Von den ersten Feuerzeichen bis zum einsatzfähigen Lichtwellenleiter war es ein langer Weg. Die Übertragung von Nachrichten mithilfe von Licht wird schon seit Jahrtausenden genutzt – zunächst in Form von einfachem Signalfeuer, im Laufe der Zeit dann mit spiegelnden Objekten und Sonnenlicht. Durch die Bewegung des Spiegels nach einer vordefinierten Signalkodierung wurde das Sonnenlicht in Richtung eines weit entfernten Beobachters reflektiert (siehe Abbildung 1). Beobachter nahmen das reflektierte Sonnenlicht als Lichtblitz wahr und konnten die Information anhand der Lichtblitzfolge herauslesen.
Allerdings ließen sich durch diese Art der optischen Nachrichtenübertragung zunächst nur zuvor verabredete Inhalte übermitteln. Im Laufe der Zeit entstanden ganze Telegraphen-Netzwerke. Im Jahre 1875 wurde mit der Erfindung des Telefons und der damit verbundenen Entwicklung von Fernmeldeleitungen und -kabeln (Kupferdraht-Infrastruktur) die optische Nachrichtentechnik zunächst Schritt für Schritt durch den Einsatz dieser neuen Technologien ersetzt.
Mitte der 1960er-Jahre zeichnete sich jedoch ab, dass die bis dahin zur Verfügung stehende und durch die Kupferdraht-Infrastruktur limitierte Bandbreite für den erwarteten Anstieg der Datenübertragungen nicht ausreichen würde. Mit der Entwicklung der ersten Lasersysteme in den 1960er-Jahren eröffneten sich neue Möglichkeiten zur optischen Datenübertragung. Anfang der 1970er-Jahre wurden in den USA mithilfe von reinem Glas die ersten Lichtwellenleiter hergestellt.
Mittlerweile sind Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systeme (LWLKS) in der optischen Datenübertragung weit verbreitet und kommen vermehrt auch im LAN-Bereich zum Einsatz. Laser und LED werden als Sender benutzt, die schnell moduliert werden können und hohe Leistungen ausstrahlen. Als Empfänger stehen schnelle empfindliche Fotodetektoren zur Verfügung.
Aufbau, Funktionsprinzip und Eigenschaften von Lichtwellenleitern
Lichtwellenleiter (LWL) sind meistens Glasfasern oder Kunststofffasern und ähnlich wie Koaxialkabel aufgebaut. Die Glasfaser besteht aus einem Kern und einem Mantel mit anderen optischen Eigenschaften, einem kleineren Brechungsindex im Mantel. Die in den Lichtwellenleiter eingekoppelten Lichtstrahlen werden beim Auftreffen auf die Grenzschicht zwischen Kern und Mantel in den Kern „total reflektiert“.
Glasfasern sind typischerweise aus drei Komponenten aufgebaut: Kern, Mantel und Außenmantel (Beschichtung):
- Der Kern besteht aus hochreinem Glas. Durch ihn wird die Information mittels Lichtwellen übertragen.
- Der um den Kern befindliche Mantel besitzt einen niedrigeren Brechungsindex als der Kern. Hierdurch wird sichergestellt, dass das Licht innerhalb des Kerns am Übergang zum Mantel reflektiert wird. Somit wird das Licht quasi verlustfrei durch den Lichtwellenleiter geleitet. Daher spricht man in diesem Fall auch von Totalreflexion (siehe Abbildung 2).
- Der Außenmantel besteht aus Kunststoff und dient unter anderem dazu, dass die Faser beim Biegen nicht bricht. Eine einzelne Glasfaser ist etwa so dünn wie ein menschliches Haar und besitzt typischerweise einen Durchmesser von um die 250 µm.
Bei Lichtwellenleitern wird zwischen Multi-Mode-Lichtwellenleitern und Single-Mode-Lichtwellenleitern unterschieden. Der Kerndurchmesser bei Single-Mode-Lichtwellenleitern ist im Vergleich zu dem von Multi-Mode-Lichtwellenleitern wesentlich kleiner (siehe Abbildung 3). Hierdurch lässt sich in Single-Mode-Lichtwellenleitern nur eine einzige Lichtmode übertragen, während mit Multi-Mode-Lichtwellenleitern mehrere Lichtmoden gleichzeitig übertragen werden können.
