Krebserzeugende Inhaltsstoffe in der Vergangenheit
In der Vergangenheit war nicht auszuschließen, dass sich aus den Inhaltsstoffen der Korrosionsinhibitoren krebserzeugende N-Nitrosamine bilden. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ab Anfang der 2000er-Jahre haben die Hersteller reagiert und die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe angepasst. Einer Untersuchung durch das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) von 2003 zu N-Nitrosaminen in Korrosionsschutzfolien und ‑papieren zufolge wurden überwiegend nur noch schwerflüchtige Amine und Polyamine eingesetzt.
Die BG ETEM hat im Jahr 2018 verschiedene VCI-Produkte untersuchen lassen. Dabei wurden weder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) noch aromatische Amine nachgewiesen. Nach heutigem Kenntnisstand besteht somit mit Blick auf eine mögliche krebserzeugende Wirkung kein weiterer Handlungsbedarf. Trotzdem sind bei der Verwendung von VCI-Materialien einige grundlegende Schutzmaßnahmen vom Anwender einzuhalten bzw. zu beachten.
Störende Geruchsentwicklung
Immer wieder berichten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Unternehmen von einer unangenehmen Geruchsentwicklung bei der Verwendung von VCI-Materialien. Dies ist u. a. auf die in der Regel verwendeten Amine zurückzuführen.
Eine Geruchswahrnehmung deutet aber nicht zwangsweise auf eine mögliche gesundheitliche Gefährdung hin. In der Tabelle (unten) sind typische Amine mit ihren jeweiligen Geruchsschwellen und zugehörigen Arbeitsplatzgrenzwerten (AGW) aufgeführt. Sie zeigt: Eine Geruchswahrnehmung ist bereits weit unterhalb der AGW möglich, ohne dass eine unmittelbare Gesundheitsgefahr besteht.
Stoffgruppe |
Substanz |
Geruchsschwelle (mg·m−3 Luft) |
Geruchseindruck |
AGW (mg·m−3 Luft) |
Amine
|
Dibutylamin
|
0,0193
|
fischig
|
29,0
|
Amine
|
Diisopropylamin
|
0,0042
|
fischig
|
---
|
Amine
|
Dimethylamin
|
0,0570
|
fischig, faulig
|
3,7
|
Amine
|
Ethylamin
|
1,0000
|
nach Ammoniak
|
9,4
|
Amine
|
Methylamin
|
0,0253
|
fischig, faulig
|
6,4
|
Amine
|
Triethylamin
|
0,0960
|
fischig, nach Ammoniak
|
4,9
|
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und der Arbeitsplatzgestaltung muss der Unternehmer oder die Unternehmerin eine mögliche belästigende Geruchsentwicklung berücksichtigen und evtl. Maßnahmen einleiten (z. B. VCI-Materialien mit wenig bis keiner Geruchsentwicklung verwenden).
Hand- und Hautschutzmaßnahmen umsetzen
Grundsätzlich können Produkte, die verpackt werden müssen, mit Resten von Kühlschmierstoffen, Stanzölen, Ziehölen o. Ä. sowie deren Zusatzstoffen wie z. B. Korrosionsinhibitoren, Schaumverhinderer, Konservierungsmittel verunreinigt sein. Diese anhaftenden Stoffe können unter Umständen fettlösliche Substanzen aus der Folie lösen und auf die Produktoberfläche übertragen. Dadurch ist ein Hautkontakt zu den fertigungsbedingten Verunreinigungen sowie den gelösten Substanzen z. B. beim Ver- und Entpacken als auch bei der Weiterverarbeitung der Produkte möglich.
Damit es nicht zu einer unbeabsichtigten Aufnahme solcher Stoffe über die Haut („dermale Aufnahme“) kommt, muss der Hautkontakt gegenüber dem Korrosionsschutzmittel bzw. dem VCI‑Verpackungsmaterial durch technische Maßnahmen auf das unvermeidliche Maß minimiert werden. Insbesondere müssen Anwender die entsprechenden Herstellerhinweise zur bestimmungsgemäßen Verwendung beachten. Diese fordern in ihren Sicherheitsdatenblättern dazu auf, ausschließlich gereinigte sowie saubere Produkte zu verpacken.
Sollten betriebsbedingt Produkte verpackt werden müssen, die mit Anhaftungen durch den Herstellungsprozess verunreinigt sind, müssen die Herstellerangaben der VCI-Produkte im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Unter Umständen müssen darüber hinaus weitere Informationen beim Hersteller eingeholt werden.
Lässt sich Hautkontakt nicht ausschließen, müssen die mit solchen Produkten konfrontierten Beschäftigten geeignete Schutzhandschuhe tragen, die einen Schutz vor dem Korrosionsschutzmittel gewährleisten. Hinweise dazu sind den Sicherheitsdatenblättern zu entnehmen.
Zusammenfassung
Nach heutigem Stand ist durch Rezepturänderungen der Hersteller seit vielen Jahren sichergestellt, dass auf sekundäre Amine als Aminkomponente gänzlich verzichtet wird und damit eine N‑Nitrosaminbildung nicht mehr möglich ist. Hersteller verwenden überwiegend reaktionsträgere und schwerflüchtige Amine und Polyamine.
Werden VCI-Produkte verwendet, müssen Unternehmen folgende zentrale Schutzmaßnahmen umsetzen:
- VCI-Produkte sind entsprechend der Vorgaben der Hersteller bestimmungsgemäß zu verwenden, d. h. es sind ausschließlich saubere Produkte mit VCI-Materialien zu verpacken (ggf. ist eine Reinigung der Produkte vor dem Verpackungsprozess erforderlich).
- Abgestimmte Hand- und Hautschutzmaßnahmen sind zwingend erforderlich.
- Bei möglicher belästigender Geruchsentwicklung müssen weitere Maßnahmen zu ihrer Reduzierung eingeleitet werden, z. B. die Verwendung von VCI-Materialien mit wenig bis keiner Geruchsentwicklung.
Martin Bachem / Sebastian Seegert