Arbeitsbedingte Hauterkrankungen wie zum Beispiel Reizungen und Allergien nehmen seit Jahren einen Spitzenplatz unter den Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit ein. Manchmal treten sie erst nach jahrelangem Kontakt mit einem schädigenden Stoff auf. Allergene wie Kolophonium können beispielsweise in Druckfarben, Papierstaub und synthetischen Klebern vorkommen. Zudem besteht ein Großteil der auf dem Markt erhältlichen UV-Druckfarben und -lacke hauptsächlich aus sensibilisierend wirkenden Acrylaten und weiteren Hilfsstoffen. Ein Berufs- oder Arbeitsplatzwechsel ist für die durch solche Stoffe beeinträchtigten Beschäftigten häufig der einzige Ausweg.
Zu den häufigsten Hauterkrankungen zählen Abnutzungsdermatosen. Sie entstehen durch starke Abnutzung und Schädigung der oberen Hautschichten. Unter der Einwirkung von Lösemitteln wie Aceton kann die Haut zum Beispiel weißfleckig geschädigt werden („Whitening“). So verliert die Haut sogar äußerlich sichtbar ihre Barrierefunktion. Hautentzündungen und Ekzeme können die Folge sein.
Weitere Hautschädigungen können durch Kontakt mit Säuren oder Salzlösungen entstehen. Erstere kommen zum Beispiel als Plattenreiniger zum Einsatz, Salzlösungen wiederum sind etwa in Entwicklerkonzentraten enthalten. Die Stoffe schädigen aufgrund ihrer ätzenden und reizenden Wirkung die Lamellenstruktur zwischen den Hornzellen und damit die Hautbarriere.
Besteht eine entsprechende individuelle Disposition, kann sich neben einem irritativen Kontaktekzem auch ein allergisches Kontaktekzem entwickeln. In diesem Fall wird die hautschädigende Entzündungsreaktion um ein Vielfaches gesteigert. Wer einmal sensibilisiert ist, muss bei jedem neuen Kontakt mit den auslösenden Stoffen, selbst bei sehr geringen Dosen, mit weiteren Reaktionen rechnen. Ist die Haut bereits geschädigt, zum Beispiel durch zu häufiges Händewaschen oder langes Tragen flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe, kann dies die Entwicklung eines Handekzems begünstigen.
Eine weitere Art der Hautgefährdung entsteht durch sogenannte hautresorptive Stoffe oder Gemische, die sowohl über vorgeschädigte als auch intakte Haut aufgenommen werden können und Organerkrankungen verursachen können. Ein Stoff ist hautresorptiv, wenn er
- als akut toxisch eingestuft ist oder
- zum Beispiel in der TRGS 900 – Arbeitsplatzgrenzwerte mit ,,H" gekennzeichnet ist oder
- in Kapitel 8 oder 11 im Sicherheitsdatenblatt eine Angabe zur hautresorptiven Wirkung vorliegt.
Gefährdung der Augen
Besonders gefährdet ist die Bindehaut der Augen. Jeder Spritzer von Lösemitteln, Säuren oder Salzlösungen kann zu Entzündungen oder dauerhaften Schäden führen. Besteht beim Arbeiten mit Chemikalien Spritzgefahr, müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Schutzbrille tragen. Spritzgefahr kann zum Beispiel bestehen, wenn hoch liegende Walzen gewaschen werden müssen.
Die Schutzbrille muss seitlich und oben geschlossen sein, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten. Auch für Brillenträger gibt es geeignete Schutzbrillen, die über der normalen Sehbrille getragen werden. Sie sind über den technischen Fachhandel erhältlich.
Allgemeine Schutzmaßnahmen
Für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen muss die Unternehmerin oder der Unternehmer neben der Gefährdungsbeurteilung auch eine arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogene Betriebsanweisung erstellen. Diese lässt sich für die Unterweisung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verwenden. Die Betriebsanweisung zeigt, wie man mit geeigneter Persönlicher Schutzausrüstung (PSA), zum Beispiel Schutzhandschuhen, korrekt umgeht und sie richtig trägt.
