Wenn Schweißrauche in gesundheitsgefährdender Menge auftreten, bieten sich, wie so oft im Arbeitsschutz, mehrere Möglichkeiten zur Verringerung der Exposition an. Doch welche Schutzmaßnahme oder welche Kombination von Maßnahmen ist jeweils am besten geeignet? Das Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung und das Niveau der Schutzmaßnahmen werden wesentlich von der Frage bestimmt, ob krebserzeugende Gefahrstoffe freigesetzt werden. Ist dies der Fall, sind die Regelungen der TRGS 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen“ zu beachten und die dort abgeleiteten Beurteilungsmaßstäbe anzuwenden. Werden diese bei schweißtechnischen Tätigkeiten überschritten, muss ein Maßnahmenplan zur Expositionsminderung erstellt werden.
Substitutionsprüfung
Die Suche nach Lösungen, um Expositionen zu vermeiden oder wirksam zu mindern, beginnt immer mit der Substitutionsprüfung. Diese beinhaltet bei schweißtechnischen Tätigkeiten die Fragen:
- Kann z. B. ein anderes Füge- oder Trennverfahren angewendet werden?
- Stehen Verfahren mit einer geringeren Emissionsrate zur Verfügung?
- Können Zusatzwerkstoffe mit geringeren Legierungsgehalten problematischer Inhaltsstoffe eingesetzt werden?
Erste Hinweise dazu werden in der TRGS 528 in Abschnitt 4.2 dargestellt. War die Substitutionsprüfung nicht erfolgreich, müssen vorrangig technische bzw. technisch-bauliche Schutzmaßnahmen angewandt werden. Erste Wahl bei schweißtechnischen Tätigkeiten sind – neben der Optimierung schweißtechnischer Verfahrensparameter wie z. B. Schweißspannung, -strom, Lichtbogenart und Schutzgaszusammensetzung durch Gerätetechnikhersteller sowie -zulieferer – Absaugungen nach dem Stand der Technik.
Erfassungseinrichtungen und Absaugtechnik haben die Aufgabe, Schweißrauche möglichst nahe an der Entstehungsstelle zu erfassen, abzuführen, zu reinigen und fortzuleiten oder, sofern gestattet, gereinigt in den Arbeitsbereich zurückzuführen. Dies klingt einfach und überzeugend, stellt in der Praxis aber häufig ein Problem dar. Große oder auch komplex geformte Bauteile und Konstruktionen machen meist ein ständiges manuelles Nachführen der Erfassungseinrichtungen erforderlich.
Reicht das Absaugen für die Einhaltung der Grenzwerte nicht aus, müssen weitergehende Maßnahmen ergriffen werden. Bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen hilft Anhang 2 der TRGS 528. Im Schema der Entscheidungshilfe (siehe Abbildung) ist übersichtlich dargestellt, wie der Auswahlprozess umgesetzt werden kann. Das dort geschilderte Vorgehen bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen für den Schweißer bedeutet keine grundsätzliche Abkehr von der Rangfolge der Maßnahmen und den Vorgaben der Gefahrstoffverordnung. Vielmehr wird das Erreichen des Schutzziels der Verordnung durch Umsetzung jeweils der tätigkeitsbezogen wirksamsten Maßnahmen beschrieben.
Entscheidend ist immer das Ergebnis der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleitete Auswahl der Schutzmaßnahmen. In das Schema ist die Erfahrung eingeflossen, dass bei einer nicht ausreichenden Absaugung auch die Installation von aufwendigen, technisch komplexen und sehr teuren raumlufttechnischen Anlagen allein häufig nicht die gewünschte Grenzwerteinhaltung sichert.

Schutzmaßnahmen bei schweißtechnischen Arbeiten
Hauben oder Helme
Einen deutlich besseren Schutz für Beschäftigte bietet hier die Nutzung von nicht belastendem Atemschutz (gebläseunterstützte Hauben oder Helme) als Persönliche Schutzausrüstung. In der Praxis stellt sich die Situation häufig so dar, dass nicht nur die Schweißer selbst exponiert sind. Auch Helfer oder andere Beschäftigte im Arbeitsbereich sind in erheblichem Maß betroffen. Zum Schutz ihrer Gesundheit müssen die Grenzwerte natürlich dennoch eingehalten werden.
