Büroszene mit einer jungen Frau in grauem Oberteil mit Brille, die an einem Schreibtisch sitzt und lächelnd auf einen Bildschirm schaut. Von links oben ragt ein Foto des Eifelturms schräg  ins Bild.

Homeoffice im Ausland: nur vorübergehend oder dauerhaft? Wenn es um den Versicherungsschutz geht, spielt diese Frage eine wichtige Rolle.

Arbeiten in Deutschland, wohnen in Frankreich, Tschechien oder Dänemark – für sogenannte Grenzgänger führt der tägliche Weg zur Arbeit über eine Landesgrenze. Das Corona-Virus hat auch in ihrer Arbeitswelt für einen schnellen Wandel gesorgt: Als zu Beginn der Pandemie immer mehr Länder ihre Grenzen schlossen, mussten viele Grenzgänger zwangsläufig im Homeoffice bleiben.

Mittlerweile hat sich das Arbeiten im heimischen Büro bewährt. Viele Unternehmen wollen deshalb Beschäftigten, die jenseits der Grenze wohnen, Homeoffice auch nach der Pandemie ermöglichen.

Wann deutsches Recht gilt

Grundsätzlich genießen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Homeoffice den gleichen Versicherungsschutz wie auf der Betriebsstätte. Dies hat der Gesetzgeber im Juni 2021 ausdrücklich in das Sozialgesetzbuch für die gesetzliche Unfallversicherung aufgenommen. Kompliziert wird es jedoch, wenn Landesgrenzen überschritten werden – Beschäftigte also sowohl aus dem Ausland als auch dem Inland für deutsche Unternehmen tätig sind. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob deutsches Recht überhaupt gilt. Um die Zuständigkeiten im grenzüberschreitenden Sozialsystem zu klären, gibt es zum Beispiel entsprechende EU-Verordnungen.

Diese Verordnungen gelten im Verhältnis zwischen den EU- und EWR-Mitgliedsstaaten sowie der Schweiz. Sie sollen sicherstellen, dass nur die Vorschriften genau eines Staates Anwendung finden und dass unnötige Wechsel zwischen den Systemen vermieden werden.

Bis vor Kurzem galt: Wer wegen der Pandemie und den hiermit verbundenen Grenzschließungen und Regelungen des Infektions- und Arbeitsschutzes nicht bei seinem deutschen Arbeitgeber tätig sein konnte, sondern für diesen zum Beispiel ausschließlich im Homeoffice in Frankreich tätig war, sollte seinen bisherigen Sozialversicherungsstatus hierdurch nicht verlieren. Doch diese Regelung ist am 30. Juni 2022 ausgelaufen.

Bis Ende des Jahres gilt noch eine Übergangsfrist. Spätestens dann kommen wieder die Regelungen zur Koordinierung grenzüberschreitender Sachverhalte zum Zug. Und die sind kompliziert. Wenn es um die Frage des Versicherungsschutzes geht, ist der Blick auf den Einzelfall nötig. Dabei helfen folgende Grundsätze:

Fall 1: Homeoffice nur vorübergehend

Arbeitet der oder die Beschäftigte nur vorübergehend im Ausland im Homeoffice? Dann handelt es sich womöglich um eine Entsendung. Falls ja, gilt weiter deutsches Recht.

Eine Entsendung liegt vor, wenn der Auslandsaufenthalt

  1. im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt und
  2. vertraglich im Voraus begrenzt ist, zeitlich oder aufgrund der Art der Beschäftigung.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kommt es nicht darauf an, ob die Initiative fürs Homeoffice vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer beziehungsweise der Arbeitnehmerin ausgeht.

Beispiel: Eine Mitarbeiterin einer deutschen Firma beschließt, ihren urlaubsbedingten Aufenthalt in Frankreich um zwei weitere Wochen zu verlängern. In dieser Zeit arbeitet sie mobil mit dem Notebook.

Sie trifft eine entsprechende Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber. Für sie gilt das deutsche Sozialrecht.

Fall 2: Homeoffice auf Dauer

Etwas anders sieht es bei einer dauerhaft regelmäßigen Tätigkeit aus. Dann zählt, welchen Anteil die Arbeitszeit im Wohnstaat ausmacht. Bei Beschäftigten, die mehr als ein Viertel ihrer Arbeitszeit im Wohnstaat arbeiten, wird eine Gesamtbewertung der Tätigkeit vorgenommen. Meist lautet das Ergebnis, dass die Beschäftigung insgesamt unter das Recht des Wohnstaates fällt.

Beispiel: Ein vollzeitbeschäftigter Grenzgänger arbeitet regelmäßig zwei Tage in der Woche im Homeoffice in Österreich. Die übrigen drei Tage kommt er in sein Büro in Deutschland. Für seine Beschäftigung gilt das österreichische Sozialrecht, weil er mehr als ein Viertel seiner Arbeitszeit in Österreich absolviert.

Die jeweiligen Sozialversicherungsträger des Wohnstaates stellen fest, ob das Recht des Wohnstaates oder das des Beschäftigungsstaates zur Anwendung kommt. Beschäftigte erhalten dafür eine sogenannte A1-Bescheinigung.

Falls das deutsche Recht nicht greift, lässt sich unter bestimmten Umständen eine Ausnahmevereinbarung treffen. Dadurch können für eine im Ausland eingesetzte Person in deren Interesse weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften gelten. Dafür müssen sich alle zuständigen Stellen einverstanden erklären.

Nähere Informationen hierzu hält die „Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland“ (DVKA) auf ihrer Homepage bereit.

 

 

Hannah Schnitzler/Nancy Helmis