Hand- und Hautschutzplan erstellen und aushängen!
Der Hand- und Hautschutzplan ist ein wesentliches Instrument für die rechtssichere betriebliche Organisation des Hautschutzes.
- Erstellen Sie einen Hautschutzplan.
- Stellen Sie Ihren Beschäftigten die auf die jeweiligen Tätigkeiten abgestimmten Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel, geeignete Schutzhandschuhe und bei Bedarf auch Desinfektionsmittel zur Verfügung.
- Sorgen Sie dafür, dass Ihre Beschäftigten die Mittel und Handschuhe auch nutzen.
Schutzhandschuhe
Bei möglichem Hautkontakt mit Arbeitsstoffen müssen betroffene Beschäftigte spezielle Chemikalienschutzhandschuhe tragen. Solche Handschuhe kann man leicht anhand der Kennzeichnung nach der Norm DIN EN ISO 374 „Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien und Mikroorganismen“ erkennen. Dazu gehören
- das Piktogramm für Chemikalienschutzhandschuhe
- die CE-Kennzeichnung und
- die Kennnummer der Prüfstelle, die den Handschuh geprüft hat.
Unterhalb des Piktogramms können zudem unterschiedliche Buchstaben bzw. Buchstabenkombinationen erscheinen, aus denen die Prüfchemikalien hervorgehen, gegen die der Handschuh getestet wurde. So steht etwa der Großbuchstabe „B“ in diesem Zusammenhang für das Lösemittel Aceton.
Ob ein Schutzhandschuh für die vorgesehene Verwendung geeignet ist, hängt in erster Linie von den Stoffen und Gemischen ab, mit denen man umgeht. Denn chemische Stoffe können auch das Handschuhmaterial durchdringen und somit auf die Haut gelangen. Deshalb ist beim Einkauf auf ein gegen die verwendeten Stoffe möglichst widerstandsfähiges Handschuhmaterial zu achten. Für die richtige Auswahl können das Sicherheitsdatenblatt, der Hersteller oder Lieferant des Arbeitsstoffes, der Hersteller der Schutzhandschuhe oder das Hand- und Hautschutzportal der BG ETEM herangezogen werden.
Richtige Größe der Handschuhe
Insbesondere überstehende, zu lange Fingerspitzen beim Handschuh stellen eine Gefahr dar. Sie können auch bei ordnungsgemäßem Arbeiten in den Spalt zwischen Fingerschutzstange und Zylinder geraten und die Finger in den Gefahrbereich ziehen. Schwere Quetschungen der Fingerkuppen können die Folge sein.
Die Länge der Handschuhe richtet sich nach der jeweiligen Tätigkeit. Beim Arbeiten mit sehr aggressiven Flüssigkeiten – und wenn man mit den Händen in die Flüssigkeit eintaucht – müssen Handschuhe mit langen Stulpen benutzt werden, da sonst Spritzer der Produkte in die Handschuhe gelangen können. Beim Waschen der Zylinder über Kopf ist es günstig, den oberen Rand der Stulpen umzuschlagen. In dem so entstehenden Rand bleiben vom Handschuh ablaufende Tropfen hängen und gelangen nicht auf den ungeschützten Unterarm.
Richtige Behandlung von Handschuhen
Trocknen: Schutzhandschuhe sollte man nur mit sauberen Händen anziehen, um eine innere Verunreinigung zu vermeiden. Einer ihrer großen Nachteile besteht darin, dass nach einer bestimmten Tragedauer die Hand durch Schwitzen feucht wird. Um Handschweiß zu binden und zu reduzieren, können Beschäftigte entweder Unterziehhandschuhe aus Baumwolle oder auf der Innenseite beschichtete Handschuhe tragen. Nach dem Gebrauch sollten Handschuhe zur Trocknung aufgestülpt werden, sodass die Luft ungehindert in den Innenteil gelangen kann.