Typischerweise werden Single-Mode-Lichtwellenleiter bei der Datenübertragung über größere Entfernungen eingesetzt. Als Lichtquelle wird dabei meist ein Laser oder Laserdioden verwendet. Multi-Mode-Lichtwellenleiter kommen bei Kurzstrecken zum Einsatz: Bei ihnen fungieren LEDs als Lichtquelle.
Ein Lichtwellenleiterkabel setzt sich aus mehreren Einzelglasfasern zusammen. Mittlerweile gibt es unterschiedliche Bauarten und Einsatzgebiete für Lichtwellenleiter.
Gefährdungen bei Lichtwellenleitern (LWL)
a) Gefährdungsgrade (1, 1M, 2, 2M, 3R, 3B und 4)
Neben der Laserklasse, die die potenzielle Schädigungsmöglichkeit durch „freie“ Laserstrahlung anzeigt, werden speziell für die besonderen Bedingungen bei LWLKS Gefährdungsgrade zur Risikoermittlung eingeführt, da die im LWL geführte Laserstrahlung nur unter bestimmten Umständen austritt. Der Gefährdungsgrad beschreibt die mögliche Gefährdung an jeder zugänglichen Stelle innerhalb eines LWLKS. Der Gefährdungsgrad beruht auf dem optischen Strahlungspegel, der unter vernünftigerweise vorhersehbaren Umständen, zum Beispiel bei einem Lichtwellenleiterbruch, zugänglich werden kann. Die Schutzmaßnahmen ergeben sich jedoch nicht „automatisch“, wie bei den Laserklassen aus dem Gefährdungsgrad, sondern erst im Zusammenhang mit der kategorisierten Zugänglichkeit des jeweiligen „Standorts“.
b) Gefährdungen durch optische Strahlung
Wird das LWLKS ohne Wartungsarbeiten oder Systemprüfungen im Normalbetrieb betrieben, gibt es keine Strahlungsgefährdungen, weil die Laserleistung im LWL-Kabel vollständig eingeschlossen ist. Vor allem bei Wartungs- und Servicearbeiten kann eine Gefährdung durch Laserstrahlung nicht ausgeschlossen werden. Folgende Wartungs- und Servicearbeiten fallen darunter (Auswahl):
- Prüfungen, Messungen und sonstige Arbeiten, zum Beispiel in Kabelschächten
- Inspektion von Faserenden an Lichtwellenleiter-Verbindungen mit Strahlung (in Betrieb befindlich)
- Servicearbeiten bei Faserbruch
- Servicearbeiten am Verteilerschrank
- Servicearbeiten bei Dämpfungsmessung entlang einer Strecke
- Servicearbeiten beim Spleißen (Verschweißen von Faserenden mittels Lichtbogen
c) Gefährdungen durch indirekte Auswirkungen
Neben der direkten Gefährdung durch Laserstrahlung können auch indirekte Gefährdungen bestehen.
- Verletzungen durch Faserreste: Bei Steckerkonfektionierung oder Spleißarbeiten entstehen Faserreste. Die feinen Fasern können in die Augen und die Haut eindringen und zu Entzündungen führen oder oral aufgenommen werden.
- Gefährdungen durch Brand und Explosion: Im Laserbereich, besonders in Nähe der Faserendfläche, dürfen keine brennbaren und entzündlichen Stoffe gelagert werden, um eine Brandgefährdung durch Laserstrahlung zu vermeiden.
Auch kann die Laserstrahlung, insbesondere bei Fokussierung und am Faserausgang, durch Absorption in explosionsfähiger Atmosphäre oder an festen Oberflächen zur Zündquelle werden.
Gefährdungsbeurteilung
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber bei bekannten LWLKS entsprechend der Laserklasse bzw. des Gefährdungsgrades Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik festlegen und durchführen (siehe TROS Laserstrahlung Teil 3 „Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen durch Laserstrahlung“). Die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen muss geprüft werden.
Liegen bei unbekannten LWLKS („Dark Fibre“) keine Informationen vor, kann eine vereinfachte Gefährdungsbeurteilung anhand der in Deutschland übertragenen Laserleistung von höchstens circa 2 W durchgeführt werden. Solche Laserleistungen entsprechen der Laserklasse 4. In der Regel müssen Beschäftigte dann im abgeschalteten Zustand arbeiten.
