Das Foto zeigt einen Schweißer mit Schutzhelm und Schutzkleidung.

Bei Schweißarbeiten ist jeder Schweißer verpflichtet, Persönliche Schutzausrüstung zu tragen.

Arbeitsmediziner sind in erster Linie präventiv tätig – nach Möglichkeit also, bevor gesundheitliche Beschwerden auftreten. Bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge steht die Aufklärung der einzelnen Beschäftigten über ihre Tätigkeit und die damit verbundenen Gesundheitsgefährdungen im Vordergrund. Im Netzbetrieb können beispielhafte Anlässe von arbeitsmedizinischer Vorsorge je nach Gefährdungsbeurteilung sein:

Bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber einem krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoff oder Gemisch der Kategorie 1A oder 1B sowie Tätigkeiten mit Hochtemperaturwollen ist nicht nur eine Pflichtvorsorge notwendig; sie sind auch ein Anlass für eine nachgehende arbeitsmedizinische Vorsorge.

Bei Exposition gegenüber Mineralwolle, die vor 1996 verbaut wurde, ist davon auszugehen, dass krebserzeugende Faserstäube freigesetzt werden. Liegen für Materialien, die vor 2000 eingesetzt wurden, keine Informationen vor, ist ebenfalls davon auszugehen, dass es sich um „alte Mineralwolle“ handelt. Bei Exposition gegenüber künstlichen Mineralfasern (KMF) ist nachgehende Vorsorge je nach Fasertyp anzubieten (siehe „info“, Link 1).

Beschreibung gefährdender Tätigkeiten

Vor der arbeitsmedizinischen Vorsorge sollten die gefährdenden Tätigkeiten beschrieben sein. Der mit der Vorsorge beauftragte Arbeitsmediziner benötigt dazu ausreichende Informationen über die Arbeitsplatzverhältnisse. Für die Tätigkeit eines Rohrleitungsmonteurs können zum Beispiel die erforderlichen Auskünfte tabellarisch in Anlehnung an die arbeitsmedizinische Regel AMR Nr. 3.1 gegeben werden.

Tabelle: Beispielhafte Auskünfte über Arbeitsplatzverhältnisse im Netzbetrieb (Gas)

Mitarbeiter Max Mustermann, TT.MM.JJJJ

Firmenzugehörigkeit

seit TT.MM.JJJJ

Vorsorgeanlass

Exposition gegenüber A- und E-Staub, Fluor und anorganischen Fluorverbindungen (Lichtbogenhandschweißen mit unlegierten / niedriglegierten Stahlelektroden und basischer, flussspathaltiger Umhüllung), Überschreitung des unteren Lärm-Auslösewertes, Überschreitung der Expositionsgrenzwertes nach der TROS IOS

vorgesehene Vorsorge

Angebotsvorsorge, Pflichtvorsorge (TROS IOS), nach Aufnahme der Tätigkeit

Arbeitsorte

Gasverteilnetz des Netzbetreibers

Arbeitszeiten

ganztags und Rufbereitschaft

Arbeitsaufgaben

Instandhaltungsarbeiten an Gasleitungen, Schweißarbeiten an Stahlrohrleitungen

Gefährdungen durch Arbeitsumgebungsbedingungen

Arbeiten an Gasleitungen mit Brand-, Explosions- oder mechanischer Gefahr (Expansion), schwierige Platzverhältnisse, eingeschränkter Arbeitsraum

Gefährdungen durch verwendete Maschinen und Werkzeuge

Manuelle Handhabung schwerer Rohrbauteile

Gefährdungen durch elektromagnetische Felder, nicht-ionisierende und ionisierende Strahlen

Emission von UV-Strahlung beim Lichtbogenhandschweißen

physische Belastungen

Zwangshaltungen bei eingeschränkten ergonomischen Gestaltungsmöglichkeiten

Gefährdungen durch Arbeitsstoffe

Schweißrauche

psychische Belastungen

Hohe Arbeitsbelastung (Zeitdruck) unter Rufbereitschaft

Messprotokolle

Protokoll Schallpegelmessung beim Lichtbogenschweißen vom TT.MM.JJJJ (siehe Anlage)

