Bei einer Routine-Betriebsbesichtigung fielen zwei Kreissägen auf, die von nahezu jeder und jedem Beschäftigten bei dem badischen Unternehmen in Betrieb genommen werden konnten. Solche Maschinen haben ein hohes Gefährdungspotenzial. Es muss deshalb sichergestellt sein, dass sie nicht von unberechtigten, nicht unterwiesenen Kolleginnen und Kollegen benutzt werden.
Die Maschinen ab- oder wegzuschließen, wie es vielfach üblich ist, war den beiden Schäfer-Mitarbeitern Stefan Breitkopf und Alexander Spengler nicht gut genug. Die Lösungen etablierter Tischkreissägen-Hersteller erschienen ihnen ebenfalls nicht zufriedenstellend.
Bei der Suche nach geeigneten Schutzmaßnahmen empfiehlt sich für Sägen wie für viele andere Tätigkeiten, Maßnahmen in der Reihenfolge der Hierarchie des Arbeitsschutzgesetzes S-T-O-P-P zu untersuchen, zu entwickeln und auszuwählen:
- Substitution (Gefährliches durch Gefahrloses ersetzen),
- Technische,
- Organisatorische,
- Persönliche Schutzmaßnahmen,
- Professionelles Verhalten.
Diese Hierarchie bildet die Grundsätze des Arbeitsschutzgesetzes (Paragraf 4) und der Abschnitte 3 und 4 der Gefahrstoffverordnung ab. Häufig werden auch nur die Abkürzungen „T-O-P“ oder „S-T-O-P“ verwendet. Das zweite „P“ soll zusätzlich die hohe Bedeutung des richtigen Verhaltens der Mitarbeitenden unterstreichen. Grundlagen sind hier die Paragrafen 15 und 16 des Arbeitsschutzgesetzes, konkretisiert in der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 und der DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“.
Da eine Substitution der Kreissägen nicht möglich war, entwickelten die beiden Beschäftigten eine Steuerung, um Maschinen nahezu aller Art bedienen und personalisiert freigeben zu können. Das Ergebnis: ein Miniatur-PC, entsprechend programmiert, in Verbindung mit einem kleinen Touch-Display und einem Netzschütz, jeweils fest verdrahtet mit der Tischkreissäge.
Der Benutzername und ein individuelles Passwort werden durch die Führungskraft oder den Benutzer vergeben. Das Passwort ist ein Jahr gültig, im Anschluss an die jährliche Unterweisung erhält die oder der zuständige Beschäftigte ein neues Passwort. Das erhöht nochmals die organisatorische Sicherheit.
Während des Betriebs lässt sich die Maschine ausschließlich durch den Hauptschalter, nicht jedoch durch Eingaben auf dem Touch-Display ausschalten. Mit dieser Funktion kann man sicher verhindern, dass eine andere Person die Kreissäge hinter dem Rücken des Benutzers während des Sägeprozesses abstellt.
Vergisst ein Bediener, sich nach abgeschlossener Arbeit am Display abzumelden, wird das Bedienungsfenster automatisch nach fünf Minuten (individuell einstellbar) geschlossen. So kann auch in diesem Fall keine unbefugte Person an der Maschine arbeiten.
An die Tischkreissäge ist ein Staubsauger fest angeschlossen, sodass die während des Sägeprozesses anfallenden Späne und Stäube automatisch abgesaugt werden und ein getrennter Betrieb nicht möglich ist.
Steuerung leicht nachrüstbar
Die Steuerung kann bei vielen Maschinen leicht nachgerüstet werden. Die Systemlösung wird in mehreren Varianten verfügbar sein. Sie ermöglicht es, alle ortsveränderlichen Geräte und Maschinen anzubinden, die eine Unterweisung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin erforderlich machen. Über ein System können auch mehrere Maschinen, zum Beispiel in einer Mechanikwerkstatt, angebunden werden. Der entsprechende Bediener erhält nach Eingabe seines Passwortes die Möglichkeit, die Maschinen im Werkraum freizuschalten, für die er unterwiesen wurde.
Das Potenzial dieser Lösung ist damit noch nicht ausgereizt: Die Technik kann auch für andere Maschinen und Anschlussmöglichkeiten verwendet werden. Es können zudem weitere Daten für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb erfasst und gespeichert werden – zum Beispiel Betriebsstunden, Energieverbrauch, weitere Benutzerdaten. Aus Datenschutzgründen wurden diese Möglichkeiten jedoch noch nicht genutzt.
Fazit: Durch die Idee von Stefan Breitkopf und Alexander Spengler ist es ihrem Arbeitgeber mit vergleichsweise geringem Aufwand gelungen, eine einfache technische Lösung für mehr Sicherheit an gefährlichen und anspruchsvoll zu bedienenden Maschinen zu entwickeln.
Friedrich Hiddemann
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Weitere Informationen zum Thema unter maschinen-sicherheit.eu
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