Gebrauchsdauer: Naturgemäß dringen die eingesetzten Chemikalien nach längerem Gebrauch von Handschuhen auch bei guter Qualität durch das Material hindurch. Ihre Gebrauchsdauer ist also auch bei sorgfältiger Behandlung begrenzt. Genauere Auskünfte hierüber kann der Hersteller der Schutzhandschuhe erteilen.
Hygiene: Nach jedem Gebrauch sollten äußere Verschmutzungen durch Lösemittel oder andere chemische Stoffe mit einem trockenen Lappen abgewischt und getrocknet werden. Das erhöht auch die Haltbarkeit der Handschuhe. Gefahrstoffe können beim Anziehen schmutziger Handschuhe auch ungewollt verschleppt werden. Diese Gefahr besteht außerdem, wenn Türklinken oder Schubladengriffe im Wechsel mit kontaminierten Handschuhen und der blanken Hand angefasst werden.
Defekte Handschuhe: Wie für jedes andere Körperschutzmittel gilt auch bei Schutzhandschuhen der Grundsatz: Beim kleinsten Riss oder Loch den Handschuh nicht mehr verwenden. Eingedrungene Chemikalien reagieren besonders aggressiv und schädigend, wenn sie mit der feuchten, schwitzenden Haut im Innern der Handschuhe in Berührung kommen. Die Schutzwirkung des Handschuhs wird dadurch nicht nur aufgehoben, sondern die schädigende Wirkung der Chemikalien sogar noch verstärkt. Beschädigte, aufgequollene oder innen verschmutzte Handschuhe müssen daher umgehend ersetzt werden.
Kennzeichnung der Arbeitsstoffe: Die in der Branche Druck und Papierverarbeitung verwendeten Arbeitsstoffe, zum Beispiel Reinigungsmittel, sind in den meisten Fällen als Gefahrstoff eingestuft. Auf der Kennzeichnung der Gebinde sind allerdings nur die wichtigsten Gefahren aufgeführt. Bei der Verwendung von Chemikalien immer erforderliche Schutzmaßnahmen sind nicht aufgeführt, müssen aber trotzdem beachtet werden. Sie sind zum Beispiel im Sicherheitsdatenblatt zu finden.
Probleme durch Tragen von Schutzhandschuhen
Neben der gewünschten Schutzwirkung können durch das Tragen von Schutzhandschuhen auch unerwünschte Nebeneffekte auftreten. Dazu gehören beispielsweise Hauterweichung (Mazeration) sowie irritative oder allergische Reaktionen der Haut:
1. Hauterweichung (Mazeration)
Chemikalienschutzhandschuhe verhindern die Schweißabgabe nach außen. Dadurch erweicht mit zunehmender Tragedauer die Haut und quillt auf. Dies führt wiederum dazu, dass ihre Barrierewirkung nachlässt. Die so vorgeschädigte Haut fördert ein Eindringen von Irritantien, zum Beispiel potenziell allergen (sensibilisierend) wirkenden Stoffen oder Infektionserregern.
2. Kontaktallergie
Bei der Herstellung von Schutzhandschuhen werden unter anderem Hilfs-, Alterungsschutzmittel und Vulkanisationsprodukte verwendet. Beschäftigte mit Kontaktallergie gegen Substanzen aus der Gummireihe der Deutschen Kontaktallergie Gruppe (DKG) dürfen nur Schutzhandschuhe tragen, die das jeweilige Allergen nicht enthalten.
Im Einzelfall sollte unter Umständen eine Betriebsärztin oder ein Betriebsarzt bei der Auswahl der Schutzhandschuhe unterstützen.
Benutzung, Pflege, Lagerung, Entsorgung
Damit es nicht zu einer Hauterweichung kommt, sollte ein Paar Schutzhandschuhe ohne Unterbrechung nur so lange getragen werden, bis das Innenfutter durch Schweiß durchfeuchtet ist. In der Praxis ist es sinnvoll,
- pro Person und Arbeitstag mehrere Paare Schutzhandschuhe zur Verfügung zu stellen,
- Unterziehhandschuhe aus Baumwolle zu verwenden oder
- Tätigkeiten so zu organisieren, dass Schutzhandschuhe nicht dauernd getragen werden müssen.
