Hier erkennt man eine von mehreren Scheinwerfern beleuchtete Teile einer Bühne.

Beim Aufbau von Bühnen sind häufig mehrere Firmen beteiligt – eine Herausforderung für den Arbeitsschutz-Verantwortlichen

Schwere Unfälle durch herabstürzende Technik – ein Albtraum für jeden Konzertveranstalter. Damit dies nicht passiert, sondern eine Show sicher über die Bühne gehen kann, arbeiten viele verschiedene Gewerke Hand in Hand, häufig auf begrenztem Raum.

Dabei ist es erforderlich, dass die verantwortlichen Personen den Arbeitsschutz im Vorfeld organisieren und Schutzmaßnahmen festlegen. Da sich das Team bei jedem Event aus wechselnden Unternehmen und Mitarbeitern zusammensetzt, muss für jede Veranstaltung eine neue Organisationsstruktur aufgebaut werden.

Typische Organisationsstruktur einer Veranstaltung (vereinfachte Darstellung)

Diese Tabelle zeigt eine vereinfachte Darstellung der typischen Organisationsstruktur einer Veranstaltung.

Bei einem Event ist jeder Arbeitgeber für den Arbeitsschutz seiner Mitarbeiter verantwortlich. Trotzdem gibt es bei jeder Veranstaltung auch einen Koordinator, der die Arbeiten unter Berücksichtigung möglicher gegenseitiger Gefährdungen aufeinander abstimmt. Diese Person muss mit entsprechender Weisungsbefugnis in Sachen Arbeitsschutz ausgestattet sein.

Die sogenannte Weisungsbefugnis des Koordinators gegenüber jeder beteiligten Fremdfirma ist vertraglich einzeln festzulegen. Der Weisungsumfang des Koordinators gegenüber Fremdfirmen umfasst die Unterbindung gefährlicher Tätigkeiten, das Untersagen der Benutzung gefährdender Geräte und die Freigabe bestimmter Tätigkeiten zu bestimmter Zeit. Der Koordinator darf jedoch keine Anweisungen bezüglich der Arbeitsweise, der Arbeitsmittel, des Personaleinsatzes oder der Personalauswahl geben. Die Leitung und Aufsicht in Veranstaltungsstätten darf laut Vorschrift nur an Bühnen- und Studiofachkräfte übertragen werden.

Leitung und Aufsicht bedeutet hierbei die eigenständige Wahrnehmung von Führungs- und Fachverantwortung. Hierzu gehören auch das Festlegen, Durchführen und die Wirksamkeitskontrolle der für die jeweilige Tätigkeit und Darstellung erforderlichen Schutzmaßnahmen. Mit der Übertragung der Leitung und Aufsicht werden der damit beauftragten Person die erforderlichen Handlungskompetenzen und Entscheidungsbefugnisse eingeräumt, um selbstständig handeln zu können.

Neuer Ort, neues Team

Organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen stellen für die verantwortliche Person häufig eine große Herausforderung dar. Insbesondere der ständige Wechsel des Veranstaltungsortes und die sich ändernden Gegebenheiten sowie die bereits beschriebene Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen müssen berücksichtigt werden. Hilfreich ist das TOP-Prinzip, das die Rangfolge der Arbeitsschutzmaßnahmen bestimmt: Zunächst muss überprüft werden, ob technische und organisatorische Maßnahmen möglich und umsetzbar sind. Geht dies nicht, so müssen persönliche Maßnahmen wie das Anlegen einer Schutzausrüstung ergriffen werden.

Viele Betreiber von festen Veranstaltungsstätten stellen ihren Mitarbeitern Service-Handbücher zur Verfügung. In diesen Büchern werden Verantwortlichkeiten geregelt und Ansprechpartner vor Ort benannt. Die folgenden Themen können abhängig von der Veranstaltung in einem Service-Handbuch enthalten sein:

  • Installation

  • Spedition

  • Standbau (z. B. bei Messen)

  • Kommunikation

  • Service

  • Brandschutz

  • Catering

  • Technische Richtlinien

Anders sieht es bei Festivals und gleichartigen Veranstaltungen aus. Die räumlichen beziehungsweiseörtlichen Gegebenheiten variieren hier mit jeder Veranstaltung. Daher müssen Verantwortlichkeiten sowie Zuständigkeiten bereits in der Vorplanung zwingend festgelegt werden. Denn: die meisten, insbesondere schweren Unfälle, lassen sich auf eine mangelhafte Organisation zurückführen.