Regelmäßige Begehungen der Arbeitsbereiche durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin oder durch verantwortliche Personen gehören wesentlich zur Überwachung des sicheren Betriebs. Das Ergebnis der Begehung muss dokumentiert werden und wird damit zum Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung.
Für den Umgang mit Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systemen (LWLKS) sind in der Gefährdungsbeurteilung insbesondere folgende spezifische Gefährdungen zu berücksichtigen:
- Die Lichtwellenleiterkabel werden mit hohen Laserleistungen (bis Laserklasse 4) betrieben.
- Die tatsächliche Höhe der im Lichtwellenleiterkabel geführten optischen Leistung und das damit verbundene Gefährdungspotenzial sind oft von außen nicht feststellbar („Dark Fibre“).
- Die Enden der Lichtwellenleiter in LWLKS sind üblicherweise flexibel und eine Abstrahlung ist nahezu in beliebiger Richtung möglich.
- Bei Einsatz von Mikroskopen oder Lupen kann sich unter Umständen die Gefährdung erhöhen.
- Die emittierte Strahlung liegt bei LWLKS typischerweise im IR-Bereich (700 – 1700 nm) und ist damit nicht sichtbar.
- Der Kerndurchmesser eines LWL ist meist so klein (im Bereich einiger µm), dass er im Auge eines Betrachters beugungsbegrenzt auf einen Punkt der Netzhaut abgebildet wird (Punktlichtquelle).
- Auftreten eines Faserbruches (gewollt beim Spleißen oder ungewollt).
- Die aus dem LWLKS austretende Strahlung ist je nach numerischer Apertur der Faser mehr oder weniger stark divergent.
- Werden einzelne Fasern zusammengefasst, zum Beispiel in einem Faserbändchen, kann sich allein durch diese örtliche Konzentration von Strahlungsquellen eine Gefährdung einstellen oder erhöhen.
- In Datenblättern von Sendekomponenten mit Steckbuchten („receptacle“) wird üblicherweise die bestimmungsgemäß in den LWL eingekoppelte Strahlungsleistung angegeben. Sie beinhalten daher ggf. Koppelverluste beim Anschluss eines Steckverbinders. Diese Koppelverluste gibt es beim direkten Blick in das Sendeelement nicht. Sie können bei einer Gefährdungsanalyse auf Basis des Datenblatts berücksichtigt werden.
- Je nach Arbeitsplatz (Zugänglichkeit, Standorttyp) ist die Gefährdung im Zusammenhang mit LWLKS unterschiedlich zu bewerten.
Schutzmaßnahmen
Der Betreiber beziehungsweise die Betreiberin eines kompletten LWLKS hat die Verantwortung für die Lasersicherheit. Das beinhaltet unter anderem die Festlegung der Standorttypen und des Gefährdungsgrades mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen. Dabei ist das STOP-Prinzip zu beachten (siehe Kasten).
Rangfolge der Schutzmaßnahmen (STOP):
Substitutionsprüfung und Minimierungsgebot
- Vermeidung oder Minimierung von Gefährdungen durch Laserstrahlung an Arbeitsplätzen durch andere geeignete Arbeitsverfahren und Arbeitsmittel
Technische (konstruktive) Schutzmaßnahmen
- zum Beispiel Abschirmungen (feste Absperrungen, Stellwände), Strahlwegbegrenzung, Notausschalter, automatische Leistungsverringerung, Verwendung geeigneter optischer Instrumente (zum Beispiel Lupen oder Mikroskope mit geeignetem Schutzfilter, indirekte Video-Mikroskope, Messgeräte, Spleißgeräte)
Organisatorische (administrative) Schutzmaßnahmen
- zum Beispiel Kennzeichnung und Warn- oder Hinweisschilder, Betriebsanweisungen, Unterweisungen, Festlegung der Standorttypen und Gefährdungsgrade, Festlegen der Laserbereiche, der NOHD-Bereiche und Zutrittsbeschränkungen, Arbeitsmedizinische Vorsorge, Laserschutzbeauftragte
Persönliche Schutzmaßnahmen
- zum Beispiel Benutzen von Laser-Schutzbrillen oder -visieren
Bei den Laserschutzmaßnahmen können folgende Anwendungsbereiche mit Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systemen (LWLKS) oder -komponenten grob unterschieden werden:
- Normalbetrieb des LWLKS
- Wartung, Montage und Prüffeld (WP)
- Forschung und Entwicklung (FE).
