Zwei Personen mit Mundschutz stehen an einem Tisch, auf dem ein Glasbehälter an einer Angelschnur befestigt steht. Eine Person hält die Angel und kurbelt die Leine auf.

Der betroffene Beschäftigte und die interne Arbeitssicherheit des Unternehmens entwarfen gemeinsam den Prototyp des neuen Fallgeräts.Nun nutzen das Fallgerät alle, die im Rahmen ihrer Tätigkeit Proben nehmen müssen.

Der Mitarbeiter der Berliner Wasserbetriebe (BWB) arbeitet als Probenehmer im Trinkwasserlabor. Seine Aufgabe ist es, mit einem Fallgerät Wasserproben aus dem Reinwasserbehälter zu entnehmen. Dazu muss er ein etwa drei Kilogramm schweres Fallgerät in den Behälter ablassen, die Flasche dort befüllen und anschließend wieder hochkurbeln. Die Kurbelstrecke liegt bei sechs bis acht Meter.

Nach einem Bandscheibenvorfall hatte der Beschäftigte sich an das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) des Unternehmens gewandt: Die Arbeit mit dem Fallgerät war umständlich und schwergängig, sie bereitete dem Mitarbeiter starke Schmerzen. Das führte zunächst zu Einschränkungen im Arbeitsalltag, später zu krankheitsbedingten Ausfallzeiten. Der Mitarbeiter musste sich mehreren Operationen unterziehen und war deshalb mehrere Monate lang arbeitsunfähig. Seitdem sollte er schweres Heben und Tragen nach Möglichkeit vermeiden.

Angelschnur mit Kurbel und Behältergestell.
Das alte Fallgerät verhakte häufig, wodurch sich der Probenbehälter nur schwer hinablassen und wieder hinaufziehen ließ.  

Das Unternehmen optimierte also das täglich genutzte Arbeitsgerät des Beschäftigten zunächst aus folgenden Gründen:

  • Das Stahlseil verhakte sich häufig. Dadurch ließ sich der Probebehälter nur schwer herablassen und wieder heraufziehen.
  • Die Kurbel war zu klein und entglitt häufig.
  • Der Haltegriff an der Kurbel war kantig und nicht ergonomisch. Deshalb musste das Gerät zusätzlich abgestützt und mit Kraftaufwand gehalten werden.

Entscheidung für eigenständige Umrüstung

Die BWB entschieden sich aufgrund dieser Nachteile, das Fallgerät umzurüsten – und zwar selbst. Wichtigster Grund: Über den Einkauf – also "von der Stange" – war kein passendes Alternativgerät verfügbar. Das Unternehmen suchte deshalb nach einer individuellen Lösung, die exakt auf die Bedürfnisse des betroffenen Mitarbeiters zugeschnitten war. Das Ergebnis: In enger Zusammenarbeit entwarfen die hauseigene Technische Ausbildung und die Abteilung für Arbeitssicherheit ein neues Fallgerät, das sie auch baulich umsetzten. Der Mitarbeiter war in die gesamte Entwicklung eingebunden.

Die erste Lösung des neuen Fallgeräts: Eine Angel dient als Grundkörper.

Die erste Lösung des neuen Fallgeräts: Eine Angel dient als Grundkörper. 

Der Grundkörper des neuen Probenahmegeräts war eine Angel, der eine Kurbel hinzugefügt wurde, die in der Technischen Ausbildung angepasst wurde. Zudem verlängerten die Entwickler den Haltegriff an der Kurbel und brachten ihn ergonomisch vor der Winde an. Das verbesserte den Hebel und den Winkel beim Halten. Die Kurbel erhielt darüber hinaus einen Knauf, der fest umfasst werden kann.

Hand zeigt auf die Kurbel an einer Angel, die auf einem Tisch liegt.

Die aktuelle Lösung des neuen Fallgeräts: Erneut ist der Grundkörper eine Angel, der nun eine Spule hinzugefügt wurde. Die Angelrute wurde gekürzt, um eine bessere Handhabung durch einen kürzeren Hebel und damit weniger Gewicht zu erreichen.

Das Resultat: Der Einsatz des neuen Fallgeräts reduzierte die Ausfallzeiten und Belastungen des zuvor erkrankten Mitarbeiters erheblich. Der Effekt kommt jetzt auch dem ganzen BWB-Team für Probenahmen zugute: Das Unternehmen entschied inzwischen, das neue Fallgerät – mit weiteren hausintern umgesetzten Verbesserungen allen im Bereich Probenahme Beschäftigten zur Verfügung zu stellen. Auch hierbei wurde der Beschäftigte wieder in den Optimierungsprozess einbezogen.

Ergonomie deutlich verbessert

„Durch die vorgenommenen Optimierungen wurde die Ergonomie des Gerätes deutlich verbessert“, erklärt Manuela Lietz, Fallmanagerin im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) bei den BWB. Dadurch habe sich eine einfachere und sicherere Handhabung ergeben. „Zudem konnte das Gesamtgewicht des Gerätes um 50 Prozent reduziert werden." Das neue Gerät werde von dem ehemals erkrankten Mitarbeiter jetzt täglich genutzt und erleichtere sein Arbeitsleben. "Er kann seine Aufgabe derzeit wieder voll erfüllen", sagt Lietz.

Weitere Pluspunkte: Das Fallgerät hat die Arbeitsbedingungen und die Ergonomie für das ganze Team verbessert. Zudem förderte die Mitwirkung verschiedener Bereiche der BWB an der Neuentwicklung – BGM, Technische Ausbildung, Technischer Service und Arbeitssicherheit – nicht nur die Akzeptanz des Geräts bei den betroffenen Beschäftigten, sondern auch bei den Führungskräften. Es ist vorgesehen, den Erfolg der Präventionsmaßnahme nach etwa einem Jahr mit allen Probenehmerinnen und Probenehmern zu evaluieren.

 

Stefan Thissen