Sind Maßnahmen über eine Absaugung am Schweißarbeitsplatz hinaus notwendig, sollten vorrangig baulich-technische Maßnahmen angewendet werden. Diese können z. B. als
- räumliche Trennung (vollständige bauliche Trennung des Schweißbereichs von übrigen Arbeitsbereichen) oder als
- räumliche Abtrennung (bestehend z. B. aus verschiebbaren Stellwänden oder Vorhängen) ausgeführt sein.
Ein auf diese Art verkleinerter Schweißbereich lässt sich in der Regel auch mit deutlich geringerem Aufwand (energetisch, technisch und vor allem betriebswirtschaftlich) effektiv be- und entlüften.
Filtertürme
Immer häufiger sind in Unternehmen sogenannte Filtertürme anzutreffen. Diese stationären Einrichtungen saugen belastete Luft aus dem Raum an, filtern sie und führen die gereinigte Luft in den Raum zurück. Als alleinige Schutzmaßnahme sind sie aber ungeeignet, da sie keine wirksame Erfassung an der Entstehungsquelle gewährleisten – wie dies in der Gefahrstoffverordnung gefordert ist. Auch die von den Herstellern beworbenen hohen Abscheidegrade für Partikel nützen letztlich nur dann, wenn ein möglichst großer Teil der Rauche schon vorher erfasst wurde. Als ergänzende Schutzmaßnahme zusätzlich zu einer Absaugung können Filtertürme für eine Reinigung der Luft im Umgebungsbereich der Schweißstelle aber durchaus sinnvoll sein.
Entscheidende Voraussetzung für wirkungsvolle Schutzmaßnahmen bleibt eine möglichst vollständige Erfassung der Schweißrauche nach dem Stand der Technik. Ergänzt wird das Fließschema zur Auswahl der Schutzmaßnahmen deshalb durch praxisorientierte Angaben zu nachfolgend genannten Kriterien, die die Auswahl der Erfassungsart unterstützen und erleichtern (vgl. Anhang 2 Nr. 2 der TRGS).
- Schweißtechnisches Verfahren
- Art des Prozesses
- Lage der Schweißnähte
- Werkstückanzahl
- Größe der Bauteile
- Länge der Schweißnähte
Aus der Praxis für die Praxis
Insbesondere für Praktiker hilfreich sind die branchenspezifischen Informationen im Anhang 3 der TRGS. Fachexperten aus den jeweiligen Branchen haben Daten und auch Erfahrungen zusammengestellt und aufbereitet, die das Erstellen der Gefährdungsbeurteilung erleichtern. Die Ausführungen konkretisieren bzw. vervollständigen die in Abschnitt 4 aufgeführten allgemeinen Schutzmaßnahmen für bestimmte Branchen und Tätigkeiten.
Betrachtet man die Expositionssituation über viele Branchen hinweg, so zeigt sich, dass Grenzwertüberschreitungen – insbesondere für Metalle und Metalloxide – keine Einzelfälle sind. Diese Einschätzung zeigt sich vor allem in den letzten Jahren, d. h. seit der Absenkung der Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Metalle und ihre Verbindungen, noch deutlicher als vorher. An einer Reihe von Arbeitsplätzen wird es deshalb künftig zwingend notwendig sein, Atemschutz zu nutzen. Im Abschnitt 4.7 finden sich konkrete Angaben zu geeigneten Atemschutzgeräten für schweißtechnische Tätigkeiten. Diese sind so lange erforderlich, bis adäquat wirksame technische Lösungen verfügbar und umgesetzt sind.
Fazit
Die neue TRGS 528 ebnet den Weg für eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung durch zahlreiche Hinweise zur Informationsermittlung und Vorschläge für bewährte Schutzmaßnahmen. Sie verdeutlicht gleichzeitig die Notwendigkeit einer intensiven Zusammenarbeit aller am Arbeitsschutz beteiligten Partner.
Michael Piskorz