Eine Hand in Gummihandschuhen hält eine gelbe zylindrische Form, die auf einem kleinen Heizgerät steht, während die andere Hand aus einem Plastikbehälter eine weiße Masse hineingießt.

Die Verarbeitung von Einbettmassen in Dentallaboratorien bedarf einer fachkundigen Gefährdungsbeurteilung.

In Dentallaboratorien werden sogenannte Einbettmassen, verarbeitet, um Zahnersatz in Form von Kronen oder Brücken aus Edelmetall- oder Nichtedelmetalllegierungen durch Gießen herzustellen. Diese Einbettmassen können Quarz und/ oder Cristobalit enthalten. Beides sind Modifikationen von kristallinem Siliciumdioxid (SiO2). Folgende übliche Tätigkeiten mit Einbettmassen sind u. a. möglich und in den Dentallaboren weitgehend identisch:

  • Lagern,
  • Portionieren,
  • Umfüllen,
  • Anrühren,
  • Einbetten,
  • Ausbetten und
  • Strahlen.

Für alle diese Tätigkeiten muss eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) erstellt und auch regelmäßig aktualisiert werden. Die zugehörige Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 400 „Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ unterstützt bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und zeigt mögliche Wege, insbesondere durch Nutzung von Handlungshilfen, auf. Hierzu wurde bereits im 1. Teil dieser Artikelserie ausführlich im etem 05/2020 Magazin berichtet.

An Hand des Beispiels „Verwendung von Einbettmassen“ sollen nun die Schritte einer Gefährdungsbeurteilung anhand eines VSK (vgl. Vorgehen nach TRGS 400, Anhang 1; der Pfad der einzelnen Schritte ist im Diagramm blau hinterlegt) erläutert werden.

Die Grafik zeigt ein Flussdiagramm mit mehreren beschrifteten Feldern, in denen die Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung für Gefahrstoffe dargestellt wird.

TRGS 400, Anhang 1, Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen.

1. Festlegen der mit der Gefährdungsbeurteilung beauftragten Person

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist die Unternehmerin oder der Unternehmer des Dentallabors verantwortlich. Die Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung darf jedoch nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt die Unternehmerin oder der Unternehmer nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Weitere Details können hierzu der TRGS 400 entnommen werden.

2. Erfassen der Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich derer, bei denen Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden

Die typischen, bereits vorstehend aufgeführten Tätigkeiten mit Einbettmassen finden in fast jedem Dentallabor statt.

Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass quarzhaltiger Staub freigesetzt wird und damit eine inhalative Exposition besteht. Zu beachten ist, dass auch Tätigkeiten wie z. B. die Wartung von Einrichtungen oder die Reinigung von Geräten zu einer Exposition führen können.

3. Informationsermittlung zu den Gefahrstoffen und Tätigkeiten

Die Anteile an Quarz und Cristobalit können sowohl bei den Gips- als auch bei den phosphatgebundenen Einbettmassen bis zu 80 % betragen.

Tätigkeiten bei denen quarzhaltiger Staub in alveolengängiger Form freigesetzt und eingeatmet werden kann, sind als krebserzeugend eingestuft (siehe TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren“). Für Quarz wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe ein Beurteilungsmaßstab in Höhe von 0,05 mg/m³ abgeleitet. Dieser ist bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Treten bei Tätigkeiten Quarz und Cristobalit gleichzeitig auf, so gilt der vorgenannte Beurteilungsmaßstab als Grenzwert für die Summe der Konzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz aus beiden Modifikationen.

Wegen der geforderten Eigenschaften der Einbettmassen, insbesondere beim Erwärmen der Muffeln (hitzebeständiger Einsatz), besteht derzeit keine Möglichkeit einer Substitution der Massen selbst. Zumindest für einige der zahntechnischen Werkstücke (z. B. Kronen und Brücken) ließe sich in einigen Fällen ein anderes Fertigungsverfahren einsetzen, das Fräsen aus Blanks mit anschließendem Sintern. Einerseits entfällt zwar dadurch der Einsatz von Einbettmassen, andererseits wird beim Fräsen cobalthaltiger Staub freigesetzt, der ebenfalls als krebserzeugend eingestuft ist. Ein Vorteil durch den Einsatz dieses anderen Fertigungsverfahrens ist also kritisch zu hinterfragen und entsteht nur dann, wenn durch das Fräsen in geschlossenen Einrichtungen eine Exposition vermieden werden kann.

Beschwerden bzw. Erkrankungen infolge einer Exposition gegenüber quarzhaltigen Staub reichen von unspezifische Atemwegsbeschwerden bis hin zur sogenannten Staublunge, der Silikose, aus der sich in einzelnen Fällen auch Lungenkrebs entwickeln kann. Weitergehende Informationen zu den verwendeten Einbettmassen sind dem jeweiligen e Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen und müssen vom Hersteller bzw. Inverkehrbringer zu Verfügung gestellt werden. Hier ist grundsätzlich immer auf die Aktualität der Ausgabe zu achten (Datum der letzten Überarbeitung)

4. Gibt es eine Handlungshilfe im Sinne der TRGS 400?

Diese Frage kann im angeführten Beispiel mit „Ja“ beantwortet werden, da mit der TRGS 559 „Quarzhaltiger Staub“ eine stoffspezifische TRGS vorliegt.

