Vor nicht allzu langer Zeit wurde die Frage „Hat diese Steckdose einen FI?“ noch mit Stirnrunzeln begleitet und kopfschüttelnd beantwortet: „So etwas brauchen wir hier nicht. Das ist doch kein Badezimmer!“ Mittlerweile kann man mit Fug und Recht behaupten, dass die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) nicht nur anerkannt ist, sondern als lebensrettend eingestuft wird.
Doch was steckt hinter dem Begriff RCD? Tatsächlich ist eine gewisse Unsicherheit wahrzunehmen, wie diese Betriebsmittel genannt werden sollen. Die übergeordnete Bezeichnung gemäß den VDE-Bestimmungen lautet Fehlerstrom-Schutzeinrichtung. Aber auch die historische Bezeichnung FI („F“ für Fehler und „I“ für Strom) ist nach wie vor geläufig, insbesondere bei der Ausprägung als RCBO, die auch gerne als FI/LS bezeichnet wird.
Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen mit Überstromschutz (RCBO)
Diese schon relativ weit verbreiteten Schaltgeräte vereinen Fehlerstrom- und Leitungsschutzschalter in einem Gehäuse (FI-/LS-Kombination). Ihr großer Vorteil besteht nicht nur in der kompakten Bauform (im Vergleich zu Einzelgeräten), sondern vor allem darin, dass jeder Stromkreis mit einer eigenen RCD ausgestattet werden kann. Neben der weitaus größeren Verfügungssicherheit des einzelnen Stromkreises kommt es durch die Separierung auch seltener zu unerwünschten Auslösungen aufgrund aufsummierter Ableitströmen.
Die neueste Form von RCBOs (siehe Abb. 1) ist nur noch so breit wie ein klassischer Leitungsschutzschalter. Diese platzsparende Version ist höchst interessant zum Nachrüsten von mobilen Verteilern oder bei kompakten Neubauten.
In Deutschland zugelassene RCBOs müssen einen elektromechanischen Auslöser haben, der auch ohne Netzspannung bei Auftreten eines Fehlerstroms sicher und schnell funktioniert – wie von den „normalen“ FIs bekannt. Nur RCBOs, die nach den nachfolgenden Produktnormenhergestellt sind, erfüllen diese Anforderung und dürfen das VDE-Zeichen tragen:
- DIN EN 61009-2-1 (VDE 0664-21) „Fehlerstrom-Schutzschalter mit eingebautem Überstromschutz (RCBOs) für Hausinstallationen und ähnliche Anwendungen“
- DIN EN 62423 (VDE 0664-40) „Fehlerstrom-/Differenzstrom-Schutzschalter Typ F und Typ B mit und ohne eingebautem Überstromschutz für Hausinstallationen und für ähnliche Anwendungen“
Die elektrische Niederspannungsanlage– wie sie auch bei Veranstaltungen zum Einsatz kommt – ist nach den Bestimmungen der DIN VDE 0100 zu errichten. Werden RCBOs zur automatischen Abschaltung der Stromversorgung nach DIN VDE 0100-410 eingesetzt, müssen sie die oben genannten Normen erfüllen.
Der Errichter – und später der Betreiber – der elektrischen Niederspannungsanlage trägt nicht nur die Verantwortung für eine fachgerechte Errichtung, z. B. das Verlegen und Anschließen von Kabeln und Leitungen, sondern auch für die Auswahl der eingesetzten elektrischen Betriebsmittel, z. B. die RCBOs. Diese müssen unter anderem den Bestimmungen der DIN VDE 0100-530 entsprechen.
Prüfen und erproben
Nach DGUV Vorschrift 3 „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ müssen elektrische Anlagen und Betriebsmittel vor der ersten Inbetriebnahme und wiederkehrend geprüft werden. Eine RCBO muss vor der Benutzung durch Betätigung der Prüftaste auf ihre Funktionsfähigkeit hin geprüft werden. Die Wirksamkeit der automatischen Abschaltung der Stromversorgung wird in erster Linie durch die Durchgängigkeit des Schutzleiters sowie den entsprechenden Schleifenwiderstand garantiert. Die Auslösung der RCBO wird nach Norm DIN VDE 0105-100/A1 grundsätzlich mit dem 5-fachen Bemessungsdifferenzstrom der RCBO geprüft.
Sven Kubin, Hans-Peter Steimel
RCD-Typen und deren Eigenschaften
Je nach Betriebsmittel mit elektronischen Schaltungen im Stromkreis können unterschiedliche Fehlerstromformen auftreten. Da RCDs sich in ihrer Eignung für die Erfassung von Fehlerstromformen stark unterscheiden, ist bei ihrer Auswahl der entsprechende Verbraucher im Endstromkreis zu berücksichtigen. In der DIN VDE 0100-530:2018-06, Anhang A, zeigt eine Tabelle einige der heute üblichen elektronischen Schaltungen und deren mögliche Last- und Fehlerströme mit dem jeweils geeigneten RCD-Typ.
AC: Dieser Gerätetyp erfasst nur sinusförmige Wechselfehlerströme. Er ist zur Realisierung von Personenschutzmaßnahmen nicht geeignet. Der Einbau dieses RCD-Typs ist seit 1985 in Deutschland nicht erlaubt.
A: Dieser Gerätetyp erfasst auf elektromechanische netzspannungsunabhängige Weise neben sinusförmigen Wechselfehlerströmen auch pulsierende Gleichfehlerströme. Als pulsstromsensitive Fehlerstrom-Schutzeinrichtung ist sie die in Deutschland üblicherweise eingesetzte RCD. Sie reagiert auch auf die bei einphasigen Verbrauchern mit elektronischen Bauteilen im Netzteil (z. B. EVG, Dimmer) möglichen Fehlerstromformen.
F: Dieser Gerätetyp arbeitet wie der Typ A. Er ist auch für höherfrequente Fehlerströme geeignet, z. B. von einphasigen Frequenzumrichtern.
B: Dieser Gerätetyp arbeitet ebenfalls wie der Gerätetyp A. Mit seiner integrierten Zusatzeinrichtung werden auch Gleichfehlerströme erfasst. Diese Fehlerstrom-Schutzeinrichtung wird als allstromsensitiv bezeichnet und ist für den Einsatz in allen gezeigten Stromkreisen geeignet.
B+: Für diesen Gerätetyp gelten dieselben Bedingungen wie für Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen des Typs B. Lediglich der Frequenzbereich für die Erfassung von Fehlerströmen ist bis 20 kHz ausgelegt.
Weitere Ausführungen von RCDs können bei den Herstellern angefragt werden.
Achtung, Gefahr!
Einige RCBOs – vor allem sehr günstige Varianten – sind nicht für den europäischen Markt gebaut und in fast allen europäischen Ländern nicht zugelassen. Sie tragen weder ein CE- noch ein VDE-Zeichen. Das Tückische daran: Die technische Unzulänglichkeit ist bei einer Sichtprüfung nicht zu erkennen. Zudem ergeben Messungen und Prüfungen an einem fehlerfreien Anschluss auch keinen Aufschluss über die ordnungsgemäße Funktion. Fragen zur Produktsicherheit richten Sie bitte an den jeweiligen Hersteller oder an das VDE-Prüfinstitut in Offenbach.