Unternehmerversicherung: Stefan Klein sitzt in einem weißen Kittel mit einer Schutzbrille an einem Werktisch mit einem Werkstück vor einer Schleifmaschine, die von zwei Tischlampen beleuchtet wird.

Nie schleifen lassen: Prävention und Arbeitsschutz haben in der Edelsteinwerkstatt von Stefan Klein in Idar-Oberstein oberste Priorität.

An Weihnachten 2006 wurde Stefan Klein mit einer beidseitigen Lungenentzündung in die Uni-Klinik Mainz eingewiesen. Zufällig entdeckte ein Arzt bei dem damals 46-Jährigen Silikose, auch Quarzstaublunge genannt. „Davon habe ich vorher nichts mitbekommen. Ich dachte einfach, ich werde älter und bin deshalb nicht mehr so leistungsfähig“, sagt der Edelsteingraveurmeister aus Idar-Oberstein. Zeitgleich bekamen drei seiner Kollegen dieselbe Diagnose, einer davon starb kurze Zeit später. Klein fragte sich beklommen: „Wie viel Lebenserwartung habe ich eigentlich noch?“ Silikose war früher eine typische Erkrankung von Bergleuten. Wenn sie über einen längeren Zeitraum Quarzstaub eingeatmet hatten, vernarbte das Lungengewebe. Husten und Atemnot stellten sich ein. Heutzutage tritt die unheilbare Krankheit in Deutschland nur noch selten auf. Plastiker wie Stefan Klein gehören zu den wenigen Ausnahmen. Bei der Erstellung von großen Edelsteinskulpturen fallen große Staubmengen an. Die Folge: Kleins Lungenvolumen betrug nur noch 62 Prozent.

Arbeit an Edelsteinskulpturen fordert hohen Tribut

Nach der Diagnose stellte der Edelsteingraveur seinen Betrieb um. Fortan vermied er die Erstellung von größeren Skulpturen. Gleichzeitig machte er sich auf die Suche nach einer leistungsstarken Absauganlage, die den Quarzstaub direkt beim Edelsteinschleifen wegsaugt. Die damalige Aufsichtsperson der BG ETEM half ihm bei der Sichtung verschiedener Anlagen und Angebote, nachdem sie zuvor Luftmessungen im Atelier vorgenommen hatte. Eine Teilrente für seine zu 30 Prozent geminderte Erwerbsfähigkeit erlaubte ihm zudem, beruflich kürzer zu treten. Die Silikose stabilisierte sich. „Vor allem hat die große psychische Belastung nachgelassen“, sagt er heute dankbar.

Detail Schleifen eines Schmuckstücks aus einem weißen, milchigen Stein.

Jeder Schliff muss sitzen. Korrekturen sind nachträglich kaum möglich.

Doch seine Arbeit an den Edelsteinen hatte weitere Konsequenzen: Im Jahr 2015 wiesen Kleins Hände weißliche Verfärbungen auf. Anfangs hatte er kaum Schmerzen, aber mit den Jahren wurden sie immer schlimmer. Vor allem, wenn im Winter beim Schleifen der Edelsteine die Hände Kälte und Nässe ausgesetzt sind, fühlen sie sich an „als ob sie erfrieren würden“. Die Diagnose: vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen.

„Es war schwierig, dafür einen Gutachter zu finden“, erzählt Nicole Haddad, Sachbearbeiterin und Reha-Managerin bei der BG ETEM. Denn wie die Silikose ist auch die vibrationsbedingte Durchblutungsstörung eine seltene Berufskrankheit. Das Gutachten eines Angiologen (Arzt für Gefäßerkrankungen) bestätigte: Auch die zweite Berufskrankheit minderte Kleins Erwerbsfähigkeit um 30 Prozent. Er erhielt eine weitere Teilrente von der BG ETEM. „Die wäre bei den privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen, die ich auch noch habe, nicht drin gewesen. Sie greifen erst, wenn eine Erkrankung mit über 50 Prozent Erwerbsminderung vorliegt“, erklärt er.

Unternehmer Stefan Klein arbeitet im Sitzen mit gelben Schutzhandschuhen und einer grünen Schutzlatzhose. Auf dem Kopf trägt er eine Schutzmaske mit Frischluftzuführung.

Der Edelsteingraveurmeister führt den familieneigenen Betrieb in vierter Generation.

Wieder suchte ihn ein Mitarbeiter des Präventionsdienstes der BG ETEM in seinem Edelsteinatelier in Idar-Oberstein auf. Er prüfte, durch welche Maßnahmen die Belastungen durch Vibration und Kälte am Arbeitsplatz vermindert werden können. „Wir haben mit Stefan Klein vereinbart, dass er sich spezielle Antivibrationshandschuhe bestellt und testet“, berichtet Sachbearbeiterin Nicole Haddad. Die BG ETEM übernahm anschließend die Kosten dafür. Auch die hohen Arztkosten, für die Stefan Klein als Privatpatient ansonsten in Vorleistung hätte gehen müssen, trug die Berufsgenossenschaft. Die zweite Erwerbsminderungsrente ermöglichte ihm, seine Arbeitszeit noch weiter zu reduzieren. In drei Jahren geht er in Rente. „Im Rückblick war es der beste Rat meines Vaters, mich bei der Berufsgenossenschaft freiwillig zu versichern. Darauf wäre ich selbst nicht gekommen als ich die Leitung des Betriebs übernahm“, gibt der Edelsteingraveur freimütig zu und lacht.

 

Dr. Liane Gärtner