Seit Mitte der 90er-Jahre schreibt die Maschinenrichtlinie vor, dass Sicherheitstechnik bereits in der Konstruktionsphase eingebunden sein muss. Der Hersteller muss demnach
- Gefährdungen durch die Konstruktion vermeiden,
- Gefährdungen durch Schutzeinrichtungen beseitigen,
- auf Gefährdungen hinweisen, die technologisch bedingt nicht zu beseitigen sind.
„Bei der Wahl der angemessenen Lösung muss der Hersteller diese Grundsätze exakt in dieser Reihenfolge anwenden“, bekräftigt Andreas Vogl, Referent für die mechanische Ausrüstung bei der Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung der BG ETEM.
Nach den Vorgaben der EG-Maschinenrichtlinie dürfen im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Maschinen nur verkauft und in Betrieb genommen werden, wenn sie die CE-Kennzeichnung tragen. Mit der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller selbst, dass er die Anforderungen der Maschinenrichtlinie einhält. Diese CE-Kennzeichnung wird oft als Qualitätszeichen fehlinterpretiert.
In der Praxis stellt sich aber häufig heraus, dass neue Maschinen trotz CE-Kennzeichnung Sicherheitsmängel aufweisen und nicht den Sicherheitsanforderungen der EG-Maschinenrichtlinie entsprechen. „Erfahrungsgemäß kann grob geschätzt werden, dass ein nicht unerheblicher Teil der neu installierten Maschinen das CE-Zeichen zu Unrecht trägt“, stellt Dr. Michael Ebert, Leiter des Bereichs Zertifizierung der Prüf- und Zertifizierungsstelle, fest. Bevor diese Maschinen in Betrieb genommen werden dürfen, muss der Betreiber dafür sorgen, dass sie sicherheitstechnisch nachgerüstet werden. Wer dafür die Kosten trägt, muss im Einzelfall geklärt werden. Schlimmstenfalls droht sogar eine Untersagungsverfügung: Die Maschine darf dann weder betrieben noch innerhalb des EWR verkauft werden.
Geprüfte Sicherheit
Unabhängig vom CE-Zeichen gibt es seit Jahrzehnten das GS-Zeichen. Dieses Zeichen wird vergeben, wenn eine unabhängige und zugelassene Einrichtung wie z. B. die Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung bescheinigt hat, dass eine Maschine tatsächlich die Anforderung der Maschinenrichtlinie erfüllt.
Das GS-Zeichen
Seit Jahrzehnten führt die Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung Maschinenprüfungen durch. Seit Anfang 1993 bis heute hat sie über 2.500 GS-Zeichen vergeben. Diese gelten z. T. für Einzelmaschinen sowie z. T. für Maschinengruppen aus mehreren Maschinentypen. Zu den GS-Zeichen wurden inzwischen zusätzlich mehr als 1.000 ET-, BG- oder DGUV Test-Zeichen vergeben. Bei einer Gültigkeit von maximal 5 Jahren lag der Bestand bei der Prüf- und Zertifizierungsstelle Druck und Papierverarbeitung am 31.12.2019 bei über 500 gültigen Zertifikaten.
Zwischenzeitlich gibt es weitere Prüfzeichen, wie z. B. das ET-Zeichen (Euro-Test-Zeichen), das ebenfalls von der Prüf- und Zertifizierungsstelle vergeben werden darf und das einen ähnlichen Aussagegehalt wie das GS-Zeichen besitzt.
Das EuroTest-Zeichen
Bei Maschinen mit dem EuroTest-Zeichen, kurz ET-Zeichen, handelt es sich um Maschinen, die wie beim GS-Zeichen einer freiwilligen Baumusterprüfung durch unabhängige Institutionen auf die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen gemäß der EG-Maschinenrichtlinie und einschlägiger harmonisierter Sicherheitsnormen unterzogen wurden. Das EuroTest-Zeichen wird nur von Mitgliedern der EuroTest-Kooperation aus unabhängigen, nicht kommerziellen Prüf- und Zertifizierungsorganisationen aus verschiedenen europäischen Staaten vergeben.
Jeder Betreiber sollte beim Kauf einer Maschine auf Prüfzeichen wie das GS-Zeichen achten. Er kann davon ausgehen, dass die Sicherheit der Maschine und die Übereinstimmung mit der EG-Maschinenrichtlinie von unabhängigen Experten geprüft wurden.
Bei GS-geprüften Maschinen hat der Betreiber die Rechtssicherheit, dass
- die Unfallrisiken bereits minimiert sind,
- keine Nachrüstungen aufgrund sicherheitstechnischer Mängel erforderlich sind und
- das Erstellen der Gefährdungsbeurteilung einen geringen Aufwand bedeutet.
Zudem ist sichergestellt, dass der richtige, sichere Umgang mit der Maschine in der Betriebsanleitung beschrieben ist.
Weniger Unfälle – mehr Wirtschaftlichkeit
„Der Betrieb von geprüften und damit sicheren Maschinen hat den positiven Effekt, dass das Unfallgeschehen gering ist und sich das auch auf niedrigere Mitgliedsbeiträge für die Berufsgenossenschaft auswirkt“, fasst Dr. Michael Ebert die positiven Auswirkungen der geprüften Maschinen zusammen.
Davon profitieren die Beschäftigten und die Betriebe. Die Kosten für ggf. erforderliche sicherheitstechnische Nachrüstungen werden gespart und nicht zuletzt reduziert sich auch der Beratungsaufwand durch die zuständige Aufsichtsperson.
Ausgangspunkt war und ist die Überzeugung, dass effektiver Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht nur Sache der Betreiberunternehmen, also der Druckereien und der papierverarbeitenden Betriebe ist, sondern bereits beim Hersteller umgesetzt werden muss.
Das Angebot an Hersteller, unabhängige Maschinenprüfungen durchführen zu lassen, beruht auf dem Auftrag des Gesetzgebers. Im Sozialgesetzbuch gibt er den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung unter anderem die Aufgabe, Sicherheit auf allen möglichen Wegen und mit allen geeigneten Mitteln zu erreichen.
Das Konzept, schon beim Maschinenhersteller tätig zu werden und diesen während der Konstruktion bezüglich der Sicherheit zu unterstützen, hat sich bewährt. Je früher unsere Prüf- und Zertifizierungsstelle in der Konstruktionsphase der Maschine miteingebunden ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine sichere Maschine in unsere Mitgliedsbetriebe geliefert wird.
Michael Porcher
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