Ferner benennt die TRGS 420 in ihrem Anhang die DGUV Information 213-730 „Mineralische Stäube beim Ein, Ausbetten und Strahlen in Dentallaboratorien“ als anerkanntes verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium (VSK). Dieses VSK konkretisiert die TRGS 559 für die genannte Tätigkeit. In diesem Fall kann die Unternehmerin oder der Unternehmer von einer Einhaltung der Anforderungen der GefStoffV ausgehen, wenn die beschriebenen Maßnahmen der DGUV Information 213-730 entsprechend umgesetzt werden.

5. Durchführung der Maßnahmen

Konkret für den Umgang mit Einbettmassen in Dentallaboratorien benennt die DGUV Information 213-730 folgende spezifische Schutzmaßnahmen:

Schutzmaßnahmen beim Einbetten, Ausbetten und Strahlen

Einbetten Ausbetten Strahlen

Verwendung staubarmer Einbettmassen

x

Verwendung von Portionsbeuteln

x

Staubarmes Einfüllen in das Rührgefäß

x

Nutzung eines Vakuumrührgerätes

x

Regelmäßige Reinigung des Arbeitsbereiches durch Feuchtreinigung oder Aufsaugen mit einem Entstauber nach dem Stand der Technik

x

x

x

Anfeuchten der Form vor dem Ausbetten

x

Einsatz von Absauganlagen:
- ohne Reinluftrückführung (z. B. Anschluss an eine Zentralanlage)
- mit Reinluftrückführung (z. B. Einzelplatzabsaugung) nach dem Stand der Technik

x(1)

x

Bestimmungsgemäßer Betrieb der Absaugeinrichtungen

x(1)

x

Regelmäßige Reinigung, Wartung und Prüfung der Wirksamkeit der Absaugtechnik entsprechend den Herstellervorgaben mit Dokumentation, mindestens jedoch jährlich

x(1)

x

Bestimmungsgemäßer Betrieb von Strahleinrichtungen (Strahlbox) entsprechend den Herstellervorgaben

x

Regelmäßige Reinigung, Wartung und Prüfung der Strahleinrichtungen

x

1) Notwendig, wenn eine Staubfreisetzung nicht vermieden werden kann
Quelle: BG ETEM, D 025 U-Modell-Ordner, Seite 35

Werden an den Arbeitsplätzen die vorgenannten Schutzmaßnahmen umgesetzt, kann davon ausgegangen werden, dass das Minimierungsgebot umgesetzt ist und der Beurteilungsmaßstab für quarzhaltigen Staub eingehalten wird. Weitere Gefahrstoffmessungen zur Ermittlung der Exposition sind nicht mehr notwendig.

Die DGUV Information 213-730 gibt darüber hinaus Auskunft zu geeigneten technischen Schutzmaßnahmen, also der Erfassungseinrichtungen und Absauganlagen.

Neben den aufgeführten speziellen Schutzmaßnahmen sind weitere, allgemeine Schutzmaßnahmen zu treffen:

  • Führen eines Expositionsverzeichnisses der Beschäftigten, die Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen durchführen (bspw. mit Hilfe der Zentralen Expositionsdatenband (ZED) als ein Angebot der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung)
  • Betriebsanweisung erstellen und bekannt machen
  • Unterweisung der Beschäftigten einschließlich arbeitsmedizinisch-toxikologischer Beratung
  • Beachten der Beschäftigungsbeschränkungen nach Mutterschutzgesetz (während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit) sowie für Jugendliche nach Jugendarbeitsschutzgesetz, die mit krebserzeugenden Stoffen arbeiten
  • Organisation der arbeitsmedizinischen Vorsorge

6. Dokumentation und Wirksamkeitskontrolle

Bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen muss die Unternehmerin oder der Unternehmer die Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV dokumentieren. Als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind auch Methoden und Fristen zur Überprüfung der Wirksamkeit bestehender und zu treffender Schutzmaßnahmen festzulegen.

Im Fall der Anwendung der DGUV Information 213-730 bedeutet dies, mindestens einmal jährlich die Aktualität dieser Schrift zu überprüfen und das Ergebnis zu dokumentieren. Ggf. sind angepasste oder weitere Schutzmaßnahmen erforderlich und umzusetzen. Ebenfalls ist die Wirksamkeit der verwendeten Absaugeinrichtungen mindestens einmal jährlich durch eine zur Prüfung befähigte Person zu überprüfen.

Im Rahmen der Durchführung sind auch die im Dentallabor verwendeten Einbettmassen (inkl. Liquid) im Gefahrstoffverzeichnis nach § 6 (12) GefStoffV zu dokumentieren.

Welche Erleichterung entsteht durch die Anwendung des VSK?

Die als VSK anerkannte DGUV Information 213-730 enthält neben den Stoffinformationen zur Einstufung und Grenzwerten für die betrachteten Stoffe vor allen Angaben zur Exposition bei den beschriebenen Tätigkeiten. Damit entfallen in der Regel eigene, teilweise aufwändige und kostenintensive Ermittlungen. Auf der Basis der Gefahrstoffmessungen in der Praxis und in Prüfständen haben Experten der DGUV, der Unfallversicherungsträger und der Hersteller von Absaug- und Abscheidetechnik Einrichtungen und Geräte optimiert und geprüft, die eine Minimierung der Exposition am Arbeitsplatz gewährleisten. In Kombination mit entsprechenden staubarmen Arbeitsweisen und Verhalten können bei den beschriebenen Tätigkeiten die Grenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe eingehalten werden. Dies wurde ebenfalls messtechnisch nachgewiesen. Dies bedeutet, bei Anwendung des VSK kann davon ausgegangen werden, dass alle Anforderungen der Gefahrstoffverordnung erfüllt sind.