Unbenutzte Chemikalienschutzhandschuhe müssen entsprechend den Herstellerangaben sachgerecht gelagert werden. Von der gleichzeitigen Anwendung von Hautschutzmitteln und Schutzhandschuhen wird nach dem aktuellen Kenntnisstand abgeraten, da sie die Schutzwirkung von Schutzhandschuhen beeinträchtigen können. Zudem konnte bisher wissenschaftlich nicht belegt werden, dass sich die Anwendung von Hautschutzmitteln unter Schutzhandschuhen positiv auf den Hautzustand auswirkt.
Hautschutz, Hautpflege und Hautreinigung
Ein Schutz der Haut wird in erster Linie durch das Tragen von Schutzhandschuhen erreicht, bei Tätigkeiten mit schwach hautbeanspruchenden Stoffen auch durch die Anwendung von Hautschutzmitteln. Hautschutzmittel sollen Irritationen durch Arbeitsstoffe vermindern.
Hautschutzmittel schonen die Haut, die durch das Tragen von Handschuhen angegriffen werden kann. Da es kein universelles Hautschutzmittel gibt, muss die Auswahl auf die spezifische Hautgefährdung abgestimmt sein und sich an der jeweiligen Tätigkeit orientieren. In einem DGUV-Forschungsprojekt wurden Einzelfälle von irritationsverstärkender Wirkung bei Lösemittelkontakt nachgewiesen.
Nach der Arbeit beziehungsweise vor Pausen helfen Hautpflegepräparate der Haut bei der Regeneration. Deshalb ist die Hautpflege nach der Arbeit beziehungsweise nach intensiver Hautreinigung oder vor längeren Arbeitspausen genauso wichtig wie die Durchführung von Hautschutzmaßnahmen vor jedem Arbeitsbeginn.
Die benutzten Reinigungspräparate sollen so hautschonend wie möglich sein und beispielsweise keine scharfkantigen Reibekörper und keine Lösemittel enthalten. Dadurch lassen sich zusätzliche Hautbelastungen oder gar Hautschäden durch das Reinigungspräparat vermeiden.
Hand- und Hautschutzportal der BG ETEM
Zur Erleichterung dieser Auswahl hat die BG ETEM ein Online-Portal zum Thema Hand- und Hautschutz entwickelt. Es ermöglicht die rasche und komfortable Suche nach Handschuhen sowie nach Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemitteln, die in der Druck- und papierverarbeitenden Industrie eingesetzt werden können.
Die Datenbank wird kontinuierlich mit Daten der Hersteller von Hautmitteln und Schutzhandschuhen sowie Informationen der BG ETEM aktualisiert. Neben Informationen zu Produkten enthält das Portal weitere wichtige Dokumente zum Hand- und Hautschutz. Es ist abrufbar unter hautschutz.bgetem.de
Ralf Stodden
→ info
Links auf der Website der BG ETEM:
- Hand- und Hautschutzportal der BG ETEM: hautschutz.bgetem.de (Hand- und Hautschutz)
- BG ETEM Brancheninformation: www.bgetem.de, Webcode 13335297
- Broschüre „Gesunde Haut am Arbeitsplatz“: www.bgetem.de, Webcode M18519401
- Unterweisungshilfe „Hand- und Hautschutz“: www.bgetem.de, Webcode M18870934
- Checklisten zur Gefährdungsbeurteilung „Hand- und Hautschutz“: www.bgetem.de, Webcode M18494704
- DGUV Information 250-005 „Verfahrensablauf beim Auftreten von Hauterkrankungen“: www.bgetem.de, Webcode M18258963
- Informationsblatt zu Sicherheitsabständen bestellen: www.bgetem.de, Webcode M19443263
- Aus Unfällen lernen: „Ungesicherte Walzeneinzugsstelle: Arm schwer gequetscht“: www.bgetem.de, Webcode 14642317
- GESTIS-Stoffdatenbank: gestis.dguv.de
- GISBAU-Handschuhdatenbank: wingisonline.de
Diesen Beitrag teilen