EX-RL Beispielsammlung Wasserstoff, Rohrleitung Überland.

Rohrleitung zur Einspeisung von Wasserstoff in ein Erdgasnetz. Ein wesentliches Schutzziel für diese Rohrleitung ist deren Dichtheit. (Bildquelle: Gasunie Deutschland Transport Services GmbH)

Um die gesetzlich vorgegebenen Klimaziele zu erreichen, ist eine kontinuierliche Reduzierung des beim Energieverbrauch entstehenden CO2-Ausstoßes ausschlaggebend. Wasserstoff nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Er lässt sich durch Elektrolyse mithilfe von Strom erzeugen. Wird hierfür ausschließlich „grüner“ Strom – also solcher aus erneuerbaren Energien – genutzt, fällt dabei kein CO2 an. Der erzeugte Wasserstoff kann z. B. in nachgelagerte Erdgasnetze eingespeist werden.

Die Einspeisung erfolgt über sogenannte Wasserstoff-Einspeiseanlagen. Hierzu wurde das Arbeitsblatt G 265-3 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) aktualisiert. Es beschreibt Anforderungen an Planung, Fertigung, Errichtung, Prüfung, Inbetriebnahme und Betrieb.

EX-RL Beispielsammlung: Einspeiseanlage für Wasserstoff.

Gas-Verdichter für Wasserstoff einer Einspeiseanlage in einem Raum. Der Betreiber muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung für diesen Raum die Explosionsgefährdungen bewerten. Die im Beitrag vorgestellte Tabelle gibt ihm hierbei eine Hilfestellung. (Bildquelle: Gasunie Deutschland Transport Services GmbH)

Für diese Anlagen haben Berufsgenossenschaften und der DVGW eine EX-RL-Beispieltabelle erarbeitet, die dem jeweiligen Betreiber eine Hilfestellung für die Zoneneinteilung seiner Anlage bietet. Die Tabelle wird in den Explosionsschutz-Regeln (EX-RL) – DGUV Regel 113-001 – unter Punkt 4.2.5 „Anlagen für die Einspeisung von Wasserstoff in Gasversorgungsnetze“ eingestellt. Einen ersten Eindruck der Tabelle vermittelt der Ausschnitt, der in diesem Beitrag etwas weiter unten dargestellt ist (zur vollständigen Tabelle: siehe „info“). Die Tabelle wird textgleich in den Anhang A von DVGW G 265-3 übernommen.

Aufbau, Inhalt und Anwendung

In der Tabelle enthalten sind zahlreiche Beispiele für Zoneneinteilungen. Die Zoneneinteilung bildet eine wichtige Basis für das Explosionsschutzkonzept der Anlage, das u. a. auf technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen basiert. Die festgelegten Schutzmaßnahmen müssen im Explosionsschutzdokument festgehalten werden.

EX-RL Beispielsammlung Wasserstoff-Einspeisung Außenansicht.

Zugang zum Maschinenraum einer Wasserstoffeinspeiseanlage. Sofern für diesen Raum eine EX-Zone festgelegt wurde, ergeben sich daraus technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zum Explosionsschutz. (Bildquelle: Gasunie Deutschland Transport Services GmbH)

Die Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen ist insbesondere ein bewährtes Mittel, um die Anforderungen an die Zündquellenvermeidung festzulegen. Bei der Zoneneinteilung handelt es sich nicht um eine zusätzliche Verpflichtung. Vielmehr erleichtert sie Unternehmerinnen und Unternehmern die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung für die anderen in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) enthaltenen Gefährdungen.

Für die Tabelle wurde eine Untergliederung nach Anlagenkomponenten zugrunde gelegt, wo jeweils Beispiele für Zonen in Abhängigkeit verschiedener Randbedingungen aufgeführt sind:

  • Gas-Verdichter in Räumen und im Freien
  • Mess- und Regelanlage im Gebäude
  • Rohrleitungen zwischen Wasserstoff-Einspeiseanlage und Anschluss- bzw. Mischstation/-stelle
  • Innerhalb der Apparate/Rohrleitungen
  • Umgebung Apparate/Rohrleitungen in Räumen und im Freien
  • Anschluss- bzw. Mischstation/-stelle (untergebracht im Raum/Schrank, im Freien, im Erdreich)
  • Abblaseleitungen

Aufbau der Tabellenform zur Darstellung der Fallbeispiele (lt. DGUV-Regel 113-001):

Nr.