Sicherheitsdatenblätter der verwendeten Gefahrstoffe

Erdgas getrocknet (siehe Anlage)

Persönliche Arbeitsschutzmaßnahmen

Automatik Schweißhelm mit Gebläse-Atemschutzsystem, schwer entflammbarer Kopfabdeckung und Ohren-/Halsschutz

Jährliche Unterweisungen

Hautschutz (Datum);<br/ >Rückenschonendes Heben (Datum)

Vorsorgekartei

siehe Anlage

Bei Schweißarbeiten ist jeder Schweißer verpflichtet, Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen, um schwere UV-induzierte Schäden an Haut und Augen zu vermeiden. Für Beschäftigte in der Umgebung von Schweißarbeitsplätzen wird die Gefährdung durch UV-Strahlung häufig unterschätzt, obwohl auch in großer Entfernung die Expositionsgrenzwerte laut Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) überschritten werden können (siehe „info“, Link 2).

Schweißrauche

Schweißrauche stellen ein komplexes Stoffgemisch dar. Dafür gelten in Deutschland der allgemeine Staubgrenzwert(A-Staub: 1,25 mg/m³; E-Staub: 10 mg/m³) bzw. einzelne Arbeitsplatzgrenzwerte, Beurteilungsmaßstäbe, Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen für luftgetragene Metalle und ihre Verbindungen (z. B. Ni, evtl. Cr (VI)). Diese Metalle und Verbindungen können je nach verarbeitetem Werkstoff im Schweißrauch enthalten sein (siehe „info“, Link 3).

Gas- oder partikelförmige Schadstoffe im Schweißrauchgemisch wirken

  • lungenbelastend (A-Staub, Kaliumdioxid, Natriumdioxid, Titandioxid, Aluminiumoxid, Eisenoxid, Chrom (III)-Oxid, Magnesiumoxid, Mischoxide/Spinelle),
  • toxisch (Manganoxid, Zinkoxid, Bleioxid, Kupferoxid, Stichstoffoxide, Kohlenmonoxid, Ozon),
  • krebserzeugend (Chrom VI-Oxid, Nickeloxid, Cadmiumoxid, Berylliumoxid, Formaldehyd).

Sowohl zum Schutz vor der Einwirkung von Strahlung als auch gegenüber der Exposition von Schweißrauchen können Schweißhelme mit Frischluftzufuhr eingesetzt werden (siehe Bild oben). Sie bilden am Kopf ein geschlossenes System und verfügen über eine separate Frischlufteinheit, die z. B. am Rücken befestigt wird. Die Frischlufteinheit saugt frische Luft an, filtert diese und bläst sie durch einen einstellbaren Lüfter über einen Schlauch ins Innere des Schweißhelms.

Bei Verwendung von Atemschutzgeräten ist arbeitsmedizinische Vorsorge nur erforderlich, wenn das Atemschutzgerät mit Blick auf Gewicht und Filtersystem den Gerätegruppen 1, 2 und 3 zuzuordnen ist. Ein Automatik-Schweißhelm mit Gebläse-Atemschutzsystem unter 3 kg wäre z. B. nach der AMR 14.2 keiner Gerätegruppe zuzuordnen, die eine arbeitsmedizinische Vorsorge erfordert.

Lärmexposition

Das Foto zeigt eine Druckluftstichsäge.

Vorsicht bei Arbeiten mit Druckluftstichsägen

Bei Schweiß-, Schneid- und verwandten Verfahren ist auch eine Einwirkung von gehörschädigendem Lärm möglich, die Anlass für arbeitsmedizinische Vorsorge sein kann (siehe „info“, Link 4). Hohe Lärmexpositionspegel können z. B. bei Verwendung von Druckluft-Stichsägen oder Druckluft-Anbohrgeräten auftreten. Bei Messungen der BG ETEM an einzelnen Werkzeugen wurde z. B. bei Druckluft- Stichsägen ein LAeq von 99,4 dB(A) festgestellt. In diesem Fall wird der Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) schon nach kurzer Zeit erreicht, womit der Auslösewert für eine Pflichtvorsorge überschritten wäre.

