Herr Ulrich und Herr Mields, warum sollte sich eine Berufsgenossenschaft wie die BG ETEM mit dem Thema „Agiles Projektmanagement“ befassen?
Haeme Ulrich: Das hat sehr viel mit Prävention zu tun. Experten sprechen hier oft von „agilem Mindset“. Das ist eine vom Innovations-Gedanken angetriebene Grundeinstellung, um schneller und flexibler auf sich verändernde Anforderungen am Markt reagieren zu können. Wenn man kein agiles Mindset hat, wird es sehr stressig – insbesondere im technologischen Bereich.
Just Mields: Das ist auch für viele Kleinunternehmen interessant, wie wir sie in der BG ETEM haben. Die kooperieren vielfach in Netzwerken und müssen in Projekten gut zusammenarbeiten, damit sie tragfähige Kooperationsbeziehungen entwickeln und weiterempfohlen werden.
Herr Ulrich, Sie sagen: Veränderung macht Angst. Angst verhindert Wollen. Wie können Unternehmer Ängste ihrer Beschäftigten – etwa wegen der Digitalisierung der Arbeitswelt – schon vor der Veränderung aufgreifen und in positive Energie für den Betrieb umwandeln?
Ulrich: Ich muss die Möglichkeit haben, Fehler zu machen. Ich muss in meiner Firma die Sicherheit haben, falsch liegen zu dürfen, ohne dass es eine negative Folge für mich hat. Aus meiner langjährigen Tätigkeit im Silicon Valley weiß ich, dass zum Beispiel 90 Prozent der von Google gestarteten Projekte scheitern. Die zehn Prozent, die gelingen, sind aber so gut, dass sie locker die gescheiterten Projekte querfinanzieren können.
Welche Leistung kann die BG ETEM den Unternehmen in Sachen agiles Projektmanagement bringen?
Mields: Wir leisten natürlich in erster Linie Prävention mit dem Fokus auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Aber wir wissen mittlerweile, dass sichere und gesunde Arbeit sehr viel mit der Arbeitsgestaltung zu tun hat, d. h. auch mit der Art und Weise, wie Menschen zusammenarbeiten.
Die Frage ist: Wie organisiert man die Zusammenarbeit und Führungsrolle so, dass die Beschäftigten einerseits gute Ergebnisse erzielen und andererseits zufrieden und gesund sind und idealerweise auch noch Spaß an der Arbeit haben? Ich habe bei einer Tagung mal eine Unternehmerin erlebt, die für sich festgestellt hat, dass sie vor allem gern mehr Zeit für sich hätte. Sie sagte: Ich würde mich gern darauf verlassen, dass meine Beschäftigten ihre Aufgaben allein regeln. Das hat sie geschafft. Wie das geht, wollen wir an unsere Mitgliedsunternehmen weitergeben.
Herr Ulrich, Sie sagen: Besonders erfolgreich sind sogenannte disruptive Technologien. Was ist darunter zu verstehen und was können Unternehmer in der BG ETEM davon lernen?
Ulrich: Disruptive Technologien sind solche, die andere zerstören, d. h. ein neues Produkt ersetzt ein anderes vollständig. Beispiele: Die E-Mail ersetzt den Postbrief, Amazon ersetzt den klassischen Buchhandel etc.
Für Unternehmer heißt das: Du kannst eine Welle, die aus einer disruptiven Technologie entsteht, nicht stoppen – aber du kannst lernen, sie zu surfen. Viele Unternehmer wissen genau, welche technologische Entwicklung sie kaputtmachen könnte. Dann haben sie zwei Möglichkeiten, sich zu entscheiden: Entweder baue ich Mauern und versuche, für mein Unternehmen bedrohliche Situationen einzuschränken. Oder ich mache es selber, aber besser.