existenzbedrohend sein. Auch wenn der Brandschaden durch die Versicherung abgedeckt wird, steht man nach dem Wiederaufbau oft vor leeren Auftragsbüchern.
BG ETEM: Welche Maßnahmen haben Sie im Unternehmen etabliert, um solche Vorfälle künftig zu verhindern?
Ondrej Kromer: Wir nutzen zum Beispiel Wärmebildkameras, um unseren Produktionsablauf zu analysieren. Die erlauben es uns, die Hitzeentwicklung in unseren Prozessen genau zu überwachen und besonders gefährdete Wäsche im Auge zu behalten. In der Analyse haben wir festgestellt, dass einige Prozesse dringend einen Kühlstopp erfordern, um die Wäsche vor der Lagerung auf etwa 40 Grad Celsius herunterzukühlen. Seitdem wir diese Maßnahme eingeführt haben, kam es zu keinen weiteren Selbstentzündungen nach dem Trocknen.
Am Ende jeder Schicht überprüfen zwei Beschäftigte, ob die Brandschutztüren in den Hallen geschlossen sind und die Trockner geleert und abgeschaltet wurden. Zusätzlich haben wir die Trockner mit integrierten Sprinkleranlagen nachgerüstet. Dieses Vier-Augen-Prinzip wenden wir auch beim Umgang mit Chemikalien an: Bei der Anlieferung, dem internen Transport und dem Anschluss von IBC-Containern sind stets zwei Kollegen anwesend.
Darüber hinaus klassifizieren wir die Wäsche in verschiedene Risikoklassen. Besonders riskant ist Wäsche aus Wellness- und Gastronomiebereichen, wie Frotteehandtücher, Laken oder Reinigungstücher. Diese enthalten oft Reste ungesättigter Fette, die sich schwer vollständig auswaschen lassen. Deshalb fordern wir von unseren Kunden, dass beispielsweise Massagehandtücher entsprechend gekennzeichnet sind. In diesen Fällen setzen wir spezielle Waschvorgänge und Waschmittel ein. Durch die separate Sortierung und gründliche Abkühlung der Wäsche minimieren wir das Risiko einer Selbstentzündung.
BG ETEM: Wie bewerten Sie die Schulung der Mitarbeitenden im Zusammenhang mit dem Brandschutz?
Ondrej Kromer: Meine Kolleginnen und Kollegen und ich versuchen, einen Großteil unserer Beschäftigten intern weiterzubilden und ihnen die notwendigen Informationen und das Vertrauen für den Ernstfall zu vermitteln. Sie sollen im Notfall ruhig, besonnen und strukturiert handeln, da die ersten sechs Minuten bei einem Wäschereibrand entscheidend sind – sie können den Unterschied zwischen einem glimpflichen Ausgang und einem erheblichen Sachschaden ausmachen. Bisher haben schon 450 unserer 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Schulungen teilgenommen, darunter auch an Übungen mit einem Feuerlöscher-Simulator. Essenziell ist für mich, dass der Brandschutz nicht nur organisatorisch im Unternehmen verankert ist, sondern auch gelebt wird. Das gelingt nur, wenn ein möglichst großer Teil der Belegschaft daran beteiligt ist.
BG ETEM: Wie unterstützt die BG ETEM Sie dabei ?
Ondrej Kromer: Das Schulungsangebot der BG ETEM ist sehr umfassend und behandelt zahlreiche Aspekte des Brandschutzes – von den Grundlagen zur Entwicklung eines Notfallplans bis hin zu spezifischen Themen wie dem Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten, Gasen oder Energiespeichern. Dies ist für uns von großem Nutzen. Ich habe einige der Seminare besucht, die mir persönlich sowie bei der Schulung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr geholfen haben. Besonders wertvoll ist der Austausch mit Kollegen aus verschiedenen Industriefeldern sowie die Informationen über neue Verfahren und Möglichkeiten, die in den Seminaren vorgestellt werden. Zudem ist hervorzuheben, dass die BG ETEM für Mitgliedsunternehmen die Kosten für diese Schulungen übernimmt.
BG ETEM: Welche technischen Ausstattungen und Sicherheitskonzepte haben Sie in Ihren Wäschereien im Einsatz?
Ondrej Kromer: Da ist erstmal unser Brandschutzkonzept mit Brandabschnitten, Brandschutztüren, Rauchmeldern und teilweise Sprinkleranlagen. Die Brandmeldeanlage ist direkt mit der Feuerwehr verbunden, was schnelle Reaktionszeiten ermöglicht.
