Hydraulische Anlagen sind weit verbreitet. Wir finden sie in Fertigungsbetrieben ebenso wie auf Baustellen. Das Fachgebiet der Ölhydraulik befasst sich mit der Energie- und Signalübertragung durch Druckflüssigkeiten. Grundsätzlich wird zwischen der Industriehydraulik und der Mobil-Hydraulik unterschieden.
Zum Bereich der Industriehydraulik gehören unter anderem
- Werkzeugmaschinen,
- Spritzgießmaschinen und
- Pressen der Metallbearbeitung.
Die Mobil-Hydraulik wird beispielsweise im Fahrzeugbau und bei mobilen Baumaschinen genutzt. Wegen äußeren schädlichen Einwirkungen unterliegen Fahrzeuge und Baumaschinen einem starken Verschleiß. Eine fachgerechte Instandhaltung ist hier besonders wichtig. Gleiches gilt für stationäre Maschinen und Anlagen, die aufgrund hoher Betriebsdrücke im Schadensfall zu schweren Verletzungen führen können.
» Auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BetrSichV müssen Instandhaltungstätigkeiten systematisch geplant und unter Berücksichtigung der betrieblichen Schutzmaßnahmen fachgerecht durchgeführt werden.«
Die häufigsten unmittelbaren Gefährdungen bei der Instandhaltung von stationären und mobilen Hydraulikanlagen sind:
- Austritt von Hydrauliköl unter hohem Druck
- Wegfliegende oder berstende Maschinenteile
- Unbeabsichtigte Maschinenbewegungen
- Peitschende Hydraulik-Schlauchleitungen
- Verbrennungen durch heiße Oberflächen oder Medien
- Hauterkrankungen durch Kontakt mit Hydraulikölen.
Der Hersteller der Hydraulikanlage führt eine Risikobeurteilung durch, um die europäischen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Im Gegenzug muss der Betreiber (Unternehmer)eine Gefährdungsbeurteilung erstellen. Sie gilt neben dem Normalbetrieb auch für die Instandhaltung des Arbeitsmittels. Dies ist verständlich, denn die meisten Maschinenunfälle ereignen sich bei der Fehlersuche oder Reparatur. Oft treten Störungen an Maschinen unerwartet auf, wodurch die Fehlerbehebung zusätzlich erschwert wird und das Unfallrisiko steigt.
Sonstige Gefährdungen berücksichtigen
Neben den bereits genannten Gefährdungen durch die Hydraulikanlage sind auch sekundäre Gefährdungen zu berücksichtigen, z. B. Absturzgefahren. Für das kurzzeitige Arbeiten in der Höhe können Stufenleitern verwendet werden. Sie bieten dem Instandhalter einen sicheren Stand. Sprossenleitern sind kein sicherer Arbeitsplatz und dürfen nur als Aufstiegshilfe eingesetzt werden.
Dauern Höhenarbeiten an hydraulischen Arbeitsmitteln mehr als zwei Stunden täglich, sollten vorzugsweise
- Podeste,
- (Fahr-)Gerüste oder
- fahrbare Hubarbeitsbühnen eingesetzt werden.
Der Einsatz von Kranen und Hebezeugen ermöglicht es dem Instandhalter, schwere Hydraulikkomponenten wie Hydropumpen oder Motoren ohne zusätzliches Unfallrisiko und nach ergonomischen Prinzipien aus- und einzubauen. Bei fahrbaren Hubarbeitsbühnen können zudem Werkzeug und Material gefahrlos mitgeführt werden. Dennoch ist stets die maximalzulässige Tragfähigkeit (Nennlast) der Arbeitsbühne zu beachten.
Vorsicht ist bei der Übernahme von schweren Bauteilen in den Arbeitskorb geboten. Möglicherweise wird hierdurch die Nennlast überschritten und die Hubarbeitsbühne stürzt um. Der Lastmomentbegrenzer ist bei einer Lastübernahme unwirksam.
Ist die Hubarbeitsbühne-Nennlast nicht ausreichend, können Krane, Hebezeuge oder Flurförderzeuge zur Demontage bzw. Montage eingesetzt werden. Fahrer und Bediener solcher komplexen Hilfsmittel benötigen eine maschinenspezifische Unterweisung (Ausbildung). Außerdem ist eine Beauftragung durch den Unternehmer erforderlich.
Gefährdungsbeurteilung für Hydraulik-Schlauchleitungen
Die Gefährdungsbeurteilung ist die systematische Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen, die
- nach fachkundiger Einschätzung und
- ausreichender Erfahrung des Unternehmers
bei der Verwendung von Hydraulikanlagen auftreten. Bei der Gefährdungsbeurteilung für Instandhalter sind auch Notfallsituationen – z. B. die Befreiung von Personen aus einer möglicherweise auftretenden Zwangslage – zu berücksichtigen.
Besonderes Augenmerk gilt den Hydraulik-Schlauchleitungen. Sie werden verwendet, wo die Bewegungsform einzelner Maschinenteile es erfordert oder ein einfacher Austausch von Aggregaten erreicht werden soll. Eine Hydraulik-Schlauchleitung besteht aus dem Schlauch und den zugehörigen Armaturen. Grundsätzlich unterliegen sie auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung einer natürlichen Alterung. Die Verwendungsdauer von Hydraulik-Schlauchleitungen ist deshalb begrenzt.
