DGUV 203-006: Baustelle in einer Stadt mit Kran von oben gesehen.

Anlagen- und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen müssen besonders geschützt sein.

Elektrische Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen müssen hinsichtlich elektrotechnischer Schutzmaßnahmen erhöhte Anforderungen erfüllen. Die DGUV Information 203-006 „Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen“ stellt die Anforderungen an elektrische Anlagen und Betriebsmittel auf Bau- und Montagestellen vor. Für Bau- und Wohncontainer gilt sie explizit nicht. Inzwischen liegt die DGUV Information 203-006 in aktualisierter Fassung vor. Inhaltlich überarbeitet wurden die Abschnitte

  • Energieverteilung,
  • Maßnahmen vor dem Anschlusspunkt zum Schutz gegen elektrischen Schlag,
  • Elektrische Betriebsmittel und nichtstationäre elektrische Anlagen und
  • Instandsetzung, Wartung und Prüfungen.

Dieser Beitrag greift neue, wesentliche Inhalte kapitelweise auf und bietet damit eine Hilfe, wie die DGUV Information angewendet werden kann.

Energieversorgung

Im Abschnitt Energieversorgung gibt es keine wesentlichen Änderungen für Anwender von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln auf Bau- und Montagestellen.

Energieverteilung

Um einen gefahrlosen Betrieb vor Ort sicherzustellen, gehört zu einer fachgerechten Baustelleneinrichtung eine Allgemeinbeleuchtung von Arbeitsplätzen und Verkehrswegen. Besonders ein Ausfall der Beleuchtung kann massive Folgen für die Arbeitssicherheit haben. 

Wesentliche Inhalte für die Stromversorgungssysteme auf Bau- und Montagestellen: 

Grafik, die mehrere Stromversorgungsschränke mit Schalttafeln zeigt.

Stromversorgungssysteme bestehen aus Übergabepunkt, Verbindungsleitungen, Verteilern, Schutzeinrichtungen und Anschlusspunkten.

In der Nähe elektrifizierter Gleisanlagen sind Erdspieße aufgrund von Rückströmen im Erdreich in ausreichendem Abstand (circa zehn Meter) von Gleisanlagen zu setzen. Für Baustromverteiler gilt jetzt: Fest angeschlossene Baustromverteiler mit Steckdosen (Anschlusspunkte) müssen Einrichtungen zum Trennen der Einspeisung enthalten, die gegen Einschalten abschließbar und für Laien benutzbar sind (Hauptschalter). Eine verschließbare Umhüllung reicht nicht aus. Diese Anforderung gilt ausdrücklich nicht für Baustromverteiler mit Steckvorrichtung zur Energieeinspeisung.

Fest angeschlossener Baustromverteiler in blau mit Schaltelementen in rot, gelb und blau.

Fest angeschlossener Baustromverteiler

Grundlegende Anforderungen an Leitungen sind:

  • Als bewegliche Leitungen müssen grundsätzlich mehradrige Leitungen der Bauart H07RN-F verwendet werden. Alternative Kabeltypen benötigen mindestens gleichwertige Beständigkeit gegenüber Wasser, mechanischen und thermischen Einwirkungen.
  • Werden Leitungen besonders stark  mechanisch beansprucht, ist die Bauart NSSHÖU geeignet.
  • Bei besonderer mechanischer Beanspruchung sind Leitungen geschützt zu verlegen.

Maßnahmen vor dem Anschlusspunkt zum Schutz gegen elektrischen Schlag

Die ausgewählten Betriebsmittel sollen möglichst geringe Ableitströme verursachen, da sie eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) zur Auslösung bringen können. Stromkreise mit Steckdosen oder mit fest angeschlossenen, handgeführten elektrischen Verbrauchsmitteln mit Bemessungsstrom In ≤ AC 32 A sind über RCDs mit einem Bemessungsdifferenzstrom I∆n ≤ 30 mA zu betreiben.

Für Stromkreise mit Steckdosen gilt weiter:

  • Stromkreise mit Bemessungsstrom In > AC 32 A sind über RCDs mit einem Bemessungsdifferenzstrom I∆n ≤ 500 mA zu betreiben.
  • Drehstrom-Steckdosen bis einschließlich 63 A müssen mit einer RCD vom Typ B geschützt werden.
  • Werden an Drehstrom-Steckdosen größer 63 A frequenzgesteuerte Betriebsmittel angeschlossen, sind allstromsensitive RCDs vom Typ B oder B+ erforderlich.

Schema eines Schaltbildes mit Hintereinanderschaltung, darunter Beispielfotos.

Prinzipschaltbild mit zulässiger und unzulässiger Hintereinanderschaltung

Allstromsensitive RCDs (Typ B oder B+) dürfen grundsätzlich nicht hinter pulsstromsensitiven RCDs (Typ A oder F) installiert sein.

Frequenzgesteuerte Betriebsmittel verursachen betriebsbedingte Ableitströme über den Schutzleiter. Da sie RCDs zur Auslösung bringen können, sind Ableitströme möglichst gering zu halten (weniger als 30 Prozent des Bemessungsdifferenzstroms).

Da bei einphasigen Betriebsmitteln mit Frequenzumrichter, zum Beispiel Rüttler oder Bohrhämmer, auch nieder- und höherfrequente Wechselfehlerströme auftreten, die von RCDs vom Typ A nicht erkannt werden, müssen RCDs vom Typ F eingesetzt werden. Alternativ ist auch der Einsatz von RCDs des Typs B oder B+ möglich.

