In zahlreichen Branchen der BG ETEM finden Schleifverfahren an Werkstücken aus unlegierten, niedrig- oder hochlegierten Stählen Anwendung. Beim Schleifen handelt es sich um ein spanendes Fertigungs- bzw. Bearbeitungsverfahren. Je nach gewünschtem Arbeitsergebnis kommen in der Praxis unterschiedlichste Schleifwerkzeuge – charakterisiert durch das Schleifmittel und dessen Bindung – zum Einsatz. So können Oberflächen passgenau bearbeitet, grob geglättet oder auch sehr fein geschliffen werden. Damit werden u. a. metallisch blanke Oberflächen erzeugt, passgenaue Werkstücke hergestellt oder eine bestimmte Oberflächengüte erzielt. Ist eine sehr hohe Oberflächenqualität des Werksstücks erforderlich, kommen weitere Bearbeitungsverfahren zum Einsatz – zum Beispiel das Bürsten und Polieren.
Bei sogenannten Trennschleifarbeiten – etwa mit dem Winkelschleifer – wird das zu bearbeitende Werkstück mit speziellen Trennschleifkörpern bei hoher Drehzahl aufgetrennt. Meist entsteht bei diesem Arbeitsvorgang eine charakteristische Funkenbildung.
Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung
Je nach Art und Weise der erforderlichen Oberflächenbearbeitung und den Werkstückeigenschaften kommen handgeführte (z. B. Band- oder Winkelschleifer) oder ortsfeste Maschinen (z. B. Schleifbock, Schleifbänke) zum Einsatz.
Insbesondere beim Trockenschleifen von Metallen entsteht Schleifstaub, der für die Beschäftigten eine Gefährdung mit sich bringt – durch Einatmen und/oder Hautkontakt. Deshalb sind Unternehmen verpflichtet, eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu erstellen und auch regelmäßig zu aktualisieren. Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 400 „Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ bietet eine wichtige Grundlage für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung und zeigt mögliche Wege auf, insbesondere durch Nutzung von Handlungshilfen (siehe Teil 1 dieser Serie in „etem“ 5/2020).
„etem“ stellt hier die im Anhang 1 der TRGS 400 vorgeschlagene Vorgehensweise (siehe Abb. 1) am Beispiel „Schleifarbeiten an Werkstücken“ aus hochlegiertem Stahl für inhalative Gefährdungen vor. Da keine spezifische stoff- und/oder tätigkeitsbezogene Handlungshilfe vorliegt, müssen alle Schritte der Gefährdungsbeurteilung individuell bearbeitet werden.
Die mit der Gefährdungsbeurteilung beauftragte Person
Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden, verantwortlich ist die Unternehmerin oder der Unternehmer. Verfügt sie oder er nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so müssen sie sich fachkundig beraten lassen, z. B. durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (vgl. TRGS 400).
Die notwendigen fachkundigen Kenntnisse müssen nicht in einer Person vereinigt sein.
Erfassen der Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
Beim Trockenschleifen von Metallen entsteht Schleifstaub, der für die Beschäftigten durch das Einatmen oder Hautkontakt eine Gefährdung darstellen kann. Der Staub besteht zum überwiegenden Teil aus Partikeln des bearbeiteten Werkstücks sowie aus Partikeln von eventuell vorhandenen Oberflächenbeschichtungen (z. B. Metallstäube und Lackpartikel), darüber hinaus zu einem geringen Teil aus Partikeln des verwendeten Schleifmittels. Die Legierungsbestandteile der Werkstückmaterialien bestimmen im Wesentlichen die freigesetzten Gefahrstoffe.
Bei hochlegierten Stählen zählen Chrom und/oder Nickel häufig zu den gefährdungsbestimmenden Legierungsbestandteilen. Als hochlegiert wird der Stahl bezeichnet, wenn der Massenanteil eines Legierungselements mindestens 5 Prozent beträgt. In der betrieblichen Praxis bedeutet dies, dass beim Schleifen von Chrom-Nickel-Stählen krebserzeugende Stoffe bzw. Verbindungen – z. B. Nickeloxide – freigesetzt werden können. Diese Stäube können über die Atmung in den Körper aufgenommen werden.
Informationen zu Gefahrstoffen und Tätigkeiten ermitteln
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) hat in einem Messprogramm im Zeitraum Februar 2015 bis Dezember 2017 die Exposition der Beschäftigten beim Schleifen von hochlegierten Stählen messtechnisch untersucht. Die Messungen der inhalativen Exposition am Arbeitsplatz fanden ausschließlich bei der Trockenbearbeitung von hochlegierten Stählen mit unterschiedlichen handgeführten Maschinen und an stationären Schleifanlagen statt.
Erfasst wurden bei der Datenerhebung der Einsatz verschiedener mobiler und stationärer Erfassungseinrichtungen. Bei der Auswertung der Messergebnisse wurde nach dem jeweiligen Chrom- bzw. Nickelanteil im Werkstoff differenziert. Ergebnisse des Messprogramms wurden in der Zeitschrift „Gefahrstoffe Reinhaltung der Luft“ (Ausgabe November/Dezember 2018) beschrieben sowie in der Fach-Information Nr. 064 „Gefahrstoffexposition beim Schleifen hochlegierter Stähle – Ergebnisse eines BGHM-Messprogramms“ vorgestellt.
Tabelle 1 zeigt die Einstufung und die Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. Beurteilungsmaßstäbe für die hier expositionsbestimmenden Legierungsmetalle.
Ändern sich Legierungsbestandteile oder eingesetzte Stahlsorten, müssen die Gefährdungsbeurteilung wiederholt und ggf. die stoffspezifischen Einstufungen, weitere Arbeitsplatzgrenzwerte und Beurteilungsmaßstäbe berücksichtigt werden.
Gefahrstoff | Beurteilungsmaßstab (BM) in mg/m³ |
---|---|
Alveolengängige Fraktion (A-Fraktion) |
1,25 (AGW) |
Einatembare Fraktion (E-Fraktion) |
10 (AGW) |
Nickelverbindungen, krebserzeugend Kategorie 1A, 1 B eingestuft a) |
0,006 A (AK) / 0,006 A (TK) b) |
Nickelmetall, krebserzeugend Kategorie 2 eingestuft a) |
0,006 A (AGW) |
Nickel und Nickelverbindungen |
0,030 E (AGW) |
Chrom und anorganische Chrom(II) und (III)-Verbindungen |
2 E (AGW) |
Chrom(VI)-Verbindungen, krebserzeugend Kategorie 1B eingestuft |
0,001 E (BM*) |
Anmerkungen: |
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Quelle: Fach-Information Nr. 064 „Gefahrstoffexposition beim Schleifen hochlegierter Stähle – Ergebnisse eines BGHM-Messprogramms“, BG HM |