Mitarbeiterin mit Signalweste an einem Bedienpult in einer Druckerei

„Irgendwann kommt der Punkt, an dem man etwas ändern muss“, sagt André Krohn, Teamleiter Qualitätssicherung bei der MM Gravure Trier GmbH. Zum Beispiel dann, wenn Beschäftigte massiv über Rückenprobleme klagen. MM Gravure Trier ist auf die Herstellung von Verpackungen spezialisiert, zu den Spezialgebieten der Produktion am Standort Trier zählen UV-Farben und UV-Lacke, Strukturprägung und Inline-Konterdruck.

Zwei neuralgische Punkte in den Produktionsprozessen sorgten bei Beschäftigten immer wieder für Probleme – und brachten André Krohn ins Tüfteln. Es hat sich gelohnt: Auf Basis seiner Ideen hat das Unternehmen Prozesse ergonomischer gestaltet und so Belastungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert.

Vorbereitungstisch Lagermontage

Arbeiter an dem Vorbereitungstisch auf Hüfthöhe, wo er auf Hüfthöhe agieren kann
Der Vorbereitungstisch ermöglicht ergonomischeres Arbeiten.

Eine Tätigkeit war die Montage der Walzenlager in der Produktionshalle. Die massiven Walzen lagerten auf dem Boden, die Lager mussten jeweils abgezogen und abgesetzt werden. Das sei so ein Fall von „haben wir schon immer so gemacht“ gewesen, sagt Krohn:  „Die wiegen zwar ‚nur‘ achtzehn Kilogramm, aber wenn man das Dutzende Male am Tag in gebückter Haltung macht, dann geht das auf den Rücken.“

Die Lösung des Problems: ein sogenannter Vorbereitungstisch. Die Walzen liegen nun auf dem Tisch, die Lager können auf Hüfthöhe bequem gelagert, montiert oder demontiert werden. Die Entwicklung war nicht nur in der Theorie gut, sondern hat sich auch in der Praxis bewährt. „Anfangs gab es Befürchtungen, dass wir langsamer werden. Das war aber nicht der Fall“, berichtet Krohn. Die Beschäftigten mussten sich zwar etwas umgewöhnen, aber mittlerweile hat sich der neue Prozess durchgesetzt. Das gewohnte „Arbeiten wie früher“ hat sich Stück für Stück rausgeschlichen. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lernen den Prozess gar nicht anders kennen. „Sie würden es auch nie freiwillig anders machen“, da ist sich Krohn sicher.

Die Rückmeldungen aus der Belegschaft sind ermutigend. Während ältere Beschäftigte früher echte Probleme mit dem Rücken hatten, kommt nun oft die Rückmeldung: „Meinem Rücken geht es gut.“ Das Budget für die Entwicklung war glücklicherweise kein Problem: „Wir haben einen Tisch konstruiert, installiert und kurz geprüft. Schnell kam die Ansage: ‚Baut noch einen zweiten‘“, sagt Krohn.

Hilfe beim Rangieren

Arbeiter zieht mithilfe einer Rangierhilfe einen schweren Trolley zum Transport von Druckzylinder
Die Rangierhilfe erleichtert den Transport der Druckzylinder

Eine ähnliche Erfolgsgeschichte ist die bei MM Gravure Trier eingesetzte Rangierhilfe (Mover) zum Bewegen von Zylinderwagen. Auch hier ging es darum, die Beschäftigten bei oft ausgeführten und potenziell belastenden Tätigkeit zu entlasten. Der Transport von Druckzylindern erfolgte lange Zeit mithilfe eines Trolleys, den Beschäftigte jedoch händisch steuern mussten. Konkret bedeutet das: mit dem Körpergewicht reinlegen, in oftmals verdrehter Haltung den schweren Wagen um Ecken manövrieren. Gesamtgewicht des Gefährts: bis zu 650 Kilogramm, wovon etwa 150 Kilogramm auf den Zylinder entfallen. „Als Laie hat man Probleme, das überhaupt in Bewegung zu setzen“, sagt Krohn.

Bei etwa 200 Trolleyfahrten pro Tag war die Belastung naturgemäß hoch, gerade bei älteren Beschäftigten fingen nach vier Stunden Arbeit die Rückenschmerzen an, es kamen entsprechende Krankheitstage zusammen. Erfreulicherweise stießen die Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft in der Führungsetage auf offene Ohren, auch wenn dazu Entwicklungsarbeit erforderlich war: „Die Trolleys sind für die Druckmaschine genormt und die Mover benötigen einen bestimmten Anschluss. Wir durften direkt zwei bestellen und auch die Andockstationen umbauen lassen.“ Auch zu dieser Lösung sind die Rückmeldungen bislang durchweg positiv.

André Krohn ist zufrieden mit der Umsetzung seiner Ideen im Betrieb. Und er freut sich, dass es vielen Beschäftigten nun körperlich deutlich besser geht als zuvor. Für Unternehmen und Führungskräfte hat er in puncto Gesundheitsschutz bei der Arbeit noch einen Tipp parat: „Sprechen Sie mit den Beschäftigten, denn die kommen selten von allein auf Sie zu, da es sie Überwindung kostet.“

Stephan Kuhn