Zwei hängende Luftbefeuchter in grau verströmen Wasserdampf.

Hochdruckdüsenbefeuchtung mit einzelnen Sprühdüsen, die mit einem Trägerluftstrom arbeiten

Moderne Luftbefeuchtungsanlagen ermöglichen viele technische Vorgänge und Abläufe bei der Verarbeitung von Papier und/oder Folie. Eine Reihe technischer Prozesse kann nur unter Einhaltung einer bestimmten Luftfeuchtigkeit durchgeführt werden. Für diese Arbeitsbereiche sind Luftbefeuchtungseinrichtungen erforderlich, die den Feuchtegehalt in der Raumluft erhöhen (siehe Kasten).

Aus einer Rohrleitung links strömt aus mehreren Öffnungen Wasserdampf in eine Produktionshalle. An einem Karussell rechts hängen Druckerzeugnisse.

Hochdruckdüsenbefeuchtung; die einzelnen Düsen sind hierbei in der Ringleitung integriert und arbeiten ohne Trägerluftstrom.

Doch welchen Einfluss haben Luftbefeuchtungssysteme bzw. die Luftfeuchtigkeit auf Viren, insbesondere das SARS-CoV-2-Virus? Müssen in der derzeitigen epidemiologischen Lage bei Nutzung einer Luftbefeuchtungsanlage zusätzliche Maßnahmen getroffen werden?

Aktuelle Diskussion: Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf die Aerosolverteilung

Die Hauptübertragungswege für SARS-CoV-2 sind das Einatmen von Tröpfchen und Aerosolen einer infizierten Person. Sowohl Tröpfchen als auch Aerosole entstehen beim Atmen, Sprechen, Singen, Husten und Niesen.

Tröpfchen haben eine Größe von mehr als 5 µm, während Aerosole feinste luftgetragene Flüssigkeitspartikel mit einem Durchmesser von kleiner 5 µm sind. Größere Tröpfchen sind schwerer und sinken schneller zu Boden als die kleineren und leichteren Aerosole. Aerosole können so über längere Zeit in der Luft schweben und verteilen sich in geschlossenen Räumen über einen weiten Bereich.

Zwei blaue Luftbefeuchter im Vordergrund verströmen von der Decke aus Wasserdampf in eine Werkshalle. Im Bild rechts stehen Stapel von Zylindern mit Papier, in der MItte transportier ein Gabelstapler einen Zylinder.

Luftbefeuchtung in einem Zwischenlager für Papierrollen im Zeitungsdruck

Ein Team aus Wissenschaftlern des Leipziger Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) und des CSIR-National Physical Laboratory in New Delhi hat zur Klärung des Einflusses der Luftbefeuchtung zehn internationale Studien ausgewertet. Danach wird die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 über Aerosole in Innenräumen offenbar stark von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst. Die Wissenschaftler führen dies darauf zurück, dass eine niedrige Luftfeuchtigkeit die Tröpfchen mit Viren zwar schneller austrocknen lasse, die Überlebensfähigkeit der Viren dabei trotzdem hoch zu bleiben schien. […] Liegt die relative Luftfeuchtigkeit der Raumluft unter 40 Prozent, dann würden die von Infizierten ausgestoßenen Partikel weniger Wasser aufnehmen, blieben leichter, flögen weiter durch den Raum und würden eher von Gesunden eingeatmet […], so die Forscher.

Das Leipziger und indische Forscherteam empfiehlt daher, […] neben den bisher üblichen Maßnahmen wie Abstand und Masken auch die Raumluftfeuchtigkeit zu regulieren. Die Luftfeuchtigkeit sollte nicht unter 40 Prozent liegen; dies könne die Ausbreitung der Viren und die Aufnahme über die Nasenschleimhaut reduzieren. […]

Prof. Dr.-Ing. Martin Kriegel ist Leiter des Hermann-Rietschel-Instituts der TU Berlin und forscht unter anderem an der Ausbreitung von Aerosolen. Er vertritt bezüglich des Einflusses der Luftfeuchtigkeit eine abweichende Meinung. Nach seiner Ansicht spielt die Luftfeuchtigkeit bei der Aerosolbewegung keine Rolle: […] Natürlich haben diese Partikel einen Flüssigkeitsanteil, der bei trockener Luft schneller verdunstet, wodurch die Aerosole kleiner werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Teilchen noch idealer luftgetragen werden. […]

Zwischenbilanz

Es ist derzeit ungewiss, ob eine relative Luftfeuchtigkeit von 50 bis 60 %, wie sie häufig aus prozesstechnischen Gründen in der Druck- und papierverarbeitenden Industrie einreguliert wird, einen positiven oder einen zu vernachlässigenden Effekt auf die Ausbreitung von virenbelasteten Aerosolen hat.

