Das Bild zeigt ein aufgeschlagenes, altes Buch, an dem ein Mann in dunklem Pullover arbeitet. Der rechte Buchdeckel ist mit einem Gewicht beschwert, im Hintergrund sieht man einen hellroten Behälter mit weißem Leim.

Beim Restaurieren von Büchern ist der Schutz der Beschäftigten ebenso wichtig wie der Erhalt wertvoller Kulturgüter.

Die Aufgabe von Buchrestauratorinnen und -restauratoren ist es, Bücher und Akten in einem guten Zustand zu erhalten oder diesen wiederherzustellen. Bisweilen werden nur die Einbände oberflächlich gereinigt, in anderen Fällen Flecken vom Papier entfernt, Fehlstellen ausgebessert oder Bücher neu gebunden. Ein wichtiger Teil besteht in der Bearbeitung von durch Mikroorganismen verursachte Schäden. Vor Beginn der Restaurierung werden das Schadensbild erfasst und die notwendigen Schritte der Restaurierung festgelegt. Dabei sind vielfältige Fragen zu beantworten, wie z. B.:

  • Sind schnelle Maßnahmen zur Konservierung nötig (z. B. Gefriertrocknung nach akutem Wasserschaden)?
  • Liegt ein Befall durch Schimmel vor – ist er schwach oder stark?
  • Wie stark ist das Papier gealtert – muss es nach Materialverlusten stabilisiert werden?
  • Ist eine Entsäuerung nötig und ist das Papier hierfür reißfest genug?

Arbeitsschutz

Bei Tätigkeiten in der Buchrestaurierung (siehe Kasten) können die Beschäftigten mit biologischen Arbeitsstoffen in Berührung kommen. Die größte Gefahr geht meist von Schimmelpilzen aus. Papier ist als Nährboden für Schimmelpilze gut geeignet. Besonders nach Wasserschäden kann Schimmel wachsen und zerstört nach und nach die Papierstruktur.

Schimmelpilze können allergische Erkrankungen (Atemwegserkrankungen, Hautreizungen) auslösen. Bei Personen mit geschwächtem Immunsystem können sie Infektionen hervorrufen. Das Spektrum an Schimmelpilzen, das auf Papiermaterialien wächst, ist groß. Die Schimmelpilze können zu Verfärbungen des Papiers in vielen Farben wie Gelb, Rostrot, Braun-Orange oder Schwarz führen.

Gefährdungsbeurteilung

Weil Schimmelpilze gesundheitsschädlich sein können, müssen Beschäftigte an solchen Arbeitsplätzen wirksam geschützt werden. Im Sinne der Biostoffverordnung sind Restaurierungsarbeiten an Büchern, die mit Schimmelpilzen kontaminiert sind, nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.

Derartige Tätigkeiten müssen einer Risikogruppe zugeordnet werden. Die meisten branchenüblichen Schimmelpilze sind in die Risikogruppen (RG) 1 oder 2 eingestuft. Dabei handelt es sich um Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie bei Menschen mit intaktem Immunsystem eine Krankheit verursachen (RG1) oder die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung aber normalerweise möglich ist (RG2). Daneben muss aber auch die sensibilisierende Wirkung der Schimmelpilze berücksichtigt werden. Die höchste Gefährdung stellt die Atemluftbelastung mit schimmelpilzhaltigen Stäuben dar. Der Hautkontakt mit Schimmelpilzen ist weniger gefährlich.

Technische Schutzmaßnahmen

Bei einigen der im Infokasten genannten restauratorischen Tätigkeiten, wie z. B. der Trockenreinigung, muss mit einer Verwirbelung schimmelpilzhaltigen Staubs gerechnet werden. Auch nach einer Sterilisation bleibt Staub mit Allergenen und Toxinen der abgetöteten Mikroorganismen auf den Dokumenten zurück. Dieser Staub wird erst bei der anschließenden Trockenreinigung entfernt.

Auch wenn die abgetöteten Keime keine Infektionen mehr auslösen und sich nicht mehr vermehren, können toxische Stoffe oder Endotoxine – das sind Teile der Zellmembran von Bakterien – frei werden. Auch abgetötete Keime können die Atemwege sensibilisieren und Allergien auslösen.

Bei allen Tätigkeiten, bei denen Staub aufwirbeln kann, müssen geeignete Absaugvorrichtungen vorhanden sein, z. B. mikrobiologische Sicherheitswerkbänke der Klasse 1 oder 2. Dabei muss sichergestellt sein, dass die abgesaugte Luft gefiltert wird, wenn sie wieder in den Raum zurückgeführt werden soll. Die Absaugvorrichtungen müssen einmal jährlich durch Fachpersonal geprüft und gewartet werden.

Organisatorische Maßnahmen

Hierzu zählen eine Reihe von Maßnahmen, u. a. die Begrenzung der Zahl der Beschäftigten, die Umgang mit kontaminiertem Archivgut haben, sowie das Vermeiden unnötiger Transportvorgänge des Archivguts, um Verschleppungen in andere Bereiche zu vermeiden. Weitere wichtige Maßnahmen sind:

  • Die Straßenkleidung muss getrennt von der Schutzkleidung aufbewahrt werden.
  • Der Verzehr von Speisen und Getränken in Bereichen mit kontaminierten Büchern muss unterbleiben. Für die Arbeitspausen muss darum ein geeigneter Aufenthaltsraum zur Verfügung stehen.
  • Beim Einrichten von Arbeitsräumen ist darauf zu achten, dass die Arbeitsplätze leicht gereinigt werden können.
  • Arbeitstische und Werkbänke sollten täglich fachgerecht gereinigt werden. Das gilt auch für die eingesetzten Werkzeuge (Pinsel, Skalpell usw.).
  • Vor den Arbeitspausen und zum Arbeitsende müssen die Beschäftigten die Möglichkeit zur Händereinigung haben. Am Handwaschplatz sind Hautreinigungsmittel in Spendern und Einmalhandtücher zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich sollten Hautschutz- und Hautpflegemittel sowie ggf. Händedesinfektionsmittel vorhanden sein.
  • Für die richtige Anwendung dieser Mittel sollte ein Hautschutzplan erstellt und ausgehängt werden.
  • Erstellen einer Betriebsanweisung zum Umgang mit Biostoffen.
  • Unterweisung der Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach regelmäßig mindestens einmal jährlich.

Persönliche Schutzmaßnahmen

Kontaminierte Bücher dürfen nur mit geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) bearbeitet oder transportiert werden. Zur persönlichen Grundausstattung gehören ein Schutzkittel mit langen Ärmeln, der bis zum Kragen geschlossen werden kann, sowie Schutzhandschuhe. Einmalhandschuhe aus Nitrilkautschuk oder puderfreiem Latex sind für die Trocken- oder Nassreinigung ausreichend.

Falls staubende Arbeiten nicht an der Sicherheitswerkbank ausgeführt werden können, muss zusätzlich geeigneter Atemschutz getragen werden, z. B. partikelfiltrierende Halbmasken (mindestens FFP2) mit Ausatemventil.

Arbeitsmedizinische Vorsorge

Eine arbeitsmedizinische Vorsorge muss bei nicht gezielten Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppen 1 oder 2, wie sie bei der Buchrestauration im Regelfall vorkommen, nicht angeboten werden. Bestehen allerdings bei Beschäftigten arbeitsplatzbezogene Beschwerden, die auf eine Erkrankung (z. B. Allergie) hindeuten, muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten.

 

Dr. Nadine Metz, Dr. Axel Mayer