Allgemeine Regeln zum sicheren Arbeiten an und mit LWLKS
Unter Beachtung der folgenden Regeln darf bei Gefährdungsgraden 1 bis 3R im laufenden Betrieb gearbeitet werden:
Betrachten der Faser |
nicht mit ungeschütztem Auge oder einem nicht anerkannten optischen Gerät auf Faserenden oder Steckerstirnflächen blicken Faserende nicht auf andere Personen richten |
Optische Instrumente |
nur speziell ausgewählte oder angefertigte optische Instrumente mit Filter oder Dämpfung benutzen, bei Gefährdungsgraden größer oder gleich 1M oder 2M indirekte Sehhilfen (Kamera, Monitor und ähnliche Systeme) benutzen |
Faserenden | offene Faserenden abdecken (Spleißschutz, Klebeband), wenn nicht daran gearbeitet wird; offene Stecker mit Staubschutzkappen versehen |
Fasertrennen |
nur Fasern von freigeschalteten Übertragungsstrecken brechen Fasertrenngerät mit Faserrestebehälter verwenden |
Messleitungen |
die optische Quelle als letzte anschließen und als erste trennen |
Wartung | nur nach spezieller Arbeitsanweisung durchführen |
Reinigung der Stecker und Faserenden | nur geeignete Methoden (in der Regel von den Herstellern vorgegeben) benutzen |
Änderungen am LWLKS | nur mit besonderer Befugnis des/der Betreibers/Betreiberin |
Kennzeichnung Schilder |
beschädigte oder fehlende Schilder melden und ersetzen |
Schlüsselschalter |
Schlüssel nur in Obhut autorisierter Personen aufbewahren |
Testeinrichtungen |
die Laserklasse der Testeinrichtung muss dem Gefährdungsgrad des Standortes entsprechen |
Warnzeichen |
Standorte mit Gefährdungsgraden oberhalb 1M sind immer mit dem Laserwarnzeichen und dem Gefährdungsgrad zu versehen |
Quelle: DGUV Information 203-039 |
Fazit
Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systemen (LWLKS) haben unser Leben maßgeblich verändert und werden im großen Umfang zur optischen Datenübertragung eingesetzt. Für viele Unternehmen sind LWLKS mittlerweile unverzichtbar geworden.
Im Normalbetrieb besteht in der Regel keine Strahlungsgefährdung, da die Laserstrahlung innerhalb des LWLKS geführt wird. Im Wartungs- und Servicefall lässt sich eine Gefährdung durch Laserstrahlung jedoch nicht ausschließen und besondere Schutzmaßnahmen sind zu berücksichtigten.
Die DGUV Information 203-039 „Umgang mit Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systemen“ unterstützt bei der Gefährdungsbeurteilung und der Auswahl der Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Lasern für LWLKS. Die umfangreichen Anhänge – mit Begriffsbestimmungen, Beispiele für LWLKS und deren Sendeelemente, biologische Wirkungen von Laserstrahlung, Berechnungsbeispiele von Laserbereich und NOHD-Bereichen, Anforderungen an Standorttypen und Anleitung für Instandsetzung und Wartung – bieten zudem eine gute Grundlage für die Unterweisung der Beschäftigten.
Eva Janick, Martin Brose
→ info
- DGUV Information 203-039 „Lichtwellenleiter-Kommunikations-Systeme (LWLKS)“ unter www.bgetem.de, Webcode M18284603
- Faltblatt Umgang mit Lasern (T030) unter www.bgetem.de, Webcode: M18806078
- Unterweisungshilfe „Lasersicherheit“ (PU025) unter www.bgetem.de, Webcode: M20538049
- Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung: Lasersicherheit (SZ024) unter www.bgetem.de, Webcode: M18675268
- Ausbildungsseminare für Laserschutzbeauftragte sind buchbar über die Seminardatenbank der BG ETEM www.bgetem.de, Webcode: 14363753, Veranstaltungsnummern 313 und 314
- Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung – OStrV unter www.baua.de
- Technische Regeln zur Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (TROS) unter www.baua.de
- Fachkompetenzcenter „Strahlenschutz“
Telefon: 0221 3778-6231
E-Mail: strahlung@bgetem.de
unter bgetem.de, Webcode: 14573624
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