Beispiel

Merkmale/Bemerkungen/ Voraussetzungen/Hinweise

Schutz­maß­nahmen nach TRGS 722

Festlegung der Zonen zur Zünd­quellen­­ver­mei­dung nach TRGS 723

Schutz­maß­nahmen nach TRGS 724

(Sp. 1)

(Sp. 2)

(Sp. 3)

(Sp. 4)

(Sp. 5)

(Sp. 6)

4.2.5

Anlagen für die Einspei­sung von Wasser­stoff in Gas­versor­gungs­netze

Wasserstoff gemäß DVGW G 260 (Ausgabe 2020, Gruppe A und D) Folgende Anlagen­kompo­nenten können in der Wasser­stoff­einspeise­anlage gemäß G 265-3 vorhanden sein: Gas-Verdichter, GDRM-Anlagen, Rohrleitungen, Einspeise­stelle. Entlüf­tungs­öffnungen in Räumen sind an höchster Stelle anzu­ord­nen, um Gas­ansamm­lungen im Decken­bereich zu ver­mei­den. Größe der Be- und Ent­lüftungs­öffnungen jeweils 0,5 % der Grund­fläche des Raumes, sofern keine technische Lüftung (mindestens 3-facher Raumluft­wechsel pro Stunde) vorgese­hen ist.

4.2.5.1

Gas-Verdichter

Gas-Verdichter für Wasserstoff gemäß DVGW G 265-3

4.2.5.1.1

Verdichter in Räumen

  1. Verdich­ter auf Dauer tech­nisch dicht (z. B. mit magne­tisch ge­koppel­tem dich­tungs­losen Antrieb, doppelt wir­ken­de Gleit­ring­dich­tung und Funk­tions­über­wachung oder Dicht­sys­tem mit Spü­lung ins Freie und Dicht­heits­überwa­chung) sowie ge­eig­nete Maß­nah­men zur Ver­hin­derung der Schwin­gungs­übertra­gung. Rest­liche An­lagen­teile sind technisch dicht.

3.1
4.5.3
4.6.2

Zone 2: gR

keine

Erläuterung der Spaltenaufteilung

Liegen Anlagekomponenten wie in Spalte 2 vor, können in Spalte 3 genannte unterschied­liche apparative oder prozess­bedingte Voraus­setzungen oder Merkmale bzw. Bemer­kungen auftreten [a), b), c)]. Unter diesen Punkten ist vermerkt, inwieweit eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre (g.e.A.) zu erwar­ten ist.

In Spalte 4 wird aufgeführt, ob in der Anlage Schutzmaßnahmen nach TRGS 722 (Ver­mei­dung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Gemische) ange­wen­det werden.

Die Zonen­aus­dehnungen werden in der Spalte 5 angegeben. Mögliche Ab­weichun­gen sind besonders erwähnt.

Lassen sich eine g.e.A. und Zündquellen ent­sprechend der jeweiligen Zone nicht vermeiden, sind Schutz­maß­nahmen nach TRGS 724 (Konstruktiver Explosionsschutz) erforderlich und in Spalte 6 vermerkt.

Alle Schutz­maß­nahmen sind gleich­wertig und auch kombiniert anwend­bar. Maß­nahmen zur Vermei­dung oder Ein­schrän­kung von g.e.A. sollten aller­dings nach Möglich­keit den Vorzug vor Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung erhalten. Werden erforderliche Explosions­schutz­maß­nahmen ganz oder in Teilen durch Mess-, Steuer- und Regeleinrichtungen (MSR-Einrichtungen) umgesetzt, muss die Zuver­lässig­keit der MSR-Einrichtung entsprechend der TRGS 725 überprüft werden.

Für die Ausdehnung der Zone an Mündungen von Abblase-, Atmungs- und Entspannungs­leitungen ist eine Einzelfall­betrachtung not­wendig (z. B. Freistrahlmodell). Eine Anwendung des DVGW Merkblattes G 442 in der heutigen Fassung ist für Wasser­stoff nicht möglich.

Treten bei Instand­setzungs­arbeiten Explosionsgefährdungen auf, sind diese bei der Gefährdungsbeurteilung gesondert zu bewerten. In diesem Fall sind Schutzmaßnahmen nach TRBS 1112 Teil 1 notwendig. Eine Zonen­einteilung ist dafür nicht erforderlich. Die DGUV Information 203 – 092 „Arbeits­sicherheit beim Betrieb von Gasanlagen – Handlungs­hilfe zur Erstellung der Gefährdungs­beurteilung“ beschreibt hierfür beispiel­hafte Schutz­maß­nahmen.

 

Dr. Albert Seemann