6 Schritte gegen die Gefahr
In Dentallaboratorien werden sogenannte Einbettmassen, verarbeitet, um Zahnersatz in Form von Kronen oder Brücken aus Edelmetall- oder Nichtedelmetalllegierungen durch Gießen herzustellen. Diese Einbettmassen können Quarz und/ oder Cristobalit enthalten. Beides sind Modifikationen von kristallinem Siliciumdioxid (SiO2). Folgende übliche Tätigkeiten mit Einbettmassen sind u. a. möglich und in den Dentallaboren weitgehend identisch:
- Lagern,
- Portionieren,
- Umfüllen,
- Anrühren,
- Einbetten,
- Ausbetten und
- Strahlen.
Für alle diese Tätigkeiten muss eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) erstellt und auch regelmäßig aktualisiert werden. Die zugehörige Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 400 „Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ unterstützt bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und zeigt mögliche Wege, insbesondere durch Nutzung von Handlungshilfen, auf. Hierzu wurde bereits im 1. Teil dieser Artikelserie ausführlich im etem 05/2020 Magazin berichtet.
An Hand des Beispiels „Verwendung von Einbettmassen“ sollen nun die Schritte einer Gefährdungsbeurteilung anhand eines VSK (vgl. Vorgehen nach TRGS 400, Anhang 1; der Pfad der einzelnen Schritte ist im Diagramm blau hinterlegt) erläutert werden.
1. Festlegen der mit der Gefährdungsbeurteilung beauftragten Person
Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist die Unternehmerin oder der Unternehmer des Dentallabors verantwortlich. Die Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung darf jedoch nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Verfügt die Unternehmerin oder der Unternehmer nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig beraten zu lassen. Weitere Details können hierzu der TRGS 400 entnommen werden.
2. Erfassen der Tätigkeiten mit Gefahrstoffen einschließlich derer, bei denen Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden
Die typischen, bereits vorstehend aufgeführten Tätigkeiten mit Einbettmassen finden in fast jedem Dentallabor statt.
Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass quarzhaltiger Staub freigesetzt wird und damit eine inhalative Exposition besteht. Zu beachten ist, dass auch Tätigkeiten wie z. B. die Wartung von Einrichtungen oder die Reinigung von Geräten zu einer Exposition führen können.
3. Informationsermittlung zu den Gefahrstoffen und Tätigkeiten
Die Anteile an Quarz und Cristobalit können sowohl bei den Gips- als auch bei den phosphatgebundenen Einbettmassen bis zu 80 % betragen.
Tätigkeiten bei denen quarzhaltiger Staub in alveolengängiger Form freigesetzt und eingeatmet werden kann, sind als krebserzeugend eingestuft (siehe TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren“). Für Quarz wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe ein Beurteilungsmaßstab in Höhe von 0,05 mg/m³ abgeleitet. Dieser ist bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Treten bei Tätigkeiten Quarz und Cristobalit gleichzeitig auf, so gilt der vorgenannte Beurteilungsmaßstab als Grenzwert für die Summe der Konzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz aus beiden Modifikationen.
Wegen der geforderten Eigenschaften der Einbettmassen, insbesondere beim Erwärmen der Muffeln (hitzebeständiger Einsatz), besteht derzeit keine Möglichkeit einer Substitution der Massen selbst. Zumindest für einige der zahntechnischen Werkstücke (z. B. Kronen und Brücken) ließe sich in einigen Fällen ein anderes Fertigungsverfahren einsetzen, das Fräsen aus Blanks mit anschließendem Sintern. Einerseits entfällt zwar dadurch der Einsatz von Einbettmassen, andererseits wird beim Fräsen cobalthaltiger Staub freigesetzt, der ebenfalls als krebserzeugend eingestuft ist. Ein Vorteil durch den Einsatz dieses anderen Fertigungsverfahrens ist also kritisch zu hinterfragen und entsteht nur dann, wenn durch das Fräsen in geschlossenen Einrichtungen eine Exposition vermieden werden kann.
Beschwerden bzw. Erkrankungen infolge einer Exposition gegenüber quarzhaltigen Staub reichen von unspezifische Atemwegsbeschwerden bis hin zur sogenannten Staublunge, der Silikose, aus der sich in einzelnen Fällen auch Lungenkrebs entwickeln kann. Weitergehende Informationen zu den verwendeten Einbettmassen sind dem jeweiligen e Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen und müssen vom Hersteller bzw. Inverkehrbringer zu Verfügung gestellt werden. Hier ist grundsätzlich immer auf die Aktualität der Ausgabe zu achten (Datum der letzten Überarbeitung)
4. Gibt es eine Handlungshilfe im Sinne der TRGS 400?
Diese Frage kann im angeführten Beispiel mit „Ja“ beantwortet werden, da mit der TRGS 559 „Quarzhaltiger Staub“ eine stoffspezifische TRGS vorliegt.
Ferner benennt die TRGS 420 in ihrem Anhang die DGUV Information 213-730 „Mineralische Stäube beim Ein, Ausbetten und Strahlen in Dentallaboratorien“ als anerkanntes verfahrens- und stoffspezifisches Kriterium (VSK). Dieses VSK konkretisiert die TRGS 559 für die genannte Tätigkeit. In diesem Fall kann die Unternehmerin oder der Unternehmer von einer Einhaltung der Anforderungen der GefStoffV ausgehen, wenn die beschriebenen Maßnahmen der DGUV Information 213-730 entsprechend umgesetzt werden.