Post-Covid: Unternehmer Bernd Fleiner nach seiner Covid-Erkrankung. Herr Fleiner hat kurze graue Haare, trägt einen Bart, eine Brille, ein weißes Hemd und eine grau-schwarze Strickjacke. Er bedient ein Touchscreen-Computerterminal.

Bernfried Fleiner bleibt trotz der gesundheitlichen Folgen seiner Covid-19-Erkrankung optimistisch.

Die ersten Symptome lassen nicht lange auf sich warten. Am Tag nach einer Besprechung im November 2020 geben zwei Kollegen bekannt, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Sofort macht Bernfried Fleiner einen Schnelltest. „Der war negativ“, erinnert sich der Geschäftsführer der exeron GmbH, einem Maschinenbauunternehmen aus Oberndorf am Neckar.

Nur vier Tage später bekommt er nachts Schüttelfrost. Der PCR-Test beim Hausarzt ist positiv. Fleiner hat sich angesteckt. „Ich hatte klassische Symptome – Fieber, Husten“, erzählt der 63-Jährige. Weitere Erkältungssymptome will er vermeiden und reibt sich ätherische Öle unter die Nase. „Ich dachte, das Präparat sei schon abgelaufen und kaputt, denn ich konnte es nicht riechen.“ Ein Selbsttest mit einer Mischung aus klein geschnittenen Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer aber zeigt: Bernfried Fleiner kann nichts mehr schmecken oder riechen.

Plötzlich ständig erschöpft

Nach zwei Wochen scheint das Schlimmste überstanden. Fleiner hat keine akuten Symptome mehr, er gilt als genesen. Doch vorbei ist es nicht. Er ist oft müde und erschöpft. „Das zieht einem richtig den Stecker“, beschreibt er die plötzlich einsetzende Erschöpfung, die häufig infolge von Covid-Erkrankungen auftritt. Fleiner reagiert und nimmt in der ersten Zeit ein Feldbett mit ins Büro, verzichtet aufs Mittagessen und schläft stattdessen eine halbe, manchmal eine ganze Stunde. Auch wenn sich sein Zustand nach einiger Zeit verbessert, ganz verschwinden die Symptome nicht. „Da wurde mir klar, ich muss etwas tun.“ Fleiner bittet seinen Hausarzt um einen Check-up. Der Verdacht auf eine Herz-Muskel-Entzündung kann erst bei einer weiteren Untersuchung zwei Monate später ausgeräumt werden. Dazu kommt plötzlicher Bluthochdruck, der erst einmal medikamentös behandelt wird. „Noch kurz vor der Infektion war ich beim Check. Da war alles in Ordnung.“

Inzwischen hat Fleiner wieder begonnen, zwei- bis dreimal in der Woche eine Runde von rund sechs Kilometern langsam zu laufen. „Vorsichtig traben“, nennt er das. Doch verglichen mit früher braucht er fast doppelt so lange für die Strecke. Auch die Müdigkeitsattacken verschwinden nicht ganz.

Hilfe von der BG

Im April 2021 wird Bernfried Fleiner durch ein Rundschreiben darauf aufmerksam, dass die BG ETEM für ihn als pflichtversicherten Geschäftsführer zuständig sein könnte. Doch das muss zunächst geklärt werden.

Daher beschließt er im Mai 2021, auf eigene Faust etwas zu unternehmen. Anfang Juni mietet er sich in einem Hotel in Bad Windsheim ein, läuft viel, geht in die Therme. „Geschadet hat es nicht“, sagt er heute, „aber viel gebracht auch nicht. Im Nachhinein war es einfach zu kurz.“ Da die Infektion klar nachweisbar im Betrieb passierte, stuft die BG ETEM seine Covid-Erkrankung Ende Juni als Arbeitsunfall ein. Für den notwendigen Post-Covid-Check besteht jedoch eine lange Warteliste. Daher organisiert die BG ETEM für ihn im August 2021 zur Überbrückung eine ambulante Physiotherapie. Dafür wird in der bislang nicht auf Post-Covid spezialisierten Klinik ein spezielles Programm ausgearbeitet. „Ich war Patient Nummer null in Bad Dürrheim“, erinnert er sich. Zweimal die Woche stehen nachmittags für drei bis vier Stunden leichtes Ausdauertraining auf dem Fahrrad, medizinische Trainingstherapie und Aquagymnastik auf dem Programm. Entscheidend dabei: eine gleichmäßig leichte Belastung ohne jegliche Überforderung. „Wenig Anstrengung, aber über zwei Monate durchgehalten – da habe ich gemerkt, wie es langsam besser wird.“

Die als Fatigue-Effekt bekannten Ermüdungserscheinungen verschwinden allmählich. „Natürlich komme ich beim Laufen nicht mehr an die Werte von früher“, stellt Fleiner fest. "Aber das Steckerziehen findet nicht mehr statt.“ Darüber freut er sich.

Im November 2021 dann bekommt Bernfried Fleiner endlich einen Termin zum Post-Covid-Check in der Uni-Klinik Tübingen. Körperlich geht es ihm inzwischen dank der regelmäßigen Trainingstherapie schon wieder besser. Andere Probleme bleiben: Sein Geschmacks- und Geruchssinn ist bis heute nicht wieder da. Ein Arzt in der BG Klinik hat ihm jedoch Hoffnung gemacht, dass er langfristig wieder zurückkehren könnte.

Für seine gelegentlichen Wortfindungsstörungen hat der Wirtschaftsingenieur eine Software erhalten, mit der er wieder den alten Stand erreicht hat. Die Übungen sind sehr kurz und sehr wirksam. „Die mache ich jetzt manchmal auch vor Besprechungen“, scherzt er.

Mut machen

Großes Lob hat Fleiner für seine persönliche Reha-Beraterin bei der BG ETEM. Sobald die Infektion als Arbeitsunfall anerkannt war, bekam er Behandlungsvorschläge, einen Terminplan, die BG kümmerte sich um alles. Sein Fazit: „Das war hervorragend, ich bin begeistert.“ Selbst Wassergymnastik, über die er früher nur milde gelächelt habe, hat es ihm inzwischen angetan. Der Widerstand des Wassers sorge dafür, dass man beim Training nicht überzieht. Denn das kann gerade bei einer Covid-Erkrankung negative Folgen haben.

Fleiner bleibt optimistisch. Mehrmals die Woche absolviert er sein leichtes Training, will anderen Betroffenen Mut machen: „Man darf es nicht übertreiben, sollte aber regelmäßig etwas tun.“ Seine Botschaft für andere, die unter Spätfolgen einer Covid-Infektion leiden: „Wenn man eine Zeit lang durchgehalten hat, wird es einfacher.“

Michael Krause