Wissen kann Leben retten
In zahlreichen Branchen der BG ETEM werden noch immer krebserzeugende Stoffe angewandt oder bei Tätigkeiten freigesetzt. Wegen ihrer schwerwiegenden Gesundheitsgefahren sind die Anforderungen an das Schutzniveau bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen hoch. Eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung ist deshalb unerlässlich und hilft den Unternehmen, die notwendigen Maßnahmen auszuwählen.
In der betrieblichen Praxis haben zum Beispiel folgende Tätigkeiten gemeinsam, dass krebserzeugende Stoffe bzw. Verbindungen freigesetzt werden können:
- Tätigkeiten mit quarzhaltigen Stäuben,
- das Schleifen oder Schweißen von hochlegierten Stählen oder
- die Oberflächenbeschichtung mit Chrom (VI)-Verbindungen.
In der Regel gelangen krebserzeugende Stoffe an Arbeitsplätzen über die Atmung in den Körper, aber auch die Aufnahme über die Haut ist möglich. Selbst eine orale Aufnahme (über den Mund, d. Red.) lässt sich bei mangelnder Hygiene nicht völlig ausschließen.
Komplexe Gefährdungsbeurteilung
Sehr komplex gestaltet sich die Gefährdungsbeurteilung deshalb, weil die Expositionen bei den Tätigkeiten mit Blick auf ihre
- Höhe,
- Dauer und
- Verlauf
sehr unterschiedlich sein können. Zudem lässt sich für diese Stoffe und Verbindungen in der Regel keine Konzentrationsschwelle angeben, ab der eine Krebserkrankung eintritt. Darüber hinaus liegen zu wenige Erkenntnisse darüber vor, ob und welche Auswirkungen bei Tätigkeiten gleichzeitig mit mehreren krebserzeugenden Stoffen zu erwarten sind.
Eine Krebserkrankung entsteht meistüber längere, d. h. mehrjährige Zeiträume. Prägnantes Beispiel dafür sind Lungen- oder Kehlkopfkrebserkrankungen, die durch Asbestexpositionen verursacht werden können. Deshalb ist es wichtig, Gefährdungen zu kennen und das Schutzniveau vom Beginn der Tätigkeit an konsequent umzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist bei der fachkundigen Erstellung und regelmäßigen Aktualisierung einer Gefährdungsbeurteilung die Zusammenarbeit aller Arbeitsschutzakteure erforderlich – insbesondere mit den Arbeitsmedizinerinnen und -medizinern.
Handlungshilfen für die Gefährdungsbeurteilung nutzen
Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)und vor allem die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 400 „Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ enthalten konkrete Hinweise und zeigen mögliche Wege auf, wie eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden kann, insbesondere durch die Nutzung von Handlungshilfen. Das können sein:
- eine stoff- oder tätigkeitsbezogene TRGS;
- verfahrens- und stoffspezifische Kriterien nach TRGS 420 „Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) für die Ermittlung und Beurteilung der inhalativen Exposition“;
- branchen- oder tätigkeitsspezifische Handlungsempfehlungen oder vorhandene Gefährdungsbeurteilungen Dritter (oder Teile davon).
Die Nutzung der Handlungshilfen erleichtert die Durchführung der einzelnen Schritte der Gefährdungsbeurteilung – z. B. die Informationsermittlung, die Beurteilung der Gefährdung, die Substitutionsprüfung sowie die Auswahl und Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen – in der Regel erheblich.
Für die Praxis beschreibt die TRGS 400 die Vorgehensweisen zur Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV. Sie bindet die Vorgaben der GefStoffV in den durch das Arbeitsschutzgesetz (§§ 5 und 6 ArbSchG) vorgegebenen Rahmen ein. Sie gibt zudem Auskunft über die Verantwortung und Organisation bei der Gefährdungsbeurteilung sowie zu gefahrstoffspezifischen Aspekten. Anhang 1 der TRGS 400 veranschaulicht das systematische Vorgehen in einem Ablaufdiagramm (siehe Abbildung).