Oft mieten sich Veranstalter bei (Hallen-)Betreibern ein. Man kann das mit der Buchung eines Hotelzimmers vergleichen. Nur mit dem Unterschied, dass dann bei jedem Gastwechsel das Hotelzimmer komplett neu eingerichtet und anschließend wieder ausgeräumt und entkernt würde.

Schutz vor herabfallenden Teilen

Oft werden sogenannte Stagehands eingesetzt. Dabei handelt es sich überwiegend um ungelernte Mitarbeiter, welche über Leiharbeitsfirmen für einfache Tätigkeiten wie den Auf- und Abbau von Bühnentechnik eingesetzt werden. Das Team der Stagehands setzt sich von einer Veranstaltung zur nächsten immer wiederneu aus unterschiedlichen Personen zusammen. Diese Personen sind, auch wenn sie über Leiharbeitsfirmen engagiert werden, im Hinblick auf den Arbeitsschutz wie eigene Mitarbeiter zu behandeln (siehe DGUV Regel 115-801: „Branche Zeitarbeit – Anforderungen an Einsatzbetriebe und Zeitarbeitsunternehmen“).

Umso wichtiger ist eine gute, zeit- und tätigkeitsbezogene Koordination, um frühzeitig Gefährdungen zu erkennen und mögliche Verletzungen und Sachschäden zu verhindern. So darf zum Beispiel das Arbeiten in der Höhe nur erlaubt werden, wenn der darunterliegende Bereich in dieser Zeit für Arbeiten gesperrt ist. Hierdurch wird sichergestellt, dass niemand durch herabfallende Teile verletzt wird.

Technik und die Kraft des Wetters

Bei Bühnen handelt es sich um temporäre Bauten, die geeignet und bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden. Im Laufe der Zeit sind vor allem leicht und einfach zu handhabende Konstruktionen auf den Markt gekommen. Steigender Kostendruck durch immer kürzere Zeitvorgaben führen zu dicht gedrängten Auf- und Abbautakten. Dadurch kann ein erhöhter Materialverschleiß der eingesetzten Technik einhergehen.

Bühnen unterliegen der „Richtlinie über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten“ (FlBauR) und den Landesbauordnungen der Länder. Hinsichtlich der Planung, Bemessung und Ausführung von Fliegenden Bauten sind die Normen für die Sicherheit von Fahrgeschäften und Vergnügungseinrichtungen (DIN EN 13814-1:2019-11) und die für Fliegende Bauten – Zelte – Sicherheit (DIN EN 13782:2015-06) zu beachten.

Das Foto zeigt eine Bühnenkonstruktion, bei der Scheinwerfer und Lautsprecher angebracht sind.

Eine Bühne gilt als sogenannter Fliegender Bau, es gelten spezielle Sicherheitsvorkehrungen.

Bevor Bühnen ein erstes Mal aufgestellt werden, muss durch einen Sachverständigen eine Ausführungsgenehmigung ausgestellt werden. Anschließend wird ein Prüfbuch (auch Baubuch genannt) erstellt, in welchem sämtliche Auflagen festgehalten werden. Das Prüfbuch wird für eine befristete Zeit erteilt und ist bundesweit gültig. Prüfbücher gibt es zum Beispiel im Veranstaltungsbereich für Werbetürme, PA-Tower (auch Public Address oder Power Amplifier genannt, kurz PA) und Bühnen. Typischerweise enthält ein Prüfbuch folgenden Inhalt:

  • Befristete Ausführungsgenehmigung inklusive Verlängerung oder Übertragungen

  • Prüfberichte und Auflagen für den Betrieb, Reparaturen

  • Leerseiten für Prüfvermerke

  • Maßstäbliche Zeichnungen der Fliegenden Bauten

  • Statische Berechnung (Statik)

  • Erforderliche Zertifikate

Ausführungsgenehmigung und Prüfbuch sind bei jeder Bauabnahme, also bei jedem Bühnenaufbau, dem prüfenden Bauamt vorzulegen.

Die Aufstellung einer genehmigungspflichtigen Bühne muss der Aufsichtsbehörde (zum Beispiel dem Bauamt) des Aufstellortes gemeldet werden. In der Regel findet nach jedem Bühnenaufbau eine Gebrauchsabnahme durch einen anerkannten Bauabnehmer statt, welche im Prüfbuch vermerkt wird.

Auch bei genehmigungsfreien Fliegenden Bauten ist in jedem Fall der sichere Betrieb zu gewährleisten. Die technischen Anforderungen sind hier mit dem aus einem genehmigungspflichtigen Bau identisch. So könnte das Bauamt einen statischen Nachweis einfordern.