Alter der Schlauchleitungen kontrollieren
Grundsätzlich sollten Hydraulik-Schlauchleitungen nicht länger als sechs Jahre verwendet werden. Sofern kürzere Intervalle vom Hersteller empfohlen werden, haben diese Vorrang. Hydraulik-Schlauchleitungen können in jeder gewünschten Ausführung konfektioniert werden, sie dürfen jedoch nur von fachkundigen Personen hergestellt werden. Keinesfalls dürfen Schlauchleitungen aus gebrauchten Bauteilen eigenständig zusammengesetzt werden.
Bei der Verlegung von Hydraulik- Schlauchleitungen kommt es oft zu Montagefehlern. So ist beispielsweise der maximale Biegeradius der Schlauchware zu berücksichtigen. Außerdem sollten Zug, Torsion sowie Scheuerstellen bei der Verlegung der Schlauchleitungen vermieden werden. Durch Kunststoff-Schutzwendeln und deren richtige Anwendung werden Hydraulik-Schlauchleitungen vor äußeren Beschädigungen geschützt.
Spezielle Schutzschläuche vermeiden außerdem die Gefahr von Öl-Injektionen im Falle eines Schlauchbruchs. Sie sind in Bereichen von Bedien- und Steuerständen anzubringen, sofern die Schlauchleitung nicht bereits durch die Maschinenkonstruktion abgedeckt wird. Die regelmäßige Prüfung von Hydraulik-Schlauchleitungen durch eine „zur Prüfung befähigten Person“ ist obligatorisch. Schlauchleitungen unbekannter Herkunft oder mit einer unvollständigen Kennzeichnung dürfen nicht verwendet werden. Wegen der großen Verletzungsgefahr ist es außerdem verboten, Hydraulik-Schlauchleitungen bei der Fehlersuche mit der Hand abzutasten.
Gesundheitsgefahren durch Druckflüssigkeiten
Beim offenen Umgang mit Hydraulikölen können Atemwege, Augen und Haut geschädigt werden. Insbesondere die Additive und Legierungsbestandteile im Hydrauliköl erhöhen bei wiederholtem Hautkontakt die Gefahr von Dermatosen, die schlimmstenfalls zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit zwingen. Deshalb ist der direkte Hautkontakt zu Hydraulikölen konsequent zu vermeiden.
Gemäß Sicherheitsdatenblatt des Herstellers bzw. Lieferanten der Druckflüssigkeit und der Betriebsanweisung des Anlagenbetreibers müssen Beschäftigte die bereitgestellte Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – z. B. Handschuhe, Schutzbrille usw. – verwenden. Zur PSA gehören auch Hautschutz- und Hautpflegemittel.
Instandhalter sind es gewohnt, schmutzige Hände zu haben. Trotzdem oder gerade deshalb ist der betriebliche Hautschutzplan strikt zu beachten. Werden häufig flüssigkeitsdichte Handschuhe getragen oder müssen die Hände oft und intensiv gereinigt werden, muss der Unternehmer prüfen, ob eine arbeitsmedizinische Vorsorge notwendig ist und diese bei Bedarf veranlassen.
Öl-Injektionen sind besonders gefährlich
Verletzungen durch Öl-Injektionen in bzw. unter die Haut sind immer ein medizinischer Notfall. Sie müssen sofort von einem Arzt (ggf. sogar chirurgisch) behandelt werden. Scharfe Ölstrahlen können zu schweren gesundheitlichen Folgen bis hin zum Tod führen.
Hydrauliköle sind in der Regel brennbare Flüssigkeiten. Bei Kontakt mit einer Flamme oder heißen Oberfläche kann sich die Druckflüssigkeit leicht entzünden. Während der Instandhaltung muss vermieden werden, dass Hydrauliköl ausläuft oder versprüht wird und es zum Kontakt mit heißen Bauteilen kommt.
Bei Bedarf müssen Abschirmungen oder Auffangwannen bereitgestellt und genutzt werden. Ausgelaufene Druckflüssigkeiten sind mit Ölbindemitteln aufzunehmen und sachgerecht zu entsorgen. Bereits kleine Leckagen können dazu führen, dass Personen ausrutschen oderstürzen. Außerdem müssen Feuerlöscher der Brandklasse B in ausreichender Anzahl in der Nähe der Arbeitsstelle vorhanden sein. Im Einzelfall kann es auch nötig sein, eine Brandwache vorzuhalten, um die Instandhaltungsarbeiten zu überwachen.
Koordination und Unterweisung Bei der Instandhaltung von hydraulischen Anlagen treten vielfältige Gefährdungen auf. Es versteht sich von selbst, dass Instandhaltungsarbeiten deshalb nur von geschulten und unterwiesenen Beschäftigten durchzuführen sind. Kommen Beschäftigte verschiedener Unternehmen z. B. im Rahmen einer Großreparatur zusammen, müssen die Arbeitsabläufe vorher festgelegt und während der Dauer der Instandhaltungsmaßnahme koordiniert werden.
Der vom Unternehmer beauftragte Koordinator hat dabei die Aufgabe, gegenseitige Gefährdungen der beteiligten Firmen bzw. Beschäftigten auszuschließen. Anhand von arbeitsschutzrelevanten Dokumenten wie zum Beispiel
- Bedienungsanleitungen,
- Wartungsplänen
- Sicherheitsdatenblättern,
- Betriebsanweisungen und/oder
- Hautschutzplänen
sind die Beschäftigten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit und danach mindestens einmal im Jahr zu unterweisen.
Markus Tischendorf