Porträt von Burkhard Knoch. Er hat eine Halbglatze, trägt eine Brille, ein helles Hemd und ein graues Jackett.

Burkhard Knoch weiß, wie wichtig betriebliches Gesundheitsmanagement auch in der Personalführung ist.

Welche speziellen Gesundheitsgefahren bestehen bei Führungskräften?

Burkhard Knoch: In der Regel sind Führungskräfte sehr mit ihrem Unternehmen und ihren Aufgaben identifiziert. Bei langanhaltenden zeitlichen, strategisch-inhaltlichen oder persönlichen Herausforderungen können Überbeanspruchungssituationen entstehen, die eventuell nicht allein zu bewältigen sein könnten. Anzeichen hierfür sind Nervosität, Gereiztheit, Schlafprobleme, Magen-Darm-Probleme oder auch Vermeidung von Aktivitäten zur Erholung. Hier ist es wichtig, dass die Führungskraft sich Unterstützung holt, bei der eigenen Führungskraft oder auch bei Beratungsangeboten, die das Unternehmen zur Verfügung stellt, wie Sozialberatung, Beratung durch den Gesundheitsmanager oder den betriebsärztlichen Dienst.

Insbesondere Führungskräfte im mittleren Management sind besonders gefordert durch ihre Einbindung in strategisch-unternehmerische Prozesse nach oben und ihre operationale Umsetzungsverantwortung nach unten. Hier helfen kollegiale Beratungsangebote, mit denen wir bei der swb AG gute Erfahrungen gemacht haben.

Warum ist es so wichtig, dass Führungskräfte gesund bleiben?

Führungskräfte sind ein zentraler Stellhebel für unternehmerischen Erfolg, sie erreichen Ergebnisse und motivieren andere, daran konstruktiv mitzuwirken. Kranke Führungskräfte brauchen Zeit für sich und für ihre Erholung und können nicht mehr zum Unternehmenserfolg beitragen. Und deshalb sollte das Ziel sein, dass der Vorstand und die obersten Führungskräfte das Thema Gesundheitsmanagement als ganzheitlichen und unternehmensstrategisch bedeutsamen HR-Gestaltungsprozess verstehen und nicht reduzieren auf elaborierte Angebote in der Gesundheitsförderung.

Welche Auswirkungen hat das Verhalten von Führungskräften auf die Belegschaft?

Es ist wissenschaftlich klar herausgearbeitet, dass das Führungsverhalten sehr direkt auf die gesundheitliche Beanspruchungssituation und daraus folgende Fehlzeiten bei Beschäftigten wirkt. Ein eher kontakt- und kommunikationsvermeidendes Verhalten, das zu wenig positive Bindungserfahrung, Identifikation, Vertrauen, Feedback, Fehleroffenheit und wertschätzende Leistungsorientierung anbietet, führt eher zu mehr Rückzug. Außerdem sorgt es für Intransparenz, Überbeanspruchung, Motivationsverlust und Erkrankungswahrscheinlichkeit bei den Beschäftigten.

Wie sollte ein wirksames betriebliches Gesundheitsmanagement aussehen?

Das Wichtigste ist, einen Managementprozess zu konzipieren und zu installieren, der methodisch versiert Kennzahlen, Digitalisierung, Führungsverhalten, Maßnahmendurchführung und Feedback zu Wirksamkeit und Akzeptanz bringt. Unser Managementprozess setzt auf den Dialog zwischen Führungskraft und Beschäftigten und stellt dafür Kennzahlen mit Ampelsystematik zur Verfügung, um frühzeitig gemeinsam Maßnahmen entwickeln zu können. Sowohl die Kennzahlen als auch die Maßnahmen sind in einem quartalsweise vorgelegten Report auf Gesellschaftsebene und für alle Führungskräfte sichtbar nachvollziehbar. Zudem ist die Rückmeldequote über getätigte Maßnahmen an die Konzernzielkarte angedockt. Diese Zirkularität aus KPIs, Dialog, Maßnahmenumsetzung und transparentem Reporting macht den BGM-Prozess aus.

Welche Erfahrungen haben Sie bei swb mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement gemacht?

Der swb AG Gesundheitsmanagementprozess ist ganzheitlich, mit Dashboard-Ansatz und sehr auf die Kombination von sogenannten KPIs mit Handlungsanforderungen an Führungskräfte ausgerichtet. KPIs steht für Key Performance Indicators – also für Schlüsselkennzahlen, die den Erfolg einer Maßnahme definieren. Mit Blick auf diese Kennzahlen ist das Gesundheitsmanagement bei swb sehr wirksam. Ein Beispiel: In der ersten vier Jahren nach Einführung haben sich die Fehlzeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um 25 Prozent reduziert.

Welche Empfehlungen geben Sie zum gesunden Umgang mit Homeoffice und mobiler Arbeit?

Zentraler Ansatzpunkt ist, Regeln für die mobile Arbeit aufzustellen, die bei maximaler Flexibilität die Verantwortung der Führungskraft und eine individuell ausgerichtete Kommunikation mit den Beschäftigten zum Kernpunkt machen. Aus unserer Sicht ist auch hier der Ansatzpunkt in dem formal notwendigen Kommunikationsprozess zwischen Führungskraft und Mitarbeiterin beziehungsweise Mitarbeiter. Es ist nicht notwendig, diesen individuellen Gestaltungs- und Entscheidungsprozess mit generell vorgegebenen Quoten zum Verhältnis von vor Ort beziehungsweise mobil einzuengen.

Welche Rolle spielt dauerhafte Erreichbarkeit – zum Beispiel auch im Urlaub?

Die ist Gift, wenn Führungskräfte ihre individuelle Leistungsfähigkeit aufrechterhalten wollen. Also: würde ich lieber lassen.

Wie hat swb das geregelt?

Es gibt in der Regel keine dauerhafte Erreichbarkeit, außer in sehr speziellen Managementfunktionen mit sicherheitsrelevanter Aufgabenstellung. Hier ist eine Abschwächung der notwendigen Erreichbarkeit durch Vertretungsregelungen und durch klare Kategorisierung bei Notfallszenarien gegeben.

 

Die Fragen stellte Dr. Michael Krause