In allen unseren Standorten haben wir eine große Anzahl an Feuerlöschern installiert, sodass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese jederzeit in kürzester Zeit erreichen können. Die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A 2.2 legen wir hierbei im Sinne des Brandschutzes großzügig aus. Wir verwenden hauptsächlich Schaumlöscher, da sie geringere Löschschäden verursachen als Pulverlöscher. In Bereichen, die Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, setzen wir jedoch auch ABC-Löscher ein, da Schaumlöscher im Winter einfrieren können. Alle Löschgeräte werden selbstverständlich regelmäßig gewartet und überprüft. An allen Standorten, einschließlich unserer Außenlager, führen wir zudem jährlich vier Sicherheitsprüfungen und ein Audit durch. Dies ist auch Teil unserer Strategie zur Vereinheitlichung der Sicherheitskonzepte an allen Standorten.
Wäsche, die nach einer Schicht noch heiß aus dem Trockner kommt und nicht weiterverarbeitet wird, legen wir in separate Aluminiumbehälter. Diese Behälter lagern wir, außer an Silvester, über Nacht in einem überdachten Außenbereich. So kann die Wäsche abkühlen, und im Falle einer Entzündung wird der Rest der Wäscherei nicht gefährdet. Ähnlich verfahren wir mit Akkus, etwa für elektrische Ziehhilfen und Handscanner. Diese laden wir in speziellen Sicherheitsschränken mit Löschvorrichtung, die bei Überhitzung mit Aerosol geflutet werden und so mögliche Brände im Schrank ersticken. Danach können diese Schränke direkt mit einem Gabelstapler oder Hubwagen herausgefahren werden.
BG ETEM: Arbeiten Sie im Brandschutz auch mit externen Partnern zusammen?
Ondrej Kromer: Wir stehen in engem Austausch mit unserer Versicherung und holen uns dort Ratschläge zu Neuanschaffungen oder Umbauten ein. Mit den lokalen Feuerwehren führen wir zudem gemeinsame Übungen durch, organisieren Begehungen und besprechen ihre Verbesserungsvorschläge. Was vielleicht einige überrascht: Beim Thema Brandschutz haben wir keine Scheu, uns mit den Wettbewerbern auszutauschen und unsere Erkenntnisse zu teilen. So können wir die Gefährdung nicht nur in unserem eigenen Unternehmen, sondern in der gesamten Branche reduzieren.
BG ETEM: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen im Bereich Brandschutz für Wäschereien?
Ondrej Kromer: Eine große Herausforderung besteht derzeit darin, geeignete Versicherer für neue Standorte zu finden: Die Prämien sind aufgrund der spezifischen Brandschutzproblematik sehr hoch, da sich Brandereignisse in der Branche in den Kosten für den Versicherungsschutz niederschlagen. Zudem ist es eine Herausforderung, die oft älteren Gebäude und Maschinenparks möglichst optimal zu modernisieren. Grundsätzlich glaube ich jedoch, dass die Branche auf einem guten Weg ist, diese Probleme zu meistern und unsere Betriebe noch sicherer zu machen.
BG ETEM: Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellte Oskar Behr
→ info
- Seminardatenbank (Suchmasken-Stichwort „Brandschutz“): www.bgetem.de, Webcode21788705
- Broschüre „Brandschutz in Wäschereien“: medien.bgetem.de, Webcode M19198597
- „Vorbeugender Brandschutz und Verhalten im Brandfall“: medien.bgetem.de, Webcode M18368827
- „Aus Unfällen lernen: Wäsche brandgefährlich“: www.bgetem.de, Webcode 14248956
- „Betrieblicher Brandschutz in der Praxis“ (DGUV Information 205-001): publikationen.dguv.de, Webcode p205001
- „Brandschutzhelfer – Ausbildung und Befähigung“ (DGUV Information 205-023): publikationen.dguv.de, Webcode p205023
- „Aufgaben, Qualifikation, Ausbildung und Bestellung von Brandschutzbeauftragten“ (DGUV Information 205-003): publikationen.dguv.de, Webcode p205003
- „Vermeidung von Textilbränden durch Selbstentzündung fettverschmutzter Textilien“, publikationen.dguv.de, Webcode p021356
- Arbeitsstättenregel ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“, www.baua.de
- Arbeitsstättenregel ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“, www.baua.de
- Arbeitsstättenregel ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“, www.baua.de
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