Um Steckdosen in einer Gebäudeinstallation mit unbekannter Schutzmaßnahme nutzen zu können, ist ein ergänzender Schutz mittels ortsveränderlicher RCD (PRCD nach VDE 0661) erforderlich. Außerdem muss diese Schutzeinrichtung folgende ergänzende Funktionen aufweisen:

  • Die Schutzeinrichtung darf sich nicht einschalten lassen, wenn der Schutzleiter des speisenden Netzes unterbrochen ist oder unter Spannung steht.
  • Wenn während des Betriebes der Schutzleiter im speisenden Stromkreis unterbrochen wird, muss die Schutzeinrichtung abschalten.
  • Beim Auftreten von Fremdspannung auf dem Schutzleiter, etwa durch Anbohren einer Leitung eines anderen Stromkreises, darf die Schutzeinrichtung den Schutzleiter nicht abschalten.

Benutzer müssen in der Betriebsanleitung des Herstellers nachlesen, ob es zulässig ist, beim Einschalten dieser als PRCD-S bekannten Schutzeinrichtung Handschuhe zu tragen. Wenn im Fehlerfall glatte Gleichfehlerströme von mehr als 6 mA auftreten, können RCDs vom Typ A oder F in der vorgelagerten elektrischen Anlage unwirksam werden. Dies lässt sich durch die Verwendung einer mehrphasigen ortsveränderlichen Schutzeinrichtung, die die erforderlichen Eigenschaften zur Fehlerstromerfassung einer RCD vom Typ B oder B+ aufweist und mittels einer Zusatzfunktion eine Abschaltung bei glatten Gleichfehlerströmen > 6 mA bewirkt, verhindern. Alternativ ist auch der Einsatz eines Trenntransformators zum Betrieb eines einzelnen Verbrauchsmittels möglich.

Weitere sinnvolle Maßnahmen:

  • SELV (Schutzkleinspannung) nach VDE 0100-410 verwenden.
  • Schutztrennung nach VDE 0100-410 Abschnitt 413.
  • In IT-Systemen nach VDE 0100-410: Isolationsüberwachungseinrichtungen (IMDs), die, sofern nicht überwacht, beim ersten Fehler abschalten müssen.

Elektrische Betriebsmittel und nichtstationäre elektrische Anlagen

Bei der Auswahl ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel müssen die Einsatzbedingungen berücksichtigt werden (siehe auch DGUV Information 203-005 „Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbedingungen“.

  • Leitungsroller sollten entsprechend dem Grundsatz GS-ET-35 gebaut sein. Insbesondere weisen sie folgendes Merkmal auf: Tragegriff, Kurbelgriff und Wickelkörper bestehen aus Isolierstoff oder sind vollständig damit umhüllt, um zu verhindern, dass durch eine beschädigte Leitung eine gefährliche Berührungsspannung an berührbaren Konstruktionsteilen anstehen kann.
  • Das Hintereinanderschalten von mehreren Leitungsrollern sollte vermieden werden, um den Schutz bei Überstrom zu gewährleisten.

Für ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel müssen bei besonderen Umgebungsbedingungen, zum Beispiel Nässe oder leitfähiger Staub, geeignete zusätzliche Maßnahmen wie Wetterschutz, Abdeckungen und Schutzhauben getroffen werden – oder die Arbeiten sind einzustellen. Bei besonderen Betriebsbedingungen, etwa beim Nasskernbohren oder beim Nassschleifen, sind vor Arbeitsbeginn ergänzende Maßnahmen zu treffen. Beispiele sind die Verwendung von Schutzkleinspannung oder Schutztrennung (siehe auch DGUV Information 203-004 „Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln bei erhöhter elektrischer Gefährdung“).

Instandsetzung, Wartung und Prüfungen

Elektrische Anlagen auf Bau- und Montagestellen, zum Beispiel Beleuchtungsanlagen und Baustromanlagen, müssen wie jede elektrische Anlage nach ihrer Errichtung überprüft werden. Mangelhafte Anlagen und Betriebsmittel, von denen eine Gefährdung ausgeht, dürfen mit sofortiger Wirkung nicht mehr benutzt werden – egal, wo sie installiert und betrieben werden.

Auch auf Bau- und Montagestellen dürfen elektrische Anlagen und Betriebsmitteln nur von Elektrofachkräften instandgesetzt und gewartet werden. Nach einer elektrotechnischen Instandsetzung müssen diese Anlagen abschließend geprüft werden.

Hinweise zur Organisation, Auswahl des Prüfpersonals und Dokumentation der Prüfungen enthält die DGUV Information 203-071 „Wiederkehrende Prüfungen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel – Organisation durch den Unternehmer“ . Die Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel wird in DGUV Information 203-070 „Wiederkehrende Prüfungen ortsveränderlicher elektrischer Arbeitsmittel – Fachwissen für Prüfpersonen“ beschrieben.

In der aktualisierten DGUV Information 203-006 ist die in der Praxis bewährte und empfohlene Prüffrist für PRCD-S und mobile Verteiler mit RCD wie folgt beschrieben: PRCD-S und mobile Verteiler mit RCDs sind ortsveränderliche Betriebsmittel, die auf Bau- und Montagestellen einer erhöhten mechanischen Beanspruchung ausgesetzt sind, sodass für die Prüffrist ein Richtwert von drei Monaten gilt. Für die wiederkehrende Prüfung muss ein geeignetes Prüfgerät verwendet werden. Zusätzlich ist arbeitstäglich – sofern vorhanden – die Prüftaste zu drücken.

Prüfnachweis

Das Ergebnis der wiederkehrenden Prüfungen elektrischer Anlagen und Betriebsmittel ist zu dokumentieren.

Gelbe Prüfplakette auf einem Plastikstreifen

Empfohlen wird, die geprüften und als mängelfrei beurteilten Betriebsmittel zu kennzeichnen, zum Beispiel mit einer Prüfplakette oder Banderole.

Christian Kraus