Läuft alles sauber?
Bei der Stoffherstellung werden vor dem Weben Anlagen benötigt, die einen sauberen Fadenlauf und ein qualitätsgerechtes Gewebebild garantieren. Eine solche ist die Schlichtmaschine. Vor dem Webprozess wird zur Stärkung der Kettfäden ein Schutzfilm aufgebracht - die sogenannte Schlichte. Das Schlichtemittel soll die Garne vor Aufspleißen und Durchscheuern beim Weben schützen. Mehrere hundert Kettfäden durchlaufen parallel einen meist mit Stärke gefüllten Schlichtetrog.
Der Unfall
Ein Maschinenbediener versuchte bei laufendem Betrieb, die Kettfäden am Einlauf zum Schlichtetrog mit der Hand zu richten. Dabei geriet er in den Einlaufspalt zwischen Welle und Notbefehlseinrichtung (NBE), eine über die gesamte Maschinenbreite wirkende Schaltleiste. Die schmerzhaften Folgen: Die Haut am Handrücken des Verletzten wurde abgezogen.
Die Ursache
Die Rückholfeder des Schaltstößels im NBE-Schalter war gebrochen, sodass die Maschine nicht abschaltete (siehe Zeichnung). Bei regelmäßiger Kontrolle der Funktionsfähigkeit und turnusmäßiger Prüfung des Schalters hätte der Fehler erkannt und der Unfall verhindert werden können.
Die Lösung
Regelmäßige Kontrollen und Prüfungen der Funktionsfähigkeit von Schutz- und Sicherheitseinrichtungen (SSE) sind wichtiger Bestandteil eines nachhaltigen Arbeitsschutzes.
Die Regelungen für die Prüfung nehmen in der Betriebssicherheitsverordnung einen breiten Raum ein. Die Paragrafen 14 bis 17 sowie die Anhänge 2 und 3 beschreiben detailliert Prüfvorschriften für
- Arbeitsmittel allgemein,
- besondere Arbeitsmittel nach Anhang 3,
- zusätzlich für überwachungsbedürftige Anlagen, im Speziellen:
- Aufzugsanlagen,
- Explosionsgefährdungen,
- Druckanlagen.
Die drei Prüfkriterien für Arbeitsmittel sind dabei im Wesentlichen:
- Prüfung vor erstmaliger Benutzung von Arbeitsmitteln, wenn die Sicherheit von Montagebedingungen abhängt.
- Wiederkehrende Prüfungen bei allen Arbeitsmitteln, die Schäden verursachenden Einflüssen (zum Beispiel Verschleiß) unterliegen.
- Außerordentliche Prüfung ist unverzüglich zu veranlassen, wenn bei außergewöhnlichen Ereignissen (insbesondere Unfällen, Naturereignissen, längere Nichtverwendung) Schäden am Arbeitsmittel entstanden sind.
Die Schwierigkeit in der Praxis: Nur noch wenige Vorschriften regeln eine konkrete Vorgehensweise bei Prüfungen – zum Beispiel bezüglich Fristen, Umfang oder Qualifikation der Prüfer. Eine Ausnahme bildet die DGUV Vorschrift 3 über die Prüfung von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln. Sie schreibt konkrete Prüffristen vor. Für die meisten Arbeitsmittel jedoch sind die Prüfung und Kontrolle anhand der Gefährdungsbeurteilung selbst vom Unternehmen festzulegen.
Hilfe für die Praxis
Eine gute Orientierung gibt die im Jahr 2019 überarbeitete Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 1201 „Prüfungen und Kontrollen von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen“. Gut beraten ist, wer diese Regel als Grundlage für seine Prüfstrategie im Unternehmen nutzt. Die Begründung gibt die Regel selbst: „Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.“
Die TRBS 1201 konkretisiert die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) im Hinblick auf
- die Ermittlung und Festlegung von Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen sowie deren Durchführung,
- die Verfahrensweise zur Bestimmung der mit der Prüfung zu beauftragenden Person oder zugelassenen Überwachungsstelle,
- die Ermittlung und Festlegung der erforderlichen Kontrollen und deren Durchführung und
- die Erstellung der erforderlichen Aufzeichnungen oder Bescheinigungen.
Prüfen oder kontrollieren?
Erstmals werden in der TRBS die Begriffe „Prüfung“ und „Kontrolle“ genau definiert.
Prüfung ist der Vergleich zwischen dem „Sollzustand“ und dem „Istzustand“ des Arbeitsmittels. Prüfungen erfordern den Einsatz spezieller Prüfgeräte sowie umfangreiche Kenntnisse der Prüfer.
Kontrolle ist die Feststellung offensichtlicher Mängel an einem Arbeitsmittel. Das können dafür unterwiesene Beschäftigte auch ohne spezielle Fachkenntnisse ausführen – vorausgesetzt, sie sind in der Lage, den sicherheitsgerechten Zustand einzuschätzen. Grundlage dafür ist die Gefährdungsbeurteilung. Darin wird festgehalten, wann welche Arbeitsmittel von wem und in welchem Umfang einem Sicherheitscheck zu unterziehen sind.
Feststellung der sicherheitsgerechten Verfügbarkeit eines Arbeitsmittels
Prüfung
Die Prüfung eines Arbeitsmittels umfasst
- die Ermittlung des Istzustandes,
- den Vergleich des Istzustandes mit dem Sollzustand sowie
- die Bewertung der Abweichung des Istzustandes vom Sollzustand.
Kontrolle
- Feststellung offensichtlicher Mängel, die die sichere Verwendung beeinträchtigen können (zum Beispiel fehlende Schutzeinrichtung, fehlende Wirkung von Schutzmaßnahmen)
- regelmäßige Kontrolle der Funktionsfähigkeit von Sicherheitseinrichtungen
- erfolgt ohne oder mit einfachen Hilfsmitteln