Bunte Farbstreifen  und -spritzer fächern sich von oben nach unten auf in allen Farben das Regenbogens.

Besonders im Sieb- und flexiblen Verpackungsdruck kommen Farben zum Einsatz, die Titandioxid enthalten.

Etwa 98 Prozent des weltweit produzierten Titandioxids werden zu Farbpigmenten verarbeitet. Jedes Jahr werden etwa sechs Millionen Tonnen des mineralischen Farbpigments produziert. Laut Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie belegt Deutschland mit einer Produktionskapazität von mehr als 480.000 Tonnen nach den USA und China den dritten Platz.

Aufgrund seiner hohen Lichtbeständigkeit ist der aus Ilmenit- oder Rutilerz gewonnene kristalline Feststoff das wichtigste Weißpigment auf dem Markt. Es wird in Farben und Lacken ebenso eingesetzt wie bei der Produktion von Kunststoffen, Textilien oder Papier. Auch in vielen Druckfarben ist Titandioxid enthalten. In weißen Druckfarben beträgt sein Anteil 30 bis 60 Prozent.

Neue Kennzeichnung

Die EU-Kommission hat beschlossen, Titandioxid in Pulverform als krebserzeugenden Verdachtsstoff der Kategorie 2 einzustufen. Die Einstufung gilt für Pulver und feste Gemische mit mindestens 1 Prozent Titandioxidpartikel, die weniger als 10 µm aerodynamischen Durchmesser haben. Unabhängig vom Durchmesser müssen feste Gemische ab 1 Prozent Titandioxidgehalt ab September 2021 folgendermaßen gekennzeichnet werden:

„EUH212: Achtung! Bei der Verwendung kann gefährlicher lungengängiger Staub entstehen. Staub nicht einatmen.“

Die Einstufung gilt nicht für flüssige Gemische – also nicht für Farben und Lacke, die Titandioxid enthalten. Dennoch müssen auch sie gekennzeichnet werden, wenn sie mindestens 1 Prozent Titandioxidpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 10 µm enthalten:

„EUH211: Achtung! Bei der Verwendung können gefährliche lungengängige Tröpfchen entstehen. Aerosol oder Nebel nicht einatmen.“ Doch was heißt das für die Praxis?

Titandioxid in der Druckindustrie

„Besonders im Sieb- und flexiblen Verpackungsdruck kommen Farben zum Einsatz, die Titandioxid enthalten“, weiß Dr. Nadine Metz, Leiterin des Branchengebiets Druck und Papierverarbeitung der BG ETEM. „Im Offsetdruck dagegen spielen titandioxidhaltige Farben eine eher untergeordnete Rolle.“

Titandioxid ist weder wasserlöslich noch toxisch, aber es kann eine Gefährdung für die Gesundheit entstehen, wenn es als Staub oder Farbnebel eingeatmet wird. Bisher gibt es aber keine Hinweise, dass bei Einhaltung des Allgemeinen Staubgrenzwerts von Titandioxid eine zusätzliche Gefährdung ausgeht.

Dennoch muss die Gefährdungsbeurteilung für Arbeitsplätze, an denen mit titandioxidhaltigen Farben gearbeitet wird, aktualisiert und an die geänderte Einstufung angepasst werden, so Dr. Metz.

Stäube

Titandioxid kann möglicherweise Krebs erzeugen, wenn es über einen längeren Zeit­raum in hoher Konzentration eingeatmet wird. Daher sind Betriebe angehalten, unbedingt auf die Einhaltung des Allgemei­nen Staubgrenzwerts zu achten. Das gilt vor allem für Schneid- und Fräsvorgänge, bei denen Staub freigesetzt wird. Diese Stäube müssen erfasst und abgesaugt werden. Maschinen und Arbeitsräume sind regelmäßig zu reinigen.

Farbnebel

In der Druckindustrie treten Farbnebel in merklicher Konzentration hauptsächlich zwischen den Druckwerken auf. Dabei spielen viele Faktoren – unter anderem Druckgeschwindigkeit, Farbmenge und Temperatur – eine Rolle. Durch optimale Einstellung der verschiedenen Parameter kann das Auftreten von Farbnebeln minimiert werden. „Fakt ist“, so Dr. Nadine Metz, „dass die Konzentration solcher Nebel mit zunehmender Entfernung schnell abnimmt.“ Da sich Druckpersonal normalerweise nicht ständig in unmittelbarer Nähe der Druckwerke aufhält, ist eine mögliche Belastung durch Einatmen des Farbnebels nach Einschätzung der BG ETEM eher als gering einzuschätzen.

Dennoch sollten Betriebe für ausreichende technische Lüftungsmaßnahmen sorgen, um mögliche Gesundheitsgefährdungen weitgehend zu reduzieren.

Ersatzstoffe

Die Gefahrstoffverordnung schreibt vor, Stoffe, von denen eine Gefährdung ausgeht, nach Möglichkeit zu ersetzen. Im Fall von Titandioxid ist dies kaum möglich, da derzeit keine titandioxidfreien Produkte in vergleichbarer Qualität am Markt verfügbar sind. Daher sollten Betriebe ihre Betriebsanweisungen bezüglich des Umgangs mit Titandioxid aktualisieren und ihr Personal entsprechend un­terweisen.

Das Fazit der BG ETEM in ihrer Stellungnahme: Die Neueinstufung von Titandioxid als möglicherweise krebserzeugend hat kaum Auswirkungen für Druckereien und papierverarbeitende Betriebe – vorausgesetzt: Sie halten die schon zuvor geltenden Grenzwerte ein und wenden entsprechende Schutzmaßnahmen an. Dr. Nadine Metz bringt es auf den Punkt: „Wer schon vorher alles richtig gemacht hat, muss sich keine Sorgen machen.“