Ein Auszubildender und der Chef eines Fachbetriebs montieren gerade eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses, als die beiden überraschend Besuch einer Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft (BG) bekommen. Es gibt ein Problem: Die beiden Männer arbeiten ungesichert gegen Absturz auf dem Dach in fünf Metern Höhe. Da akute Gefahr besteht, lässt die Aufsichtsperson der BG die Arbeiten sofort einstellen. Als die beiden Handwerker wieder festen Boden unter den Füßen haben, kommt die Frage nach den juristischen Auswirkungen ihres Fehlverhaltens. Schnell fällt der Begriff „Bußgeld“. Beide Männer können sich aber nicht genau vorstellen, was das für sie bedeutet. Laut der DGUV Vorschrift 38 „Unfallverhütungsvorschrift Bauarbeiten“ haben Unternehmer dafür zu sorgen, dass Einrichtungen vorhanden sind, die Abstürze verhindern. Die Pflicht gilt nicht für Auszubildende. Firmenchefs hingegen müssen bei Verstoß mit einem Bußgeldverfahren aufgrund einer Ordnungswidrigkeit rechnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Unfall passiert ist oder nicht.
So läuft das Verfahren ab
Zunächst wird der Bußgeldadressat oder die Bußgeldadressatin informiert, dass ein Verfahren eingeleitet wurde und die Möglichkeit besteht, sich zu den Vorwürfen zu äußern.
Die Entscheidung, ob ein Bußgeld verhängt wird und wie hoch es ausfällt, trifft der Ordnungswidrigkeiten- und Regressausschuss. Er besteht aus acht Mitgliedern, die je zur Hälfte ehrenamtliche Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten sind. Die Höhe des Bußgeldes hängt unter anderem von der Schwere des Verstoßes ab. Hierzu zählt auch die Tatsache, ob ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin infolgedessen verletzt oder verstorben ist. Bußgelderhöhend wirkt es sich aus, wenn der Bußgeldadressat bereits in der Vergangenheit negativ aufgefallen ist. Zu seinen Gunsten wird dagegen berücksichtigt, wenn es um den ersten Verstoß geht oder der Betrieb ansonsten arbeitsschutzrechtlich gut aufgestellt ist. Auch das Verhalten nach dem Verstoß kann eine Rolle spielen. Die Bußgeldhöhe soll über dem wirtschaftlichen Vorteil liegen, der aus dem Verstoß gezogen wurde. Bußgelder über 200 Euro werden an das Gewerbezentralregister gemeldet.
Keine mehrfache Bestrafung
Kommt es bei Verstößen zu einem Unfall, der strafgerichtlich durch eine Verurteilung geahndet wird, sind Bußgeldverfahren durch die BG ausgeschlossen, denn niemand darf wegen eines Verstoßes mehrfach bestraft werden.
Bußgeldadressaten können gegen einen Bescheid innerhalb von zwei Wochen schriftlich Einspruch einlegen. Über den Einspruch entscheidet der ebenfalls paritätisch besetzte Widerspruchs- und Einspruchsausschuss.
Wird dem Einspruch nicht abgeholfen, geht das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Köln. Die Staatsanwaltschaft überprüft das Verfahren und gibt es anschließend zur Entscheidung an das Amtsgericht ab. Das Gericht entscheidet dann entweder nach einer mündlichen Verhandlung oder nur im schriftlichen Verfahren.
Birgit Mees
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