Bei der Additiven Fertigung steht nach dem Druckvorgang häufig noch eine Nachbearbeitung der Bauteile an. Dazu gehört bei allen harzbasierten Verfahren zum Beispiel photosensitives flüssiges Kunstharz. Dieses wird durch UV-Licht punkt- oder schichtweise ausgehärtet. Danach wird die Bauplattform um die jeweilige
Druckschichtdicke abgesenkt oder angehoben und die nächste Schicht wird ausgehärtet.Auf diese Weise entsteht sukzessive ein dreidimensionales Bauteil. Je nach Bauteilgeometrie benötigt der Drucker auch eine Stützstruktur.
Im Post-Prozess muss die Stützkonstruktion dann entfernt werden. Dazu löst der Drucker nach Abschluss des Druckvorgangs (Bauprozess) das gedruckte Bauteil zunächst manuell von der Bauplattform. Anschließend folgt die Nachbearbeitung des Bauteils. Dabei entfernt der Drucker Stützkonstruktionen und glättet scharfe beziehungsweise unebene Kanten. Zum Ablösen von der Bauplattform und zur Nachbearbeitung setzt er unter anderem Spachtel, Skalpell und Handschleifgeräte ein.
Übersicht Unfallgeschehen
Die BG ETEM hat Mitgliedsbetriebe zum Umfang der aktuellen Verwendung von 3D-Druckern, den eingesetzten additiven Fertigungsverfahren und zu den Unfällen im Umgang mit 3D-Druckern befragt. Die statistische Auswertung des Unfallgeschehens hat ergeben:
Es kommt häufig zu Schnitt- und Stichverletzungen beim Lösen des generierten Bauteils von der Plattform und bei der Nachbearbeitung im Post-Prozess. Diese Unfallhäufung deckt sich mit der Wahrnehmung der Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der BG ETEM.
Zwei typische Unfallbeispiele
Ein Beschäftigter rutschte beim Entfernen der Kunststoffmodelle von der Druckplattform mit einem Spachtel ab und verletzte sich. Die Art der Verletzung: Schnittverletzung. Verletztes Körperteil: Daumen.
Ein Sicherheitsbeauftragter erzählte: „Der Verunfallte hat einen 3D-Drucker gereinigt und sich dabei mit einem Abschälmesser in den linken Ringfinger geschnitten.“ Art der Verletzung: eine etwa einen Zentimeter quer verlaufende Schnittwunde.
Schutzmaßnahmen
Zum Schutz der Beschäftigten kommen folgende Maßnahmen nach dem TOP-Prinzip infrage:
Technische Schutzmaßnahmen
Eine technische Möglichkeit zur Vermeidung von Schnittverletzungen besteht darin, die Bauplattform mechanisch zu fixieren statt mit einer Hand manuell festzuhalten. Zum Beispiel durch Aufsetzen der Bauplattform (inkl. gedruckten Werkstück) auf eine Halterung. Dann kann das Werkstück mit einem Werkzeug von der Bauplattform getrennt werden. Die zweite Hand ist nun nicht mehr an der Bauplattform. Schnitt- oder Stichverletzungen können so vermieden werden.
Spezielle magnetische Folie als Unterlage auf der Bauplattform:
Flexible Folie (zum Beispiel aus Federstahl) als Auflage auf der Bauplattform:
Organisatorische Schutzmaßnahmen
Bauplattform an die Wand stellen: Eine Möglichkeit zur Vermeidung von Schnittverletzungen besteht darin, die Bauplattform mechanisch zu fixieren statt mit einer Hand manuell festzuhalten – zum Beispiel die Bauplattform an eine Wand stellen und nur dann die erzeugten Teile mechanisch von der Plattform zu lösen. Durch das mechanische Fixieren der Bauplattform statt des manuellen Festhaltens wird das Risiko einer Schnittverletzung einfach und deutlich reduziert.
Persönliche Schutzmaßnahmen
Unterweisung: Unternehmerinnen und Unternehmer müssen dafür sorgen, dass die Beschäftigten mindestens einmal jährlich über die Gefahren der Additive Fertigung, die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen und über erforderlichen Schutzmaßnahmen unterwiesen werden. Die Unterweisung ist zu dokumentieren.
Mögliche Unterweisungsinhalte sind unter anderem:
- grundsätzliche Gefährdungen und Arbeitsschutzmaßnahmen für die eingesetzte Anlage der Additiven Fertigung
- Gefährdungen durch die Einsatzbedingungen und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen
- Nutzen der Persönlichen Schutzausrüstung
- Vorgehen beim Lösen des gedruckten Objektes von der Bauplattform und beim Entfernen der Stützkonstruktion
Fazit
Durch die Wahl geeigneter Schutzmaßnahmen wie eine Halterung für die Bauplattform oder die Verwendung von spezieller magnetischer Folie als Unterlage auf der Bauplattform lassen sich Stich- und Schnittverletzungen im Rahmen des Post-Prozesses bei der Additiven Fertigung vermeiden.
Lars Weichhardt
→ info
- 3D-Druck/Additive Fertigungsverfahren: www.bgetem.de, Webcode 18661564
- Broschüre „Sicherheit und Gesundheit beim Arbeiten mit 3D-Druckern“: www.bgetem.de, Webcode M21271894
- Checklisten zur Gefährdungsbeurteilung: Additive Fertigungsverfahren (3D-Druck): www.bgetem.de, Webcode M20836418
- Portal Hand- und Hautschutz: hautschutz.bgetem.de
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