Maßnahmen in Bereichen mit Beurteilungspegeln ab 80 dB(A) (LEX, 8h) sind:

  • Bereitstellung von Gehörschutz
  • Informationen und Unterweisung der Beschäftigten
  • Anspruch auf Gehör-Angebotsvorsorge nach ArbMedVV.

Zusätzliche Maßnahmen in Bereichen mit Beurteilungspegeln ab 85 dB(A) (LEX, 8h) sind:

  • Gehörschutz-Tragepflicht
  • Durchführung der Gehör-Pflichtvorsorge nach ArbMedVV.

Zwangshaltungen: Verhältnis- und Verhaltensprävention

Diese Abbildung zeigt einen Schweißer liegend neben einem Rohr arbeiten.

Bei Tätigkeiten mit Zwangshaltungen sollte stets auf eine Wunschvorsorge hingewiesen werden

Auch erzwungene Körperhaltungen in Baugruben und Rohrgräben können ein arbeitsmedizinischer Vorsorgeanlass sein, da sie u. a. einen Risikofaktor für Rückenerkrankungen darstellen. Erzwungene Körperhaltungen in Baugruben und Rohrgräben lassen sich durch einen ausreichend bemessenen Arbeitsraum reduzieren (Verhältnisprävention).

Im Bereich der Arbeitsstelle erfordern Schweiß- oder Schneidarbeiten dabei eine größere Grabenbreite als sie in der DIN 4124 als Mindestgrabenbreite für Baugruben mit betretbarem Arbeitsraum festgelegt ist. Laut DVGW-Arbeitsblatt GW 350 „Schweißverbindungen an Rohrleitungen aus Stahl in der Gas- und Wasserversorgung“ darf der Abstand vom Rohr zur Grabenwand 0,60 m und zur Grabensohle 0,40 m nicht unterschreiten. Die Länge der Kopflöcher an der Arbeitsstelle soll mindestens 1,50 m betragen.

Zur Verhaltensprävention sollten Beschäftigte neben der Rückenmuskulatur auch die Bauchmuskulatur als vorderen Stabilisator trainieren. In aufsuchenden Schulungsmaßnahmen können Dehntechniken demonstriert werden, mit denen z. B. informelle Kurzpausen aktiv ausgefüllt werden können. Dies kann dem einzelnen Beschäftigten helfen, Fehlhaltungen gezielt zu vermeiden oder muskuläre Dysbalancen aufzudecken und damit das individuelle Risiko degenerativer Rückenerkrankungen zu vermindern.

In der arbeitsmedizinischen Regel AMR 13.2 sind Risikobereiche für erzwungene Körperhaltungen sowie entsprechende Anlässe für die arbeitsmedizinische Vorsorge festgehalten. Sind Rückenschmerzen mit Arbeitsunfähigkeit einmal eingetreten, lassen sie sich oft nicht auf einen einzelnen Auslöser zurückführen (zu möglichen Risikofaktoren: siehe Link 5).

Zusammenfassung

  • Schweißen und Trennen von Metallen sowie Lärmexposition sollten als Anlässe für arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge geprüft werden, beim Metallschweißen auch für nachgehende Vorsorge.
  • Bei Tätigkeiten mit erzwungenen Körperhaltungen in Baugruben und Rohrgräben sollte stets auf die Möglichkeit einer arbeitsmedizinischen Wunschvorsorge hingewiesen werden und der Anlass für eine Angebotsvorsorge geprüft werden.
  • Bei einer hochwertigen Schweißerschutzausrüstung mit integriertem Augen-, Gesichts- und Gebläse-Atemschutz unter 3 kg ist arbeitsmedizinische Vorsorge wegen des Tragens von Atemschutzgeräten nicht erforderlich.
  • Eine Anleitung am Arbeitsplatz zur Bewältigung von Beschwerden im Bereich des Muskel- und Skelettsystems kann über die Gesundheitsberater der gesetzlichen Krankenkassen als aufsuchende Maßnahme zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) angefragt werden.
  • Für älter werdende Beschäftigte, die aufgrund hoher körperlicher Anforderungen langandauernd arbeitsunfähig bzw. nicht mehr voll einsatzfähig sind, besteht ein Bedarf an Ersatzarbeitsplätzen und Umschulungen.

 

Dr. Monica Meyn