Einfach mal die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fragen: Wenn Führungskräfte sich diesen Leitsatz zu Herzen nehmen, lassen sich in puncto Arbeitsschutz erstaunlich gute Ergebnisse erzielen. Zum Beispiel dann, wenn es darum geht, Arbeitsplätze und -prozesse so zu verändern, dass sie das Muskel-Skelett-System von Beschäftigten weniger belasten. „Die Beschäftigten selbst kennen ihren Einsatzbereich am besten, spüren Belastungen tagtäglich und haben oft schon Ideen entwickelt, wie sich etwas verbessern ließe. Man muss sie nur danach fragen“, sagt Dr. Sylvia Hubalek, Aufsichtsperson der BG ETEM.
Beim Besuch eines Mitgliedsbetriebs habe sie zum Beispiel im Austausch mit einem Mitarbeiter und dessen Führungskraft besprochen, wie der Beschäftigte beim Verpacken von Waren künftig ohne gebückte Haltung arbeiten könnte. „Er hatte bereits ganz klare Vorstellungen davon, welche Veränderungen und Hilfsmittel dazu nötig sind“, erzählt Hubalek.
Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) sind ein großes Problem und die häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage. Mit Blick auf die anhaltend hohen Zahlen haben die Präventionsexpertinnen und -experten der BG ETEM den „Ergo-Checker“ entwickelt. Diese Handlungsanleitung soll insbesondere kleineren Betrieben dabei helfen, Belastungen des Muskel-Skelett-Systems bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch gezielte Einbindung der Beschäftigten nachhaltig zu reduzieren.
Gemeinsam Verbesserungspotenziale erkennen
Der ErgoChecker besteht aus zwei Bausteinen: einer Anleitung für Führungskräfte sowie einer Praxishilfe für Beschäftigte. Die Ideen der Beschäftigten selbst stehen jedoch bewusst im Mittelpunkt. Die Arbeitshilfe für Führungskräfte fordert Verantwortliche dazu auf, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt in den Verbesserungsprozess einzubinden.
Beim Ausfüllen der Praxishilfe für Beschäftigte sollen diese sich jeweils zu zweit zusammentun, um gemeinsam zu überlegen, wo der Körper durch die Arbeit belastet wird und was als Ursache dafür infrage kommt. Teammitgliedern, die eine Tätigkeit zum ersten Mal ausüben, fallen verborgene Mängel oft schneller auf als denen, die schon daran gewöhnt sind. Sind die Mängel erfasst, werden im sogenannten Tandem-Coaching Ideen gesammelt: Wie lassen sich etwa Bewegungen verbessern, vorhandene Arbeitsmittel besser nutzen? Welche zusätzlichen Arbeits- oder Hilfsmittel sind dafür nötig? Diese und weitere Fragen sollen die Zweierteams zusammen beantworten.
Im Anschluss sollen Angestellte und Führungskräfte gemeinsam über die entstandenen Ideen diskutieren und entscheiden, welche Maßnahmen umgesetzt werden. Die Umsetzung dokumentieren sie auf einem Maßnahmenplan. Dieser kann als Teil der Gefährdungsbeurteilung abgelegt werden.
Sollten die Maßnahmen nicht ausreichen, können Unternehmerinnen und Unternehmer die aufgeführten Tätigkeiten mit objektiveren Verfahren beurteilen, wie zum Beispiel der Checkliste in der DGUV Information 208-033 „Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“. Hubalek ist überzeugt: „Mit dem ErgoChecker lässt sich im Sinne der Beschäftigten viel bewegen – gerade weil deren Erfahrungswissen im Fokus steht.“
Annika Pabst/Stefan Thissen
„Gewinn für beide Seiten“
Ergonomie-Experte Torsten Wagner erklärt, wie der ErgoChecker dabei helfen kann, Muskel-Skelett-Erkrankungen zu vermeiden.
Arbeitshilfen sprechen oft nur Führungskräfte an. Warum hat die BG ETEM es beim ErgoChecker anders gemacht?
Torsten Wagner: Wenn Beschäftigte täglich mehrere Stunden am Arbeitsplatz arbeiten, spüren sie Beschwerden als erstes. Uns ging es darum, den Betrieben zu helfen, sich über diese Themen auszutauschen und gemeinsam Ideen für sinnvolle Maßnahmen zu entwickeln, um zu hohe Belastungen zu reduzieren. Von weniger Krankheitstagen profitieren schließlich alle.
Werden insbesondere Klein- und Kleinstunternehmen sinnvolle Maßnahmen erarbeiten können?
Ja. In der Testphase haben uns sogar Großbetriebe berichtet, dass sie erstaunt waren, was an Rückmeldungen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kam, obwohl der Arbeitsschutz gut organisiert ist und hohe Priorität im Betrieb hat. Daher sind wir sicher, dass da auch bei kleinen Betrieben viel Potenzial für sinnvolle Verbesserungen schlummert. Am besten ist es, das Tool einfach mal in kleinen Gruppen auszuprobieren.
Gibt es schon Rückmeldungen zum ErgoChecker aus den Betrieben?
Bisher noch nicht – was auch daran liegt, dass der ErgoChecker relativ neu ist. Erfahrungsberichte sind aber sehr willkommen, da wir das Tool bei Bedarf gerne weiter verbessern wollen. Betriebe können uns ihr Feedback per E-Mail an Arbeitsmedizin@bgetem.de schicken, mit dem Betreff „ErgoChecker.“ Die ersten 20 Einsendungen bekommen eine Solar-Powerbank.
→ info
- Der ErgoChecker ist unter www.bgetem.de, Webcode M21573760 (Bestellnummer S291) bestellbar.
- Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.bgetem.de, Webcode 13658094
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