Unfallhergang
Das Unfallopfer hatte den Auftrag, einen defekten Schlauch an der Geschirrspülmaschine auszutauschen. Dazu musste das Elektrogerät aus der Küchenzeile herausgezogen und die seitliche Abdeckung geöffnet werden.
Bevor Abdeckungen geöffnet werden,
Stecker aus der Steckdose ziehen!
Den Netzstecker des Gerätes zog der Monteur allerdings nicht, obwohl es in diesem Fall leicht möglich gewesen wäre.
Die Demontage des defekten Abwasserschlauchs erfolgte problemlos. Bei der Montage des neuen Abwasserschlauchs griff der Monteur in den unteren, beengten Raum der Spülmaschine. Dabei berührte er mit der einen Hand den blanken Flachstecker des Druckwächters, der nicht gegen zufälliges Berühren isoliert ist und trotz abgeschalteter Geschirrspülmaschine unter Spannung stand, und mit der anderen Hand ein Metallteil der Maschine. Dabei kam es laut Obduktionsbericht zu einer tödlichen Hand-Hand-Körperdurchströmung.
Unfallursache
Gleichartige Druckwächter sind in den Geschirrspülmaschinen und Waschmaschinen vieler Hersteller verbaut. Nicht isolierte Anschlusskontakte stehen auch bei abgeschalteter Maschine unter Spannung!
Der nicht gezogene Netzstecker war eindeutig unfallursächlich, was in diesem Fall mit dem fehlenden Herstellen der Spannungsfreiheit gleichzusetzen ist. Warum der Netzstecker nicht gezogen wurde, konnte nicht mehr ermittelt werden. Da kein elektrotechnischer Fehler vorlag, war dem Monteur die elektrische Gefährdung eventuell nicht bewusst.
Die Kombination aus dem unter Spannung stehenden und nicht gegen zufälliges Berühren isolierten Flachstecker, den großflächigen metallischen Oberflächen der Maschine und der räumlichen Enge im Anschlussraum führte zu der tödlichen Körperdurchströmung, der sich der Monteur nicht mehr entziehen konnte. Dadurch, dass der Netzstecker der Maschine noch steckte, waren zudem die metallischen Maschinenteile mit dem Schutzleiter der elektrischen Anlage verbunden. In diesem Fall ist von einer Körperdurchströmung im Bereich einiger hundert Milliampere und damit jenseits der Loslassschwelle auszugehen.
Fazit
Die Spülmaschine entsprach zum Zeitpunkt, als sie in den Verkehr gebracht wurde, den gültigen Produktnormen. Zudem liegt für das Spülmaschinen-Modell eine GS-Prüfbescheinigung einer unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsstelle vor.
Das Unfallopfer hat – entgegen der Herstellervorgaben und Anweisungen des Betriebes – vor dem Öffnen des Gehäuses den Netzstecker nicht gezogen und somit nicht dafür gesorgt, dass alle elektrischen Betriebsmittel innerhalb der Spülmaschine spannungsfrei sind.
Trügerisch ist, dass an dem nicht isolierten Flachstecker auch im ausgeschalteten Zustand der Geschirrspülmaschine Netzspannung ansteht.
Abdeckungen, welche nur mit Hilfsmitteln zu entfernen sind oder eine Verriegelung haben (nicht abnehmbare Teile), dienen grundsätzlich dem Schutz gegen das Berühren nicht isolierter unter Spannung stehender Teile. Sobald Abdeckungen demontiert werden, muss von einer Gefährdung durch unter Spannung stehende Teile ausgegangen werden.
Ausgewählte Schutzmaßnahmen gegen elektrischen Schlag beim Kundendienst
- Service-Vorgaben des Herstellers beachten
- Ziehen des Netzsteckers vor Öffnen des Gehäuses! Damit ist die Spannungsfreiheit hergestellt.
- Bei festinstallierten Geräten und Einbaugeräten, deren Netzstecker nicht gezogen werden kann, gilt folgendes:
- Arbeiten dürfen grundsätzlich nur nach Durchführung der 5 Sicherheitsregeln durchgeführt werden:
- Herstellen des spanungsfreien Zustands durch Freischalten an dem vorgelagerten Überstromschutzorgan, z. B. Sicherung oder Leitungsschutzschalter, oder durch Abschalten der vorgelagerten RCD,
- Gegen Wiedereinschalten sichern,
- Spannungsfreiheit am Gerät feststellen,
- Erden und Kurzschließen (auf das Erden und Kurzschließen kann hier in der Regel verzichtet werden),
- Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken. Sofern keine zusätzlichen Spannungsquellen oder Energiespeicher im Gerät eingebaut sind, kann auch auf diese Sicherheitsregel verzichtet werden.
- Das Freischalten oder Arbeiten in der Nähe unter Spannung stehender Teile darf nur durch eine Elektrofachkraft oder unter Leitung und Aufsicht einer Elektrofachkraft, z. B. durch eine elektrotechnisch unterwiesene Person erfolgen.
- Arbeiten dürfen grundsätzlich nur nach Durchführung der 5 Sicherheitsregeln durchgeführt werden:
- Fehlersuche an nicht freigeschalteten Betriebsmittel nach Möglichkeit nur mit zusätzlichem Schutz, z. B. Einsatz einer PRCD-S, da der Zustand der Gebäudeinstallation beim Kunden meist nicht beurteilt werden kann. Sind großflächige Berührungen von leitfähigen Teilen möglich, ist zwingend ein Trenntransformator als Spannungsquelle zu verwenden.
Die 5 Sicherheitsregeln der Elektrotechnik
- Freischalten
- Gegen Wiedereinschalten sichern
- Spannungsfreiheit feststellen
- Erden und kurzschließen
- Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
Florian Kraugmann
→ Quellen
- Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (DGUV Vorschrift 3): www.bgetem.de, Webcode M18820546
- DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen“: www.vde-verlag.de
- DGUV Information 203-006 „Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen“: www.bgetem.de, Webcode M18622819
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