Wind muss einberechnet werden

All diese Maßnahmen sollten grundsätzlich für eine technisch sichere Bühne sorgen. Doch es gibt noch mehr zu beachten. Wind sowie andere Einwirkungen können sich ungünstig auf die tragenden Teile einer Baukonstruktion auswirken. In Deutschland existiert zur Berechnung ungünstiger Windwirkungen eine Windlastnorm. Es gibt vier Windlastzonen. Insbesondere in Küstenregionen der Windlastzonen 3 und 4 sind beim Aufstellen Fliegender Bauten verschiedene Sondermaßnahmen in Absprache mit den örtlichen Baubehörden zu treffen. Für eine uneingeschränkte Genehmigung für alle vier Windlastzonen ist ein statischer Nachweis zu erbringen.

Die größten Windangriffsflächen bei Bühnen sind die vertikalen Planen an den Seiten. Während des Betriebszustandes muss sichergestellt werden, dass die Planen ab einer Windstärke 8 bft abgehängt werden können. „Außer Betrieb“ muss die restliche Konstruktion so berechnet sein, dass alles, was nicht abgebaut werden kann, für die vollen Windlasten berechnet worden ist.

Sicherheit der „Rigger“ geht vor!

Das in der Vergangenheit oft erwogene Herunterfahren oder Abseilen eines Bühnendaches ist mit der Sicherheit der „Rigger“ (Höhenarbeiter) nicht vereinbar. Es ist unzumutbar, bei Windstärke 8 in die Dachkonstruktion zu klettern und die Windverbände zu lösen. Das Bühnendach verliert darüber hinaus seine Aussteifung und wird labil. Dies führt zu einem erheblichen zusätzlichen Gefährdungspotenzial für das Personal und weitere umstehende Personen.

Dieses Foto zeigt einen Höhenarbeiter (Rigger) beim Aufbau einer Traverse.

„Rigger“ sind für den Aufbau der Traversen verantwortlich.

Bei einem möglichen Auftreten von böigem Wind muss ein Windmessgerät (oder ein vergleichbares zuverlässiges Anzeigegerät) in die Konstruktion der Bühne integriert und eine entsprechende Gebrauchsanleitung in das Prüfbuch aufgenommen werden. Vorgaben besagen, dass bei einer zehnminütigen durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von mehr als 15 Meter pro Sekunde oder einer Böengeschwindigkeit von mehr als 21 Meter pro Sekunde, gemessen in 10 Metern Höhe, die Bühne außer Betrieb zu setzen ist.

Heute gehören frei hängende LED-Wände im hinteren Bühnenbereich zum Standard, doch die Windangriffsfläche einer LED-Wand ist nicht zu unterschätzen. Sie muss bei Bedarf rechtzeitig abgelassen und eigenständig gesichert oder abgebaut werden.

Frei schwingende LED-Wände und PA-Systeme erfahren eine Lasterhöhung bei einer frei schwingenden Aufbauweise. Insbesondere eine horizontale Abstützung der möglichen Pendelbewegungen kann eine LED-Wand bei einer angreifenden Windlast sichern.

Massenpanik verhindern

Der Veranstalter muss seine Gäste vor veranstaltungstypischen Risiken schützen, wie herabstürzende Technik oder Blitzeinschlag in Bühnenaufbauten. Doch nur technische Schutzmaßnahmen reichen bei Unwetter nicht aus! Durch das massenhafte Flüchten von Gästen kann es zu Unfällen kommen.

Deshalb muss ein Open-Air-Veranstalter prüfen, wie lange die Räumung des Veranstaltungsgeländes dauert, und entsprechende organisatorische Maßnahmen ergreifen. Dafür ist ein Rettungs- und Räumungskonzept notwendig. Dazu gehört, dass Notausgänge und Rettungswege eindeutig und ausreichend gekennzeichnet sind und immer frei gehalten werden. Auch mit Blick aufs Wetter empfiehlt es sich für Veranstalter, im Vorfeld ein Risikokonzept zu erstellen, in das auch die Wettervorhersagen miteinberechnet werden. Es kann in Form eines Aktionsplanes bei Wetterereignissen wie Schnee und Eis, Gewitter, Starkregen und Wind umgesetzt werden. Hilfe bietet der Standard SQP5 „Aufstellung und Betrieb nicht ortsfester Bühnen und Bühnenüberdachung“ der Interessengemeinschaft Veranstaltungstechnik (IGVW).

 

Mareen Limbach