Es gibt keine Erkenntnisse oder Hinweise darauf, bestehende Luftbefeuchtungsanlagen abzuschalten. Zum Weiterbetrieb der Anlagen müssen allerdings nachfolgende Punkte zwingend im Betrieb umgesetzt werden – diese Anforderungen gelten übrigens immer, unabhängig von der derzeitigen Pandemie.

Instandhaltung der Anlagen

Auch wenn davon ausgegangen werden darf, dass durch die prozessbedingte Luftfeuchte mit keiner erhöhten Infektionsgefährdung mit SARS-CoV-2-Viren zu rechnen ist, kann bei unsachgemäßem Gebrauch dieser Anlagen eine Gefährdung für die Beschäftigten auftreten.

Ein Mitarbeiter links liest ein Heft mit Wartungseinträgen in seiner Hand, vor sich der grau-blaue Schaltschrank einer Luftbefeuchtungsanlage der Firma DRAABE.

Kontrolle der Dokumentation der Hygienekontrollen und -inspektionen, die an einer Luftbefeuchtungsanlage regelmäßig durchzuführen sind.

Nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.6 „Lüftung" müssen raumlufttechnische Anlagen – dazu gehören auch Luftbefeuchtungsanlagen – dem Stand der Technik entsprechen und bestimmungsgemäß betrieben werden. Dazu gehört:

  • Für den Betrieb und die Instandhaltung dieser Anlagen müssen die möglichen Gefährdungen, die von der Anlage ausgehen können, bewertet und ggf. Schutzmaßnahmen vorgesehen werden. Einerseits muss dies im Hinblick auf die Beschäftigten, die der Anlage ausgesetzt sind, erfolgen und andererseits auch für das Personal, das Instandhaltungsarbeiten an der Anlage durchführt.
  • Die Gefährdungen und daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen müssen durch einen Fachkundigen bewertet werden, der mindestens die Kenntnisse der Qualifikation Kategorie A gemäß VDI-MT 6022 Blatt 2 (siehe Info) besitzt.
  • Es sollten regelmäßige Hygieneinspektionen und Hygienekontrollen der Anlagen gemäß den Richtlinien VDI 6022 Blatt 1 und Blatt 6 erfolgen. SARS-CoV-2-Viren sind zwar mittels der gängigen mikrobiologischen Beprobungen auch im Rahmen einer Hygieneinspektion vermutlich nicht nachweisbar. Die Kombination von Covid-19 mit anderen Atemwegsbeschwerden und/oder Erkrankungen könnte allerdings zu einem erschwerten Krankheitsverlauf und anderen schweren Komplikationen führen. Deshalb ist eine hygienisch einwandfreie Luftbefeuchtungsanlage in der momentanen Situation wichtiger denn je. Dies sicherzustellen erfordert regelmäßige Hygieneinspektionen und Hygienekontrollen gemäß VDI 6022 Blatt 1 und Blatt 6.
  • Das Personal für die Hygieneinspektionen und -kontrollen sowie daraus abgeleiteter weiterer Instandhaltungsarbeiten muss eine entsprechende Fachkunde besitzen. Die notwendigen Kenntnisse werden in der VDI-MT 6022 Blatt 2 beschrieben.

Fazit

Es ist bekannt, dass die Aktivität einiger Viren und somit auch das Infektionsrisiko durch die Luftfeuchte beeinflusst werden können. Auch die Größe der Tröpfchen und die Menge der Aerosole hängt von der Lufttemperatur und Luftfeuchte ab.

Jedoch unterstützen die derzeitigen Erkenntnisse nicht die Annahme, dass eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte auf 40 bis 60 % die Aktivität des SARS-CoV-2-Virus sicher reduziert. Daher wird nicht zu einer zusätzlichen Befeuchtung der Luft geraten, um das Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 zu vermindern. Bestehende Anlagen können aber bei Einhaltung der beschriebenen Instandhaltungsmaßnahmen weiterbetrieben werden.

  

Dr. Nadine Metz, Dr. Axel Mayer